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Der Elbenschlaechter

Der Elbenschlaechter

Titel: Der Elbenschlaechter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jens Lossau , Jens Schumacher
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Serexes, alter Freund!«
    Seit dem Abbruch der diplomatischen Beziehungen zwischen Sdoom und Gangga im Jahre 3160 des Dritten Zyklus – die Folge eines regen Austauschs geharnischter Beleidigungen zwischen dem ganggalesischen Kaiser Nöbcalnuzzar und Lislott IL, die in den Aufzeichnungen der Geschichtsschreiber unter dem Titel »die Elendes-Stück-Dreck-Krise« Erwähnung fand – sah man in Sdoom nur noch vereinzelt Menschen von dunkler Hautfarbe. Meister Serexes jedoch hatte sich von den politischen Querelen nie aus Nophelet vertreiben lassen, mit dem Resultat, dass er in thaumaturgischen Kreisen mittlerweile gewissermaßen zum Inventar zählte.
    Hippolit erinnerte sich noch gut, wie Serexes vor vielen Jahrzehnten seine Ausbildung an der technisch-thaumaturgischen Akademie von Nophelet begonnen hatte: ein sechs Fuß großer, ebenholzfarbener Hüne mit dem strahlendsten Grinsen, das in den staubigen Gängen und Hallen der ehrwürdigen Bildungsstätte je gegrinst worden war. Trotz – oder gerade wegen – der auffälligen Andersartigkeit des Novizen hatte sich Hippolit, der seinerseits kurz vor dem Abschluss seines Studiums stand, mit Serexes angefreundet. Dessen phänomenales Gedächtnis war ihm wenig später, bei den Vorbereitungen auf die Diplomprüfungen, höchst behilflich gewesen: Serexes brauchte die meilenlangen Bibliotheksregale in den Kellergeschossen der Akademie nur abzuschreiten, um noch Wochen später aus dem Stegreif sagen zu können, wo welches Werk zu welchem Thema zu finden war – eine maßlose Erleichterung, wenn man etliche Hundert Wälzer möglichst schnell finden musste, um ihre Inhalte fristgerecht zu verinnerlichen.
    Als Hippolit seinem alten Studienfreund die Hand schüttelte, stellte er betroffen fest, dass die Zeit nicht spurlos an Serexes vorübergegangen war. Kein einziges Haar zierte mehr seine tiefschwarze Kopfhaut, dafür hing ihm ein schlohweißer Bart bis auf die Brust herab – ein Kontrast, beinahe so krass wie jener von Hippolits madenbleichen Fingern zwischen denen des Archivars.
    Im Gegensatz zu Hippolit, der nach seiner mit Auszeichnung bestandenen Abschlussprüfung zum Zwecke weiterführender Studien ins Ausland gegangen war, hatte sich Serexes Jahre später mit der fünften Stufe der thaumaturgischen Ausbildung zufriedengegeben, der höchsten, die man an der Akademie erringen konnte. Er hatte daraufhin eine Weile als thaumaturgischer Heiler gearbeitet, bis er feststellte, dass ihm administrative Tätigkeiten mehr lagen als der Umgang mit Kranken und Todgeweihten. So war er schließlich bei der Heilerinnung gelandet, wo er nun schon seit über vierzig Jahren als Archivar arbeitete, eine Tätigkeit, bei der er die Vorzüge seiner schier unglaublichen Memorierfähigkeiten voll ausspielen konnte.
    »Wie lange ist es her, dass wir uns zuletzt gesehen haben?«, erkundigte sich Hippolit und ließ Serexes’ Hand los. »Fünf Jahre? Zehn? Du hast dich gut gehalten.«
    »Es wäre eine Lüge, kaum weniger dreist als die deine, würde ich Ähnliches von dir behaupten«, gab der Ganggalese zurück, wobei sich seine Lippen zu einem zerknitterten Grinsen teilten. Trotz seines hohen Alters besaß Serexes noch sämtliche seiner großen, ebenmäßigen Zähne. »Natürlich hatte ich vernommen, was dir widerfahren ist. Doch erst jetzt, da ich sehe, was die Korporale Subtraktion aus dir gemacht hat, kann ich es recht glauben.«
    Hippolit winkte ab und ging an Aktenschränken und Registerkommoden vorbei, um sich aus einer Ecke einen Stuhl zu holen. »Man gewöhnt sich an alles«, log er ungerührt zum zweiten Mal binnen weniger Sekunden.
    »Eine Aussage, die ich meinerseits nur eingeschränkt unterschreiben kann«, erwiderte Serexes und schüttelte langsam den Kopf. »Die Gewöhnung an den schrittweisen Verfall meines Körpers fällt mir trotz all meiner Bemühungen noch immer schwer.« Er deutete auf mehrere Schläuche, die unter seiner braunen Kutte heraus- und in einen auf Rollen gelagerten, zylindrischen Behälter aus Glas und Stahl führten. Ein grünliches, pulsierendes Leuchten verriet, dass es sich um eine medizinisch-thaumaturgische Apparatur handelte, der die Funktion eines oder mehrerer von Serexes’ inneren Organen übertragen worden war. »Doch lass uns über andere Dingen reden«, lenkte er Hippolits Blick von dem Gerät zurück auf sich. »Zum Beispiel über den Grund deines Hierseins. Ich nehme kaum an, du bist um der alten Zeiten willen gekommen?«
    »Nicht wirklich«, gab

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