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Der Eisvogel - Roman

Der Eisvogel - Roman

Titel: Der Eisvogel - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Tellkamp
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Bootsbuge hängten, um Fische anzulocken
    – würdest du töten, Mauritz, höre ich meine Stimme
    – übrigens, was ich Sie schon immer fragen wollte, wandte sich Mauritz mit einem boshaften Lächeln an den Bischof, wie lebt es sich denn mit dem Zölibat? Haben Sie wirklich nie, Sie verstehen schon, diese Bedürfnisse? Eine schöne Frau – wird Ihnen nicht anders, wenn Sie, zum Beispiel, Manuela anschauen? Manuela schwieg, vielleicht war sie solche Eskapaden von Mauritz gewohnt, vielleicht hatte sie Freude an der Schmeichelei ihres Bruders, vielleicht war sie neugierig und wollte abwarten, wie der Bischof reagierte. Die Freifrau, rot geworden, warf einen raschen Blick zu Ehrwürden, der auf Mauritz’ für mein Empfinden nicht nur indiskrete, sondern unverschämte Frage den Kopf gesenkt hatte und seine Fingernägel betrachtete. Sie sind betrunken, Herr Kaltmeister, ich muß Ihnen nicht darauf antworten. Warum wollen Sie mich provozieren? Wollen Sie wissen, was es mit mir auf sich hat? Sie müßten mich doch eigentlich kennen ... Mauritz. Ich habe euch heranwachsen sehen, deine Schwester und dich. Warum bist du so zu denen, die dich gern haben? Warum lästerst duGott? – Weil ich gerade Lust dazu habe! platzte Mauritz wütend und zugleich schadenfroh hervor. Weil es mir eine Art von Vergnügen bereitet, ich gebe es zu! Es ist peinigend, es quält – Sie, gewiß Manuela und unseren Philosophen, selbst mich; es reinigt aber auch, solche Fragen zu stellen, die jeder hier in der Runde sich schon insgeheim gestellt, aber aus Konvention oder Takt oder wasweißich nie gestellt hat! – Höflichkeit, sagte Manuela belustigt.
    – würdest du töten, Mauritz
    – Gottes Offenbarung ... die Macht, die endlich die Wahrheit auf Erden errichten wird ... Heilig werden alle Menschen sein und einander lieben, die Verirrung und Verwirrung wird ein Ende haben ... Arm und Reich, Hoch und Niedrig werden zurückkehren in den Schoß Gottes, und Sein Reich wird anbrechen, wie es verheißen ist, Dein Reich komme, Dein Wille geschehe, – Entschuldigung, aber Sie haben sich Himbeerkompott auf die Soutane, Ehrwürden, verzeihen Sie, hier haben Sie ein feuchtes Tuch, – Ja, danke, Herr Lothmann, also ... nun, das Reich Gottes auf Erden, – Ich bin sehr ungebildet in klerikalen Dingen, weiß nicht einmal, ob das eine Soutane ist, die Sie tragen, erlauben Sie, daß ich das Himbeerkompott, hehe, Verzeihung, ich muß lachen, es ist mir peinlich, aber ich kann mich nicht beherrschen, hehehe, geht mir auf Beerdigungen auch so, ein unwiderstehlicher Lachzwang packt mich, alle sind betroffen und gewissermaßen grabesernst (Edgar, zu Füßen des Bischofs und damit beschäftigt, den Himbeerfleck abzuwischen, krümmte sich und kicherte), aber ich stehe in der Ecke, hehe, mache alles kaputt und heule vor Lachen
    – würdest du töten, Mauritz – und wenn jemand stirbt bei einer deiner Aktionen, der dir nahe ist
    – aber was, sagen Sie mir das doch, Ehrwürden, was geschieht eigentlich, wenn alles, was Ihre Kirche verheißt, einfauler Zauber ist? Wenn er gar nicht kommt, der Erlöser? Was dann? Wie steht es überhaupt mit diesen Wundern und dem Glauben? Manche behaupten ja, Jesus sei irre gewesen und Maria die raffinierteste Fremdgängerin des Morgen- und Abendlands ... Läßt sich von einem Fremden schwängern, und um es vor Joseph zu verbergen, sagt sie, es sei der Heilige Geist gewesen, der über sie gekommen sei ... Kann Joseph da zum Beispiel eifersüchtig sein – wenn Gott selbst es ist, der ihm Hörner aufsetzt? Das ist doch mal eine interessante Betrachtungsweise, finden Sie nicht? Joseph steht ja immer etwas belemmert in der Ecke herum, eine verdrückte Gestalt ist das, man hat manchmal den Eindruck, daß die Theologie mit ihm nichts Rechtes anzufangen weiß, daß er ihr ein wenig peinlich ist ... Oh, ich sehe, daß es Ihnen nicht gefällt, was ich mir hier zusammenreime, aber meinen Sie nicht, daß solche Überlegungen gestattet sein müssen? Es gibt doch da, fällt mir ein, diesen blödsinnigen Test, ich meine dieses Gedankenspiel, ob Gott einen Stein machen kann, der so schwer ist, daß er ihn nicht aufzuheben vermag? Wenn die Allmacht bei ihm ist, müßte er da nicht einen solchen Stein ...? Nicht? Ja, das ist natürlich Blödsinn, und ich könnte jetzt Wiggo zu Wort kommen lassen, der das sogleich als einen uralten scholastischen Schmarren abtun wird, den die Philosophen bereits im ersten Semester abzustauben lernen
    – und wenn

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