Der Elfenhuegel
aufzuhalten, bevor er das Land der Schatten verließ. Das Böse Ding schrie vor Schmerzen auf, als es darum kämpfte, Sean zurückzuhalten, es wurde offensichtlich durch den Kontakt mit jemandem, der den Schutz trug, gefoltert. Krallige schwarze Hände zogen an Seans Hemd, während die Kreatur versuchte, Sean den Märchenstein vom Hals zu reißen.
Sean stach mit seinem Dolch nach hinten, drückte die Spitze aber nur in den feuchten Boden. Er schrie, teils aus Wut, teils aus Furcht, und rollte sich wieder herum, aber das Böse Ding hielt seinen Rücken fest umklammert.
Sean spürte, wie die kraftvollen Klauen seine Kehle packten, und in einem Anfall von Panik schaffte er es, sich auf die Brust zu rollen. Er machte eine kriechende Bewegung, während das Böse Ding schrie, ein beinah menschliches Geräusch. Es wurde von dem Märchenstein gequält, aber es führte den Befehl seines Meisters weiter aus: Befreie den Jungen von dem Stein und bringe sie beide zurück.
Dann bäumte sich das Böse Ding auf, und Sean spürte, wie das Gewicht von ihm glitt. Er drehte sich um und sah, daß Patrick die Kreatur getroffen hatte und sie fortstieß. Patrick drosch mit einem Stein, den er als Waffe benutzte, auf das Böse Ding ein, aber Sean wußte, ohne den Schutz und den Silberdolch war Patrick für das Böse Ding kein Gegner.
Ohne zu zögern, sprang Sean auf das kämpfende Paar und fügte sein Gewicht dem von Patrick hinzu, um die Kreatur an den Boden zu pressen. Er stieß sein Messer nach unten und spürte, wie die Spitze eindrang. Die Kreatur schrie auf, ein Geräusch, das sich für immer in die Alpträume der Jungen schleichen würde.
Sean schrie vor Angst, und sein Blick war von Tränen getrübt, aber er hielt seine Stellung und preßte sein Gewicht auf den Griff des Dolches, benutzte reine Masse, wo ihm die Kraft des Armes fehlte. Der Griff grub sich in Seans Magen, als die Klinge tief in den Magen des Bösen Dinges glitt, und Sean kam es so vor, als ob sie den Schmerz teilten.
Das Böse Ding schrie. Und die Angstschreie der Jungen bildeten einen Gegenpol zu dem Schmerzensschrei des Dinges. Erst war es ein gurgelnder, erstickender Laut, dann ein zischender und kratzender Laut.
Patrick warf sich über Seans Rücken, und der Dolch wurde noch tiefer in das Böse Ding getrieben. Der herzzerreißende Schmerzensschrei veränderte sich, wurde immer schwächer bis hin zu einem Murmeln, wie ein Dampfzischen aus einem Boiler, ein schrilles, endgültiges Geräusch. Es war das Geräusch des Todes.
Patrick rollte von seinem Bruder, Sean krabbelte zurück, abgestoßen von dem verderblichsten Ding, das er jemals gesehen hatte. Keiner der Jungen sagte ein Wort, während sie die schwarze Kreatur beobachteten, die sich am Boden wand, mit dem Dolch, der aus dem Bauch hervorragte. Es zuckte wie ein frisch gefangener Fisch, kaltes Blut spritzte aus Nase und Mund, dann lag es reglos da, nur um nochmals zu zucken und zittern, dann lag es wieder reglos.
Sean schaute Patrick an, der stumm dasaß und Tränen in den vor Panik geweiteten Augen hatte. Sean wischte sich seine eigene Nase mit dem Ärmel ab, wischte sich dann über die Augen und verließ seinen Bruder. Er ging zu dem Bösen Ding, umrundete es langsam, um sicherzugehen, daß es tot war.
Zuletzt war er zufrieden und beugte sich nach vorne, um den Dolch zu nehmen. Als seine Finger den Griff berührten, schwang eine schwarze Hand hoch und packte ihn vorne am Hemd. Sean schrie auf.
Das Böse Ding zog den Jungen zu sich heran, die gelben und braunen Augen waren jetzt offen und lebendig. Wenige Zentimeter vor seinem Gesicht stoppte das Ziehen. Dann sprach das Böse Ding, wobei es die blutigen Lippen kaum bewegte. Mit einem gurgelnden Flüstern, weich und winzig, wie die Stimme eines kleinen Kindes, sagte es: »Ich… war einmal… wie du.« Dann mit einem zischenden Flüstern, das fast nicht zu hören war, sagte es: »Frei… ich… danke dir.«
Einen Augenblick lang sah Sean, wie der Haß aus dem Gesicht der Kreatur verschwand. Sean blickte in die Augen, und in diesem Moment waren sie nicht verrückt und voll unmenschlichem Glitzern, sondern groß, braun und weich. Und tief in diesen feuchten Augen weit hinten in den Schatten des Hasses und Zornes versteckt, gab es einen Hinweis auf etwas mehr. Dann verstand Sean: Vor langer Zeit war dieses Böse Ding so menschlich gewesen wie Sean. Wo immer das Böse Ding auch herkam, es hatte Eltern und ein Zuhause, ein Leben voll Versprechungen und
Weitere Kostenlose Bücher