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Der eiserne Thron

Der eiserne Thron

Titel: Der eiserne Thron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon R. Green
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weil sie ihrer eigenen Stimme nicht vertraute, und betrat den Aufzug. Finlay folgte ihr,
und die Türen glitten lautlos hinter ihnen zu. Evangeline
hämmerte mit der Faust auf den ›Abwärts‹-Knopf, und der
Lift setzte sich in Bewegung. Zum ersten Mal seit Finlays
Auftauchen entspannte sie sich ein wenig. Jetzt gab es kein
Zurück mehr.
»Unterwegs kommen wir an einem Versteck vorbei, wo wir
uns umziehen und ein wenig frisch machen können«, sagte
sie, ohne den Blick von den geschlossenen Türen abzuwenden. »Wir sehen beide nicht gerade salonfähig aus, oder? Bist
du schwerverletzt? Es gibt eine Erste-Hilfe-Ausrüstung, aber
das ist alles.«
»Mir fehlt nichts«, erwiderte Finlay. »Ich heile ziemlich
schnell.«
Evangeline sah ihn fragend an. »Laß mich raten – ein weiteres Implantat?«
Er zuckte die Schultern. »So etwas Ähnliches. In der Arena
muß man jeden noch so kleinen Vorteil ausnutzen. Die Regenerationsmaschine vollbringt wahre Wunder, aber man muß
lange genug leben, um zu ihr zu kommen.«
»Die Spiegelkommode schiebt sich von alleine wieder an
ihren Platz zurück, und niemand wird sich erklären können,
wohin wir verschwunden sind. Papa wird überrascht sein,
wenn er bemerkt, daß ich nicht auf ihn warte, aber bis dahin
sollte dein Vetter Robert Adrienne schon erreicht haben.«
»Wird dein Vater sehr wütend sein?« fragte Finlay.
»O ja, sehr. Kann dein Vetter mit ein wenig Druck umgehen?«
»Sicher. Robert ist ein ganzes Stück härter geworden als
damals, der arme Kerl. Was wird dein Vater sagen, wenn du
wieder zurück bist?«
»Ich weiß noch nicht, ob ich zurückgehe. Du wirst meine
Hilfe benötigen bei deinem neuen Leben im Untergrund. Und
der liebe Papa kann sich meinetwegen zur Hölle scheren. Ich
hätte mein Bündel schon lange gepackt und mich ganz in den
Untergrund geflüchtet, wenn du nicht gewesen wärst. Und
wenn ich nicht eine so nützliche Kontaktperson für den Untergrund gewesen wäre. Aber ich schätze, dieser Teil meines
Lebens ist vorbei. Was von jetzt an auch geschehen mag, wir
werden Zusammensein, du und ich. Und das ist alles, was
wirklich zählt.«
Evangeline blickte noch immer unverwandt auf die Tür,
aber ihre Hand war an der richtigen Stelle, als er die seine
ausstreckte.
Die beiden Liebenden standen beieinander und fühlten sich
durch die Gegenwart des anderen sicher und geborgen, während der Lift immer weiter in die Tiefe sank. Schließlich glitt
die Tür wieder zur Seite und gab den Blick auf das Tiefgeschoß frei, einen leeren, kahlen Betonraum, der mit Abfällen
und Müll übersät war. Evangeline rührte Finlay zu einer weiteren verborgenen Tür, und sie marschierten durch enge, niedrige Gänge und Tunnel in die Unterstadt, in die miteinander in
Verbindung stehenden unterirdischen Systeme, in denen der
Untergrund zu Hause war. Normalerweise verspürte Evangeline auf dem Weg nach unten ein Gefühl von Freiheit und
Freude, weil sie ihre Rolle als brave Tochter mitsamt all ihren
offiziellen Verpflichtungen hinter sich ließ, doch diesmal war
es anders. Trotz all ihrer mutigen Worte wußte sie, daß sie
mindestens noch ein einziges Mal in den Shreck-Turm würde
zurückkehren müssen, um das Versprechen ihrem Vater gegenüber einzuhalten. Wenn sie das nicht tat, wenn sie sich
statt dessen einfach bis ans Ende aller Tage unter der Stadt
verbarg, wie sie es am liebsten getan hätte, dann würde er sich
schrecklich an Adrienne und dem jungen Robert Feldglöck
rächen und an all den schwächeren Feldglöcks, die er finden
konnte. Sie hatte seine rasende Wut bereits erlebt. Niemand
durchkreuzte je die Pläne des Shreck und kam ungeschoren
davon. Und so schlimm war der Preis auch wieder nicht, den
sie zu zahlen hatte. Schließlich hatte sie ihn schon oft genug
gezahlt. Beim ersten Mal hatte sie noch gedacht, sich umbringen zu müssen, aber sie hatte es dann doch nicht getan. Sie
war nicht stark genug gewesen. Finlay durfte es nie erfahren.
Zu seinem eigenen Besten.
Und wer wußte schon, was die Zukunft bringen würde?
Vielleicht würde sie eines Tages einen neuen Anfang machen
können, zusammen mit Finlay, und sicher vor den kalten,
feuchten Händen ihres Vaters. Evangeline lächelte verträumt.
Sie hatte jetzt soviel, dessentwillen sich das Leben lohnte.
Finlay, die Untergrundbewegung und vielleicht sogar die Gelegenheit zur Rache, irgendwann in ferner Zukunft …
    Finlay betrachtete den Versammlungsort mit wachem Interesse. Eine verlassene Werkstatt, wie es

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