Der Elfenhuegel
ich möchte lieber, daß du ihn bekommst als der Staat New York« Sie betrachtete das wundervoll gestaltete Silberfutteral. »Ich hab’s ihm gekauft, als wir in Mexico auf unserer Hochzeitsreise waren. Es wurde irgendwo im Silberterritorium hergestellt. Du mußt es regelmäßig putzen. Alles ist aus feinem Silber, Griff, Klinge, Futteral, eben alles, und läuft schrecklich schnell an.« Sie lächelte. »Nein, du behältst es, Philip.«
Phil schien von dem Geschenk wirklich gerührt zu sein, ein persönlicher Besitz von Aggies Gatten. »Danke«, sagte er und erhob sich, um ihr einen Kuß auf die Wange zu geben.
Die Jungen scharten sich hinter Gabbie, untersuchten den Computer, und Sean sagte: »Welche Spiele kann man damit spielen?«
»Wie ist es mit Agentenjagd?« erkundigte sich Patrick.
Jack lachte. »Klar, man kann damit spielen, aber…«
»Keine Spiele!« sagte Gloria. »Es ist für euren Vater, und es ist kein Spielzeug. Ein Computerspiel, und er wird ihn nie benutzen.«
»Ach, Mom«, protestierte Patrick.
»Sag nicht ›ach, Mom‹ zu mir«, sagte sie in scherzhafter Empörung.
»Ihr zwei geht euch jetzt waschen. Abendessen gibt’s in einer halben Stunde.« Die Jungen fügten sich und marschierten die Treppe hinauf, um sich gründlich zu waschen und saubere T-Shirts anzuziehen.
Phil beugte sich über Jacks Schulter, während der junge Mann ihm die Grundbefehle des Systems erklärte. Er deutete auf das Handbuch und sagte: »Wenn Sie ein Problem haben, rufen Sie mich an…«
»Er wird draußen in der Scheune sein«, unterbrach ihn Gabbie.
Jack grinste. »Wahrscheinlich.«
Gloria sagte: »Nun gut, wer möchte einen Drink?«
»Das ist mein Stichwort«, sagte Gabbie.
»Was?«, fragte Phil.
»Das Abendessen. Ich werde es holen. Loo Fongs beste Hunan- und Szechwan-Gerichte. Bin in fünfzehn Minuten zurück.«
Als Gabbie aus der Tür lief, sagte Gloria: »Phil, du beschäftigst dich mit deinem neuen Spielzeug. Ich werde etwas mit diesen Fischen machen.«
Er nickte abwesend, während er versuchsweise an der Tastatur spielte.
Gabbies Porsche 911 Turbo war drüben in Kalifornien und erwartete ihre Ankunft zum neuen Schuljahr, also nahm sie den Pontiac von ihrem Vater, sie fuhr wie gewöhnlich schnell, aber nicht rücksichtslos.
Sie haßte es, herumzutrödeln. Das Essen war schon verpackt und wartete in zwei Pappkartons, sie mußte es nur noch auf den Rücksitz des Wagens legen. Gabbie machte eine unerlaubte Wende an der McDermott-Straße – nachdem sie sich vergewissert hatte, daß beide Seiten frei waren – und nahm Kurs auf das, was die Einwohner Autobahn nannten. Für Gabbie war es eine zweispurige Landstraße und, verglichen mit denen in Südkalifornien, eine sehr kleine. Auf der Autobahn fuhr sie zehn Kilometer pro Stunde über der Geschwindigkeitsbegrenzung und war sicher, daß die örtliche Polizei das als legale Überschreitung ansehen würde. Sie erreichte die Abzweigung nach Hause, als ein Lichtstrahl blendete, weil die Sonne durch die Bäume auf einem entfernten Hügel schien. Sie wendete ihren Kopf ein wenig und klappte die Sonnenblende herunter. Dann weiteten sich ihre Augen, und sie schaute zurück in Richtung des Sonnenuntergangs. An der Spitze eines Hügels an der Straße, die von der Autobahn wegführt, zeichnete sich etwas gegen den Himmel ab.
Das Signal einer Autohupe lenkte ihre Aufmerksamkeit wieder dem Fahren zu, sie trat auf die Bremse und schleuderte. Sie war nach links abgedriftet, der verärgerte Fahrer auf der entgegenkommenden Fahrspur warf ihr einen bösen Blick zu und schnippte ihr zu, als er vorbeiraste. Gabbies Herz pochte, und sie nahm die Abfahrt von der Autobahn. Sie war doppelt aufgewühlt, als sie mit dem Wagen an den Rand der Straße driftete und stehenblieb. Sie atmete mehrmals tief durch, untersuchte dann den Rücksitz und sah nach, ob nichts verschüttet war, bevor sie ihren Weg nach Hause fortsetzte.
Gabbie murmelte vor sich hin, daß sie sich wohl Sachen einbilde. Für einen Augenblick hatte sie etwas gesehen, das sich deutlich vom Abendhimmel abhob und wie ein alter Wagen, der von einem einzelnen Pferd gezogen wurde, aussah. Eine undeutliche Erinnerung näherte sich ihr, sie hatte sie fast wieder ins Gedächtnis gerufen, aber dann verschwand sie. Alles, was ihr blieb, war der Name Wayland. Und sie konnte nicht verstehen, warum ihr Tränen über die Wangen liefen.
10
Nach dem Abendessen saßen die Erwachsenen im Wohnzimmer, während sich die Jungen
Weitere Kostenlose Bücher