Der Elfenpakt
Oder zumindest schien es so.
»Woran, glaubt Ihr, liegt das?«, fragte Madame Cardui. »Er hat seine Truppen doch offenbar sehr gut in Stellung gebracht. Kaum eine Stunde Fußmarsch von den Mauern Eurer Stadt entfernt, wenn ich es recht verstanden habe.«
»Und warum verrät er seine Absichten, indem er den Herzog von Burgund ermordet?«, warf Fogarty ein. »Warum nimmt er Eure Einladung nicht einfach an, schleust seine gesamte Armee von außen ein und startet dann einen Überraschungsangriff innerhalb Eurer Verteidigungslinie? Das hätte ich jedenfalls getan.«
Hairstreak zuckte mit den Schultern. »Vielleicht wartet er darauf, dass ihr die Drecksarbeit für ihn erledigt.«
Fogarty beugte sich vor. »Nur mal angenommen, ich glaube Euch, warum sollte Beleth sich gegen seine alten Freunde wenden? Die Nachtelfen machen doch seit Ewigkeiten gemeinsame Sache mit der Hölle. Beleth hat Euch dämonische Diener, dämonische Arbeitskraft und wer weiß was noch zur Verfügung gestellt, und im Gegenzug erhielt er …« Er verstummte plötzlich, als wäre er sich seiner Sache nicht mehr sicher.
»Keine sehr zutreffende Einschätzung, Torhüter Fogarty«, sagte Hairstreak kalt. »Beleth hat uns niemals freiwillig irgendwas gegeben. Unsere Zauberer entwickelten vor Generationen Techniken, mit denen Dämonen sich in gewisse Abhängigkeitsverhältnisse zwingen ließen. Seitdem stellt dieser Abschaum unsere Dienerschaft. Die Lichtelfen hätten dieselben Annehmlichkeiten haben können, aber sie entschieden sich dagegen, aufgrund irgendeiner … unangebrachten moralischen Gesinnung, nehme ich an. Ich habe diese Einstellung nie verstanden.« Er wandte sich wieder an Blue. »Ich bin kein Geschichtswissenschaftler, aber ich meine, dass diese Dämonenfrage überhaupt der Grund dafür war, dass es zwischen uns zum Bruch kam.«
»Ich nehme an, dass Ihr sie inzwischen zu nichts mehr zwingen könnt?«, fragte Blue unvermittelt.
Hairstreak lächelte kalt. »In der Östlichen Wüste halten sich mehr als eine Million Dämonen auf. Das ist eine Zahl jenseits unserer Möglichkeiten.«
»Ihr meint also, das ist Beleths Rache für die jahrhundertelange Ausbeutung?«, fragte Blue.
In Fogartys Augen glitzerte Spott.
Falls ihr Onkel Humor besaß, zeigte er ihn nicht. »Oh, ich glaube nicht, dass sie hinter uns her sind«, erwiderte er nüchtern.
»Na gut«, erwiderte Fogarty forsch. »Was hat er Eurer Meinung nach vor?«
Hairstreak blickte von einem zum anderen. »Ich denke, dass er nur darauf gewartet hat, dass zwischen den Licht- und den Nachtelfen ein Krieg ausbricht.«
»Was nun ja geschehen ist«, warf Blue ein. »Dank Eures Präventivschlages.«
Hairstreaks Augen blitzten auf. »Ich war es nicht, der einen Countdown in Gang gesetzt hat, Hebe Nichte.«
Madame Cardui sagte besänftigend: »Wir sollten Eurem Onkel vielleicht Gelegenheit geben fortzufahren, Majestät. Immerhin hat er mit Dämonen mehr Erfahrung als wir.« Sie blickte Hairstreak mit einem zuckersüßen Lächeln an.
»Sprecht weiter, Onkel«, sagte Blue kurz. »Beleths Pläne …?«
»Ich glaube nicht, dass er sich in den Krieg einmischen wird«, sagte Hairstreak. »Meiner Meinung nach ist es ihm vollkommen gleichgültig, wer ihn gewinnt. Wenn der Krieg vorbei ist, wird Beleth die Sieger angreifen, in der Gewissheit, dass sie durch den Konflikt geschwächt sind. Auf diese Weise plant er, das gesamte Elfenreich zu unterwerfen.«
Es klang grauenvoll plausibel. Allerdings hatten bereits viele von Hairstreaks früheren hinterlistigsten Intrigen ebenfalls grauenvoll plausibel gewirkt. Blue wusste noch immer nicht, ob sie ihm trauen sollte.
»Wie, glaubt Ihr, können wir ihn aufhalten?«
Hairstreak zuckte mit den Schultern. »Ihr kennt meinen Vorschlag doch. Ein sofortiges Militärbündnis zwischen Licht- und Nachtelfen. Dann können unsere vereinten Streitkräfte Beleth in der Wüste angreifen und ihn hoffentlich nach Hael zurücktreiben, wo er hingehört.«
»Warum setzt Ihr nicht einfach Eure Zeitblumen gegen ihn ein?«, fragte Fogarty plötzlich.
»Was denn für Zeitblumen?«
SIEBENUNDACHTZIG
G laubt ihr ihm?«, fragte Torhüter Fogarty, kaum dass die drei wieder allein waren.
»Ich weiß nicht«, sagte Blue. »Ich wünschte, Flapwazzle wäre hier.« Ein Gedanke schoss ihr durch den Kopf, und sie fragte: »Wo ist er überhaupt? Ist er sicher von Lord Hairstreak zurückgekehrt?«
Madame Cardui nickte. »Er kam unversehrt zurück und ging dann auf die Jagd.
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