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Der Elbenschlaechter

Der Elbenschlaechter

Titel: Der Elbenschlaechter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jens Lossau , Jens Schumacher
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verteilen und abtransportieren.
    Die Gründe für die ungewöhnliche Kooperationsbereitschaft der Reichen und Mächtigen Nophelets lagen auf der Hand: Wer nach dem nur wenige Stunden zurückliegenden Konsum von Sternhöh überhaupt schon wieder klar denken konnte, war bestrebt, den Ort dieses hochnotpeinlichen Zwischenfalls mit einem Minimum an Aufsehen zu verlassen. Von einem Großaufgebot der Stadtwache bei kollektiven Exzessen überrascht und wegen unerlaubten Rauschmittelkonsums arretiert zu werden, gehörte nicht einmal in Adelskreisen zum guten Ton.
    Erschwerend kam hinzu, dass es sich in spärlich bis überhaupt nicht bekleidetem Zustand einfach nicht würdevoll protestieren ließ.
    »Wir Trolle haben da ein Sprichwort«, behauptete Jorge und blickte grinsend einem stadtbekannten Ehepaar hinterher, das soeben zu einem Vulwoog eskortiert wurde. Der Mann, stinkreicher Händler von Profession, pickliger Riese mit ausgeprägter Trichterbrust von Gestalt, trug nichts als ein fleckiges Badetuch um die Hüften. Seine Frau hatte sich in einen weiten Mantel gehüllt, hinter dessen hochgestelltem Kragen sie verzweifelt ihr von zerlaufener Schminke und verschiedenen Körperflüssigkeiten verklebtes Gesicht zu verbergen suchte. Sie war barfuß, die unter dem Mantelsaum hervorblitzenden blanken Waden ließen erahnen, dass sie unter dem Stoff nackt war.
    »Das Sprichwort lautet: Jedes Tier ist traurig, wenn es beim Verkehr gestört wird.« Jorge griff sich in den Schritt und nickte weise.
    Hippolit verzichtete auf eine Antwort, beobachtete weiter das Geschehen.
    General Glaxiko hatte sich wieder einmal selbst übertroffen, so viel stand fest. Kaum eine Viertelstunde, nachdem Hippolit den Wortwurf an die zentrale Leitstelle der Stadtwache abgesetzt hatte, war der General an der Spitze einer vollen Hundertschaft Uniformierter vor dem Landhaus des Barons aufgekreuzt. Hippolits gut gemeinter Hinweis, dass man die Aktion im Hinblick auf die zahlreichen hochrangigen Beteiligten besser dezent und unauffällig abwickeln möge, war, wie kaum anders zu erwarten, ungehört verhallt; Glaxiko platzte in die Feierlichkeit wie ein Explosivglobulus in eine gut gefüllte Jauchegrube. Es war ein Wunder, dass in dem folgenden Chaos nur so wenige Gäste verletzt wurden, und noch verwunderlicher, dass deren Abtransport nun ansatzweise geordnet vonstattenging.
    Natürlich hatte Hippolit den General im Vorhinein instruiert, dass mit organisierter Gegenwehr nicht zu rechnen sei. Dennoch hatte dieser nicht darauf verzichtet, das Anwesen im Rahmen seines militärischen Großeinsatzes weitläufig zu umstellen. Nachdem der bewusstlose Vampyr in einer schwer bewachten Droschke davongekarrt worden war, begann Glaxiko, wahllos Mitglieder der Gesellschaft sowie Bedienstete des Barons zu verhören, ein Vorgehen, das nicht zuletzt wegen des beeinträchtigten Geisteszustands der meisten Gäste wenig Erfolg zeitigte. So wurde anberaumt, sämtliche Anwesende auf die Wache zu schaffen und dort in den nächsten Tagen in Ruhe zu vernehmen.
    Hippolit schmunzelte beim Gedanken daran, wie einige der einflussreichen Persönlichkeiten dem General die Hölle heißmachen würden, sobald sie wieder bei klarem Verstand waren und merkten, dass sie halb nackt in einer schmuddeligen Arrestzelle saßen. Doch er sagte nichts.
    Jorge räusperte sich plötzlich, scharrte mit der Fußspitze auf dem Boden. »Ich glaube, ich war vielleicht ein bisschen voreilig, M.H., als ich diesem Vampyr so mir nichts, dir nichts die Fressleiste zerbeult habe«, hob er vorsichtig an. »Ich meine … dass er nicht der Elbenschlächter sein konnte, das hätte ich doch allein daran sehen können, dass sein Opfer gar kein Elb war, bei Batardos! Oder?«
    Hippolit blickte ihn milde an. »Mach dir keine Vorwürfe. Du warst angespannt und alkoholisiert, dazu die sinnesverwirrende Atmosphäre in diesem seltsamen Kasten.« Er deutete zum Landhaus hinüber. »Sieh es positiv: Durch dein Eingreifen konnte ein gesetzesbrüchiger Blutsauger verhaftet werden. Abgesehen davon …«, er grinste, »… hätte dir diese Unmöglichkeit selbstverständlich sofort klar sein müssen!«
    Bevor Jorge etwas erwidern konnte, entstand auf der gegenüberliegenden Straßenseite unvermittelt Tumult.
    Hippolit verengte die Augen und erkannte im diffusen Licht der Morgenröte vier Männer der Stadtwache, die mit vereinten Kräften einen stiernackigen Glatzkopf aus dem großen Tor auf die Straße hinauszerrten. Der Gefangene

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