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Der eiskalte Himmel - Roman

Der eiskalte Himmel - Roman

Titel: Der eiskalte Himmel - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Main> Schöffling & Co. <Frankfurt
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dagegen ist alles andere als froh, so finster wie er dreinschaut und so fest wie der Griff ist, mit dem er mich beim Oberarm packt.
    Â»Au! Aua!«
    Â»Blackboro!«, sagt Holness nur, bevor er mir unter die Achsel greift und hinaushilft. Meine Knie schlottern, mir ist speiübel, und Stevenson drückt mir den Arm ab.
    Â»Mensch, wie lange warst’n da schon drin? Du bist ja grün wie eine Tanne.«
    Â»Wart’s ab, wie er aussieht, wenn Vincent ihn in der Mangel hatte.«
    Endlich lässt Stevenson los. Er baut sich vor mir auf und sieht zu, wie mich Holness auf die Bank vor der Spindreihe setzt. Er tätschelt mir den Nacken und lächelt, dieser Holness aus Hull, Holie der Kohleschlepp, der jetzt nicht länger der Bordbenjamin ist.
    Â»Wo sind wir?«, frage ich zu Stevenson hinauf, aber der antwortet mir nicht.
    Â»Acht Tage vor Südgeorgien«, sagt Holness schließlich, indem er Stevenson einen Tritt vors Schienbein andeutet. Er schüttelt den Kopf und muss lachen. Dieser Sinn fürs Absurde geht Stevenson völlig ab. Er glotzt bloß.
    Holie sagt: »Du hast nichts verpasst. Außer vielleicht, dass Orde-Lees ein Motorschlitten über Bord gegangen ist und …«
    Stevenson fällt ihm ins Wort: »Hör auf. Das geht ihn gar nichts an. Schleicht sich hier an Bord. Die Fresse gehört ihm poliert.« Indem er sich die kaputte Hose wieder anzieht, beugt er sich zu mir herunter. »Wo hast du das Fresszeug her, hm? Weißt du, dass das alles portioniert ist, Arschloch?«
    Â»Reg dich ab«, sage ich. »War mein Proviant.«
    Â»War mein Proviant, war mein Proviant!«, äfft er mich nach und lässt sein Ziegenlachen hören. »Hockt hier im Spind und frisst wie ein Kleinkind Schokolade, während wir unten Tag und Nacht Kohlen schippen. Zum Kotzen! Ich hole den Bos’n.«
    Â»Komm, Stevenson, sei fair«, sage ich zu ihm. »Ich habe dir nichts getan. Hol Bakewell her.«
    Er denkt gar nicht dran. Doch bevor Stevenson Luft holen kann, um mich zur Schnecke zu machen, sagt Holness: »Das wird nicht gehen, Blackboro. Wir sind fair, aber einen Verweis will ich nicht riskieren. Wenn Stevenson einverstanden ist, kannst du zwischen Bos’n und Skipper wählen. Was meinst du dazu, Stevie?«
    Stevenson grummelt etwas, doch er widerspricht nicht. Also ist es an mir.
    Â»Hol den Käpt’n«, sage ich.
    Als Stevenson draußen ist, versuche ich aufzustehen. Aber meine Beine sind eingeschlafen.
    Während wir auf Worsley warten, erzählt Holness, dass das Schiff vor ein paar Stunden die argentinischen Hoheitsgewässer verlassen hat; wir befinden uns etwa 1200 Seekilometer nordwestlich der Falkland-Inseln. Shackleton sei ziemlich in Sorge, sagt Holness, da das Wetter für diese Breiten ungewöhnlich feucht ist, ein Zeichen dafür, dass der Sommer in der Antarktis noch nicht begonnen hat. Das Weddellmeer dürfte fest zugefroren sein. Keine Chance, da durchzukommen.
    Â»Es wird gemunkelt«, sagt Holness, während er gar nicht mehr aufhört, mir die Beine lang zu ziehen und die Schenkel durchzukneten, »dass wir mindestens vier Wochen in Südgeorgien festhängen werden, bevor überhaupt daran zu denken ist, weiter südlich zu kommen. Und selbst dann dürfte es ziemlich rumpelig werden.«
    Damit meint er das Packeis. Im Laufe des antarktischen Sommers, der im Dezember beginnt, zieht sich die Packeisgrenze bis weit hinter den Polarkreis zurück. Je später der Sommer, desto langsamer das Abschmelzen und Zurückweichen der Eismassen.
    Auch Holness hat das Eisfieber gepackt. Ich habe es erlebt, als mein Bruder Scotts Tagebücher las, und ich habe Bakewell dabei beobachtet, wie er sich von Crean, Cheetham und den Erzählungen der anderen Antarktisveteranen anstecken ließ und bald von nichts anderem als von Gletschern, Depotzelten und Seeleoparden redete. Eines Nachts saß er kerzengerade in seinem Bett und rief laut, so als würde es unter vollen Segeln durch unser Dachzimmer fahren, den Namen von Shackletons früherem Schiff: »Die NIMROD !«
    Â»Wie ist das?«, fragt Holness und meint meine Beine.
    Â»Gut«, sage ich und meine damit: Herrlich. Hör nie mehr auf.
    Ich frage ihn nach Bakewell. Bakewell geht es bestens. Stornoway, Hownow und er hätten in den letzten Tagen oft den Eindruck gemacht, als würden sie zusammen was aushecken.
    Â»Na, jetzt ist mir klar,

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