Der Elfenhuegel
pelzbedeckte Geschöpfe mit deformiertem Aussehen. Sean wendete seine Augen von ihnen ab, als ob sein Starren sie aus ihrem tiefen Schlummer wecken könnte.
Außerhalb des Zeltes summten Nachtinsekten, sanft glimmernde Glühwürmchen, die den schwarzen Baldachin mit winzigen Pünktchen aus warmem blauen Licht schmückten. Jagdlieder kamen durch die ewige Nacht, von fremdartigen Vögeln, die ihre Mysterien sangen. Der Nachtwind war sanft, fast sinnlich in seiner Liebkosung, und Sean hätte über die Schönheit dieses Ortes weinen können. Dann roch er in der Brise den sanften Duft von wilden Blumen und Gewürzen, der zu Blüten und Gewürzen gehörte, die es auf der Erde nicht gab. Ihr moschusartiges Aroma ließ Seans Herz pochen, und er wußte, was immer in diesem Bett, unter dieser Laube passierte, würde bei einer Fortsetzung Patrick verdrehen und verändern. Er mußte seinen Bruder sofort wegschaffen.
Er ging auf Zehenspitzen in das Zelt und streckte seine Hand aus, um Patrick zu wecken. Patrick bewegte sich schwerfällig, wie narkotisiert, so daß Sean ihn mehrere Male schütteln mußte. Endlich öffneten sich seine Augen, dann weiteten sie sich, als er seinen Zwilling wahrnahm.
Sean bedeutete ihm, still zu sein, und Patrick nickte, obwohl seine Bewegung träge war. Um aufstehen zu können, mußte er behutsam eine winzige weibliche Kreatur bewegen, die sich an seine Brust geschmiegt hatte. Die Jungen warteten eine Weile, aber die kleinen, elfenähnlichen Kreaturen lagen in tiefem Schlummer und bemerkten Seans und Patricks Regungen nicht. Sean nahm Patricks Hand und drängte ihn aus dem Zelt. Patrick bewegte sich schleppend, aber schaffte es dennoch, auf keine der schlafenden Kreaturen zu treten.
Draußen angekommen, atmete Sean tief durch und schaute seinen Bruder an. Patrick blinzelte noch immer, als versuche er ein klares Bild zu erlangen, und er schüttelte seinen Kopf. Seine Augenlider schienen schwer zu sein, und sein Kiefer war ein wenig schlaff, als würde er sich anstrengen, um wach zu bleiben.
Halb zerrte und halb führte Sean Patrick hinunter zum Fuß des Hügels. »Komm«, flüsterte er unten, »wir müssen weg von hier.«
Patrick nickte, immer noch orientierungslos, und Sean fiel ein, was Barney darüber gesagt hatte, an diesem Ort zu schlafen. Patrick hatte wohl die ganze Zeit, seit der Leuchtende Mann ihn mitgenommen hatte, geschlafen! Selbst jetzt schlief er noch halb; vielleicht dachte er, das sei ein Traum. Es könnte sein, daß er keine Ahnung hatte, wo sie waren oder was ihre Bestimmung war. Sean mußte wohl oder übel die Verantwortung übernehmen und seinem Bruder einfach vertrauen, daß er ihm ohne zu fragen folgte, bis sie in Sicherheit wären.
Der Jagdführer folgte den Zwillingen den Hügel hinunter. Irgendwie hatte Sean erwartet, daß er verschwinden oder fortgehen würde, sobald er Patrick gefunden hatte, aber jetzt sagte er: »Zeigst du uns den Weg zurück?«
Der Jagdführer sprang hoch und runter und führte sie auf dem Weg zurück, den Sean gekommen war. Die Anwesenheit der glühenden Kugel hob Seans Stimmung, und zum ersten Mal hatte er tatsächlich die Hoffnung, seinen Bruder von diesem Ort fortzubringen, ohne mit dem Leuchtenden Mann zusammenzuprallen. Er wußte, könnte er bis Mitternacht den Hügel verlassen und von dem Leuchtenden Mann verschont bleiben, würden die Guten Menschen fortgehen, und sie wären alle gerettet. Sean sagte sanft: »Bitte, Gott, laß uns gesund nach Hause kommen.«
Patrick stolperte hinter seinem Bruder her, ließ sich an der Hand fuhren, wobei seine Augen sich immer noch unstet bewegten und ein verträumter, entzückter Ausdruck auf seinem Gesicht lag. Er blieb stumm, während Sean ihn über den Pfad zurück nach Hause führte.
26
Sean und Patrick warteten. Etwas hatte den Jagdführer veranlaßt, seine sorglose Vor- und Rückwärtsbewegung über die Straße einzustellen.
Unentschlossen schwebte er in der Luft, rotierte um die eigene Achse und überlegte wohl, welchen Weg er nehmen solle. Sie befanden sich seit einiger Zeit wieder im Land der Schatten – Sean kam es wie Stunden vor, obwohl es nur Minuten gewesen sein konnten. Die Wälder waren dunkel und verlassen, ein Ort der Verzweiflung, die perfekte Umgebung für böse Träume und dunkle Absichten. Bäume mit grauen Blättern und verdrehten schwarzen Ästen, die niemals Früchte oder Blüten trugen, tiefschwarze Holzstämme, die ewiglich in dem grauesten Herbst lebten, schienen am
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