Der Elbenschlaechter

bemerkbar. Sie wurden lauter, beinahe hysterisch. Frauen lachten kreischend, Männer blökten und entblödeten sich nicht, lächerliche Tänze aufzuführen.
    »Was, bei Batardos …?«
    Jorge vernahm das Reißen von Stoff. Stöhnen. Die Anwesenden umarmten sich, berührten sich auf eine Art und Weise, wie man es gemeinhin unter Ausschluss der Öffentlichkeit tat. Niemand nahm Anstoß daran, im Gegenteil. Männer küssten Frauen, Männer küssten Männer. Frauen griffen sich zwischen die Beine und seufzten. Jorge sah glitzernde Zungen und epilierte Männerbrüste und schwere Titten.
    Das Treiben wurde wilder.
    Der dicke Baron Nitz mit der in sich verschmolzenen Gesichtermaske eilte durch die Menschenmenge und verschwand durch eine Seitentür.
    Hippolit hielt Jorge sein Sektglas unter die Nase. »Hier, halt das für mich. Ich will doch mal sehen …«

Ohne den Satz zu beenden, sprang er von dem schwebenden Sessel und eilte quer durch den Saal davon, hinter dem Baron her.
    Jorge trank den Sekt aus. Er war abgestanden und schmeckte schal.
    Vor ihm tanzte ein Mann mit grüner Froschmaske mit einer Frau, deren Antlitz an einen Wolf erinnerte. Sie griff ihm selbstbewusst in den Schritt und riss ihre schwarze Tunika auseinander, entblößte volle, wippende Brüste und rosige, ebenmäßig geformte Schenkel.
    »Bei Batardos«, murmelte Jorge erneut.
    Er konnte nicht anders, er musste lächeln.

17
     
     
     
    Eilig bahnte sich Hippolit einen Weg durch die Menge. Überall waren Arme, die sich an Armen festhielten, nicht selten auch an anderen Körperteilen. Menschen pressten sich an Menschen, die Menge wogte und schwankte, schien sich trunken zum schwerfälligen Takt der Orchestermusik zu wiegen. Anders als bei einem normalen Mob fiel es Hippolit relativ leicht vorwärtszukommen. Niemand verstellte ihm den Weg, weil er dem Anschein nach nur ein unreifer Knabe war, im Gegenteil: Menschen drehten sich nach ihm um, Köpfe nickten wohlwollend, und wo er sich unter sanftem Druck seiner Schultern vorbeischob, setzte man dem nicht mehr als einen ebenfalls sanften, fast zärtlichen Druck entgegen.
    Zunächst schrieb Hippolit diese ungewöhnliche Aufmerksamkeit der durch die Droge verursachten Sensibilisierung der Gesellschaft zu. Fraglos sahen, hörten und fühlten die Drogenkonsumenten momentan erheblich mehr als gewöhnlich, nahmen seine Präsenz mit übertriebener Klarheit wahr und rannten ihn deshalb nicht ständig über den Haufen, wie es etwa der Fall war, wenn Hippolit sich am Markttag ohne die Begleitung seines Assistenten ins Stadtzentrum wagte.
    Als plötzlich die Hand eines keuchenden Mannes mit Affenmaske auf seinen Hinterbacken landete und sie gierig zu kneten begann, begriff er jedoch, dass er sich getäuscht hatte.
    Angewidert riss er sich los, ließ den Mann und sein heiser gehauchtes Angebot hinter sich zurück. Er reckte den Hals, um zu ergründen, welchen Weg der Baron durch den pulsierenden Pulk eingeschlagen hatte. Da ertastete sich eine weitere Hand einen Weg zu seiner Brust.
    Die dazugehörige Dame war breitschultrig, nackt bis auf eine lederne, unvorstellbar eng geschnürte Korsage. Ihr Gesicht lag verborgen hinter einer grünen Fratze, die möglicherweise eine Ork-Schamanin darstellen sollte. Prüfend kniff sie in Hippolits rechte Brustwarze, offenbar um zu klären, ob sich hinter seinem pfauengefiederten Gesichtsschutz vielleicht ein Mädchen versteckte, und wenn ja, in welchem Entwicklungsstadium ihr knospendes Fleisch begriffen war.
    Als ein brennender Schmerz in seiner malträtierten Brustwarze explodierte, packte Hippolit reflexartig die Hand und revanchierte sich mit einem Kniff, wobei er vier kurze, gutturale Silben ausstieß. Die Frau keuchte erstickt auf und taumelte zurück.
    Hippolit hatte die Intensität des thaumaturgischen Schmerzverstärkers nicht niedrig gewählt, dennoch erkannte er in den trüben Augen der Halbnackten lediglich Überraschung; vermutlich war ihr Geist zu benebelt, um den Schmerz in seiner vollen Stärke zu registrieren.
    Ohne die Frau weiter zu beachten, huschte Hippolit weiter und versuchte erneut, einen Blick über die Köpfe der küssenden, keuchenden, lachenden, leckenden Masse zu erhaschen.
    Diesmal hatte er Erfolg! Am entgegengesetzten Ende des Saales erspähte er die stämmige Gestalt des Barons. Dicht gefolgt von einem größeren, hageren Menschen in einem knallbunten, über und über mit Federn bedeckten Kostüm umrundete er soeben die Tische, hinter denen weiß