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Der eiserne Wald

Der eiserne Wald

Titel: Der eiserne Wald Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Howard
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zu, wie alles durch das sanfte Morgenlicht taumelte und in dem wütend tosenden Wasser verschwand.
    Mit einer Hand klammerte ich mich an den Wagen, während mein Blick sich an der Brandung festsaugte. Der Wagen beruhigte sich etwas, richtete sich langsam auf. Ich warf meine Werkzeuge nach vorne und schob mich hinterher, bis ich wieder in der Horizontalen war. Flach statt steil.
    Die Erde hielt. Vorerst.
    »Nicht bewegen«, befahl ich Zee, damit sie weiter hinter der Windschutzscheibe verharrte. Ich kletterte auf den Fahrersitz und spuckte Staub aus, während ich den Motor startete und uns langsam vorwärts rollen ließ. Die Räder gruben sich tiefer in den Sand, bis wir wieder komplett standen, inklusive Heck und allem.
    »Komm schon«, flüsterte ich und gab ein wenig mehr Gas. Unter uns gab ein Erdbrocken nach und verlieh uns den letzten nötigen Schwung. Der Wagen lief zwar nicht gerade auf Hochtouren, wir rasten nicht oder so, aber während die rote Sonne hinter uns aus dem Ozean aufstieg, schlichen wir stetig Richtung Westen.
    Zee rutschte vom Armaturenbrett, sie schmiegte sich an mich und drückte das Gesicht an meinen Hals. Halb weinend, halb lachend hockte sie da. Sie klang wie die Irren in den Barackenstädten. Auf die Art hatte mich noch nie jemand berührt. Ich meine, ein Mädchen. So eng an mich gedrückt. Ich hörte die angestrengten Atemgeräusche ihrer kranken Lunge, und für einen kurzen Moment hatte ich das Bedürfnis, sie in den Arm zu nehmen. Ihr zu sagen, dass sie in Sicherheit war.
    Doch dieser Moment ging vorüber.
    Ich schob Zee von mir weg und riss das Lenkrad herum.
    Direkt vor uns stand eine einsame Gestalt auf der ramponierten Straße.

Kapitel 9
    R uckartig kamen wir zum Stehen, und der Staub stieg in schmutzig rosafarbenen Wolken auf. Während ich darauf wartete, dass die Luft wieder einigermaßen klar wurde, blickte ich zurück an die Stelle, wo eigentlich eine Straße hätte sein sollen. Ich wollte gerade die Wagentür öffnen, als sich plötzlich dieser Mann aus dem Staub löste, als wäre er selbst ein Teil davon.
    Er hatte lange Dreadlocks, die grau verklebt waren vom Sand. Und unter dieser Haarmatte befand sich das älteste Gesicht, das ich je gesehen hatte, überwuchert von einem langen, dichten Bart.
    »Heilige Scheiße«, flüsterte ich, als der Rasta durch die Staubwolken auf uns zuglitt. Es war der irre Alte aus der Barackenstadt, er hatte sogar den Hockeyschläger dabei, den er wie einen Wanderstab vor sich hielt.
    »Wer ist das?«, fragte Zee und legte mir eine Hand auf den Arm.
    Wir beobachteten, wie der Mann vor der Motorhaube stehen blieb, zu uns hineinspähte und so breit lächelte, dass wir seine großen, braunen Zähne sehen konnten. Dann begann er etwas zu sagen, und plötzlich war ich es leid, hier drin zu hocken, also öffnete ich die Fahrertür und stieg aus.
    »Was zum Teufel machen Sie hier draußen?«, schrie ich den alten Kauz an.
    »Hab mir mit mir den Sonnenaufgang angesehen.« Seine Stimme klang dünn, irgendwie verbraucht. »Die Sonne kommt heute Morgen den ganzen Weg von Zion, bringt mir Neuigkeiten vom Gelobten Land.«
    »Sind Sie hier raus gelaufen?« Fassungslos starrte ich auf seine nackten Füße, die so alt aussahen, dass sie fast schon selbst als Schuhe durchgingen.
    Der alte Mann nickte lächelnd. »Freut mich wirklich, Sie zu sehen, Sir.«
    »Warum? Brauchen Sie eine Mitfahrgelegenheit?«
    Der Rasta lachte. Es war nur ein kurzes Bellen. »Du kommst aus dem Ozean, Mann. Ich habe dich gesehen. Ausgespuckt wie Jonas vom Wal.«
    Ich warf einen Blick auf die Sonne, die langsam über den Horizont kroch, und auf die Gischt der Brandung, die sich in sanftem Nebel auflöste. »Hör mal, Alter«, setzte ich an, aber er unterbrach mich, indem er seinen Stab in die Luft schleuderte und plötzlich mit dröhnend lauter Stimme losbrüllte, so dass ich erschrocken zurückwich.
    »Jah ist nach Hause zurückgekehrt, meine Lieben. Die Wurzeln, welche diesen gigantischen Baum nähren. Gesandt über die Tiefen des Ozeans. Über Hügel und Täler aus Wasser.« Der Rasta sang fast schon, und er wiederholte die Worte immer wieder, während er auf mich zurannte, sich zu Boden warf und seinen Stab vor meinen Füßen niederlegte. »Wie der König vor dir wirst du mich ins Gelobte Land führen.«
    Zee war ausgestiegen, kniete sich neben den Haufen aus Haar und Lumpen und stützte die Schulter des Alten, während er im Dreck auf und nieder schaukelte.
    »Sie sind dort

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