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Der Elbenschlaechter

Der Elbenschlaechter

Titel: Der Elbenschlaechter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jens Lossau , Jens Schumacher
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letzten!«
    Jorge stieß ein skeptisches Grunzen aus. Er hielt nicht viel von modernen Entspannungsstätten, obwohl er zugeben musste, dass er noch nie eine von innen gesehen hatte. In letzter Zeit waren Einrichtungen wie diese stark in Mode gekommen, und wie er wusste, schwor Hippolit darauf – zumindest, seit die Bediensteten der Güldenen Sphäre seine tatsächliche Identität kannten und den »kleinen Bengel«, wie man ihn offenbar zu Beginn genannt hatte, nicht mehr ständig nach Hause zu seiner Mutter schicken wollten.
    Der Tempel hatte eindeutig schon bessere Tage gesehen. Die Außenfassade war verwittert, verfaulter schwarzer Efeu floss über brüchiges Gestein und bedeckte die Fenster. Das grün oxidierte Kuppeldach, das Jorge spontan an ein Krematorium erinnerte, sah aus, als hätte jemand einen gewaltigen Eimer voll schimmliger Bratensoße darübergegossen. Die Säulen, die den Vorbau stützten, wirkten, als könnten sie jederzeit in sich zusammenklappen. Schutt und welkes Laub bedeckten die breite, ehemals prächtige Treppe, die zum Haupteingang hinaufführte und allem Anschein nach seit vielen Zeniten nicht mehr gefegt worden war.
    Hippolit, dem die Skepsis seines Begleiters nicht entgangen war, lächelte auf eine Art, die sein jugendliches Gesicht erheblich reifer wirken ließ, und hielt Jorge die Tür auf. »Keine Sorge. Drinnen ist es gemütlich.«
    Aber drinnen war es nicht gemütlich. Die Vegetation hatte sich auch hier große Teile ihres ehemaligen Wirkungsbereiches zurückerobert. Sämtliche Fenster waren zerbrochen. Es gab schäbige, nach Schweiß und alten Zwergen riechende Kabinen, in denen man sich seiner Kleidung entledigen konnte.
    Zweifelnd verfolgte Jorge, wie sein Vorgesetzter in einer davon verschwand. Er ahnte, dass Hippolit seit ihrer gemeinsamen Heimfahrt im Vulwoog noch weniger geschlafen hatte als er. Unmittelbar nach dem Erscheinen der Frühpost waren die Wogen der Entrüstung über Nophelet und den königlichen Palast hinweggebrandet wie eine Flut sauren, in den Rinnstein gegossenen Bieres. Es hatte eine Demonstration gegeben, hauptsächlich Elben aus Vierteln in unmittelbarer Nachbarschaft des Pfuhls, dazu die ewigen Nörgler, die stets zur Stelle waren, wenn es galt, gegen die Obrigkeit zu wettern. Wieso die Stadtwache nichts gegen den Mörder unternähme, verlangten aufgebrachte Sprechchöre zu erfahren. Oder das IAIT. Einige Stimmen forderten gar die Abschaffung des »nutzlosen« Instituts, das doch bloß Steuergelder verschlinge und dabei so nutzlos sei wie ein Kropf.
    Zwar gelang es General Glaxikos Männern bald, die kleine, im Grunde recht gesittete Versammlung unter Einsatz von Schlagstöcken und einigen Explosivglobuli von ihrem Treffpunkt vor den Toren des königlichen Schlossparks zu vertreiben, aber jedem noch so tumben Narren war klar, dass besser bald etwas geschah. Jorge wiederum war klar, dass seither im Minutentakt Wortwürfe bei Hippolit eingegangen sein mussten, die darauf drängten, dass sie den Elbenschlächter endlich dingfest machten.
    Gedankenverloren entkleidete er sich und schlang ein weiches Tuch um seine Hüften, das er in seiner Kabine vorfand. In einer an der Tür klebenden, milchigen Spiegelscherbe betrachtete er seinen Leib. Er hatte dringend wieder eine Rasur nötig, der Pelz wucherte schon wieder an allen möglichen und unmöglichen Stellen. Noch immer fragte er sich, was Hippolit geritten haben mochte, ihn hierher zu führen. Sie hatten momentan wirklich Besseres zu tun! Blaak, mit der Zeit wurde der Kerl immer wunderlicher.
    Jorge traf seinen Vorgesetzten auf dem grün gekachelten Gang vor den Umkleidekabinen wieder. Auch Hippolit hatte sich seiner Kleidung entledigt, lediglich ein blaues Tuch verdeckte seinen Schambereich. Er war entsetzlich dünn, sein Körper wirkte kränklich und so weiß, dass er bestimmt im Dunkeln leuchtete, wie Jorge argwöhnte.
    »Wir Trolle haben da ein Sprichwort, und es geht so: Ich glaube, du willst mich auf den Arm nehmen.«
    Wortlos bedeutete ihm Hippolit mitzukommen.
    Während sie barfuß den kargen Gang entlangschlurften, wunderte sich Jorge ein wenig darüber, dass ihnen im gesamten Tempelbereich bisher kein einziger Angestellter begegnet war. Seine nackten Füße klebten am unebenen, kalten Boden.
    Schließlich gelangten sie an eine mit Stoff gepolsterte Tür.
    »Ich muss verrückt sein, dass ich diesen Quatsch mitmache!« Sehnsuchtsvoll dachte Jorge an sein Zimmer in der Zubergasse, wo er jetzt liegen und

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