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Der eiserne Wald

Der eiserne Wald

Titel: Der eiserne Wald Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Howard
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Energiebündel.«
    »Kein guter Plan«, sagte ich nur.
    »Nein, allerdings nicht.«
    »Aber heute ist wohl dein Glückstag.«
    »Warum das denn?«
    Ich öffnete die Tür und stieg aus. »Weil du endlich hinters Steuer darfst.«
    *
    Es heißt, man würde die Heuschrecken hören, kurz bevor man sie sieht. Ein lautes, dröhnendes Summen. Das ist wahrscheinlich das Geräusch ihrer unzähligen, winzigen Flügel. Also brauchten wir uns zumindest darum keine Sorgen machen, denn im Moment war alles still. Nur mein Atem war zu hören, als ich mich an der verdreckten Maschine in die Höhe zog.
    Alpha hatte einen großen Vorsprung, sie hatte das Führerhaus schon fast erreicht und hangelte sich gerade an einigen violetten Röhren entlang, wobei sie darauf achtete, dass man sie von der anderen Seite aus nicht sehen konnte. Ich war inzwischen auf dem obersten Absatz des Triebwerks angekommen und hatte jetzt freien Blick auf die Sortiereinheit – Kolben in eine Box, Hülsen und Stengel in eine andere. Sauber und effizient.
    Jetzt war ich schon ziemlich weit oben, ungefähr zwölf Meter über dem Boden. Ich konnte sogar über die Pflanzen hinwegschauen und sah das Meer von Stauden. Es erstreckte sich so weit in alle Richtungen, dass es mit dem Himmel zu verschmelzen schien.
    »Nimm meine Hand«, flüsterte Alpha. Sie hing direkt über mir an der Rückwand des Führerhauses, packte mein Handgelenk und zog mich zu sich rauf. Unsere Füße ruhten auf einem schmalen Metallgeländer, unsere Hände klammerten sich an alles, was wir finden konnten.
    »Siehst du sie?«, hauchte ich.
    »Ja, da.« Sie schob mich an sich vorbei, damit ich um die Ecke des Führerhauses spähen konnte. Und da waren sie. Die Agenten.
    Es waren drei, zwei Männer und eine Frau. Sogar hier in den Maisfeldern, wo der Staub gar nicht so stark aufgewirbelt wurde, trugen sie Schutzmasken. Sie waren vollkommen identisch gekleidet – dunkelviolette Anzüge, auf denen überall in winzigen Buchstaben das GenTech-Logo aufgedruckt war. Es sah aus, als hätte der Stoff eine schwere Krankheit. Sie passten optisch perfekt zu ihrem Fahrzeug, einem kleinen, runden Gefährt mit dicken, violetten Reifen und schwarz getönten Scheiben, das ungefähr fünfzig Meter weit entfernt stand. Ich beobachtete, wie die Agenten in die Knie gingen und sich über den Weg beugten, als wollten sie die Reifenspuren dort untersuchen. Unsere Spuren.
    »Meinst du, in dem Wagen ist noch jemand?«, flüsterte ich und schwang mich wieder hinter das Führerhaus.
    »Schwer zu sagen. Einer vielleicht.«
    »Tja, du bist hier die Piratin.«
    Alpha grinste mich an. »Das ist das Blöde an der Sache. Selbst wenn keiner mehr in dem Wagen sitzt, müssen wir ihn lahmlegen, für den Fall, dass sie es schaffen, zu ihm zurückzukommen. Sonst hauen sie damit ab.«
    »Alles klar.«
    »Wir warten also ab, bis die Agenten in deine Reichweite kommen. Dann fängst du an zu schießen. Ich kümmere mich inzwischen mit dem Gewehr um ihre Reifen.«
    »Okay.«
    »Alles verstanden?«
    »Habe verstanden.«
    Sie brachte sich in Position und richtete das Gewehr aus, bis sie schließlich schussbereit war. Dann signalisierte sie mir, mich hinter ihr aufzubauen, und ich kletterte geduckt um das Führerhaus herum. Mit einer Hand hielt ich mich fest, mit der anderen zog ich meine Pistole.
    Die Agenten zeigten jetzt abwechselnd auf unsere Spuren und die Maisstauden, während sie miteinander sprachen. Dann gingen die beiden Männer auf den Häcksler zu. Die Frau lief zurück zu ihrem Fahrzeug.
    »Ich nehme die Tussi«, flüsterte Alpha.
    Die Agenten zeigten hoch zum Führerhaus, und eine Sekunde lang glaubte ich, sie hätten uns gesehen. Mein Herz setzte aus und schlug dann umso heftiger – sie starrten auf die Überreste des Erntehelfers. Seine Knochen mussten direkt unter mir hängen, ein Stück weit die Leiter runter, nur auf der anderen Seite.
    »Jetzt müssten sie in Schussweite sein«, meinte Alpha. Und sie hatte recht. Wenn sie noch näher kamen, würden mir die Klingen die Sicht versperren. Doch inzwischen zitterte ich heftig – und das nicht vor Angst. Ich sagte mir, dass es dasselbe war wie bei der Harvest-Kopie, die ich mit dem Nagel erledigt hatte. Aber es fühlte sich anders an. Das war quasi Krieg gewesen, aber hier war alles so still. Diese Agenten ahnten nicht einmal, dass ich auf sie zielte, um ihnen das Licht auszupusten.
    »Banyan«, zischte Alpha. Ich entsicherte die Pistole und richtete sie auf die Brust des

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