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Der elektrische Mönch

Der elektrische Mönch

Titel: Der elektrische Mönch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Adams
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Grunde tat er nichts anderes, als daß er die glühende Leichtgläubigkeit der Leute für sich arbeiten ließ. Seine Faulheit war funda­mental - wenn seine angeblich übersinnlichen Fähigkeiten im einzelnen beschrieben oder exakt gewesen wären, dann hätten die Leute vielleicht gezweifelt und nach anderen Er­klärungen Ausschau gehalten. Je verschwommender und doppeldeutiger andererseits seine »Voraussagen« waren, desto mehr konnte das Wunschdenken der Leute den Man­gel an Glaubwürdigkeit ausgleichen.
    Dirk machte nie viel Wesens davon - zumindest erweckte er den Anschein. Der Nutzen für ihn als Student, fortwäh­rend auf Kosten anderer fürstlich bewirtet zu werden, war in Wirklichkeit beträchtlicher, als irgend jemand erwartet hätte, es sei denn, sie hätten sich hingesetzt und mal die Summen zusammengerechnet. Und natürlich behauptete er nie - vielmehr bestritt er es entschieden -, daß irgend etwas davon auch nur im entferntesten wahr sei.
    Er war deshalb hervorragend in der Lage, eine sehr hüb­sche und pikante kleine Gaunerei zu begehen, als die Zeit der Abschlußprüfungen gekommen war.
     
    »Der Strahlenbau warf seinen Schatten
    Schwankend auf die Wasser hell;
    Hallend Über Berg und Matten
    Scholl Getön aus Höhl und Quell.
    Ein Wunder wars, gewirkt aus Kunst und Fleiß,
    Ein schimmernd Bauwerk-mit Gewölb aus Eis!«
     
    »Du meine Güte ...!« Reg schien plötzlich erschrocken aus dem kleinen Nickerchen hochzufahren, in das er durch den Wein und das Vorlesen sanft geglitten war, und blickte mit sprachlosem Erstaunen in die Runde, aber nichts hatte sich verändert. Coleridges Worte tönten durch die warme, zu­friedene Stille, die sich über die große Halle gesenkt hatte. Nach einem weiteren raschen Stirnrunzeln ließ Reg sich von neuem in ein Schlümmerchen sinken, diesmal jedoch in ein etwas wachsameres.
     
    »Ein Mädchen mit der Harfe. Bild,
    Das ich dreist im Traume sah:
    Es war ein abessinisch Kind,
    Die Saiten rührte sie geschwind
    Und sang vom Berge Abora.«
     
    Dirk ließ sich dazu überreden, unter Hypnose eine feste Vor­aussage zu machen, welche Fragen bei der Prüfung in die­sem Sommer gestellt werden würden.
    Er selber brachte die Idee zuerst auf, indem er genau er­klärte, was er nie und unter keinen Umständen zu tun bereit sei, obwohl er das in vieler Hinsicht gerne täte, nur um die Möglichkeit zu haben, seine angeblichen und heftig demen­tierten Fähigkeiten zu widerlegen.
    Und aufgrund dieser sorgfältig vorbereiteten Argumente stimmte er endlich der Sache zu - nur weil sie ein für allemal die ganze dumme - furchtbar, ermüdend dumme - Angele­genheit aus der Welt schaffen würde. Er würde seine Vor­aussagen unter geeigneter Aufsicht mittels automatischer Schreibweise machen, und sie würden dann in einen Um­schlag eingesiegelt und bis nach den Examen auf der Bank hinterlegt werden. Dann würde man sie öffnen und nachse­hen, wie exakt sie gewesen seien - nach den Prüfungen.
    Ihm wurden, keineswegs überraschend, ziemlich statt­liche Bestechungssummen von einer ziemlich stattlichen Anzahl Leuten geboten, damit er sie die Voraussagen, die er aufgeschrieben hatte, sehen ließe, aber er war absolut schockiert von dieser Vorstellung. Das, sagte er, wäre unredlich ...
     
    »Könnt ich in mir erneuern
    Das Harfenspiel, den Sang,
    Solch tiefes Glück würd mich befeuern,
    Daß ich singend laut und lang
    Ist Lüften schüfe den Palast,
    Den Prachtbau! Das Gewölb aus Eis!«
     
    Kurze Zeit später dann konnte man Dirk überall in der Stadt sowas wie eine beunruhigte und ernste Miene zur Schau tragen sehen. Zuerst tat er Fragen darüber, was ihn denn quäle, mit einer Handbewegung ab, schließlich aber deutete er an, daß sich seine Mutter irgendeiner entsetzlich teuren Zahnbehandlung unterziehen müsse, die aus Gründen, die zu erörtern er sich weigerte, heimlich durchgeführt werden müsse, nur sei das Geld nicht da.
    Von diesem Punkt aus erwies sich der Weg abwärts bis zur Annahme von Spenden für die angeblichen Arztkosten seiner Mutter als Gegenleistung für ein paar rasche Blicke auf seine Prüfungsvoraussagen als genügend steil und glatt, so daß er ihn ohne viel Getue hinunterrutschen konnte.
    Dann sickerte des weiteren durch, daß der einzige Zahn­arzt, der diese mysteriöse Operation durchführen konnte, ein mittlerweile in Malibu wohnender osteuropäischer Chirurg sei, was das Niveau der notwendigen Spenden ziemlich abrupt in die Höhe klettern

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