Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Elfenpakt

Titel: Der Elfenpakt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Herbie Brennan
Vom Netzwerk:
Ihm war, als müsste er gleich sterben.
    Das Männchen sah ihm tief in die Augen und zwängte sich in seinen Kopf.
    Es war schrecklich, jemanden im Kopf zu haben – wie ein Insekt, das ihm ins Ohr krabbelte, nur schlimmer. Das kleine Männchen kroch immer wieder in Henrys Verstand, hob hie und da einen Hirnlappen, um sich Henrys geheimste Gedanken anzuschauen. Sieh an, da war ja Henrys Schwester Aisling mit einem Dolch im Kopf. Sieh da, Blue beim Baden. Und da, Henrys Mutter, die gerade erklärte, warum alles, was sie tat, eigentlich nur zu Henrys Bestem war.
    Das kleine graugrüne Männchen schien irgendwas Bestimmtes zu suchen. Oder wollte vielleicht auch nur herausfinden, wer Henry war. Immer weiter krabbelte es, drückte hier und bohrte da. Schaute sich zwischendurch eine Erinnerung von Henry an, wie er auf dem Klo saß. Es gab keinen Bereich, wo es nicht eindringen konnte, keinen, den es ausließ.
    Und dann zog es sich plötzlich wieder zurück.
    Ein hellblauer Lichtstrahl fiel aus der fliegenden Untertasse und begann, Henry abzutasten. Obwohl er sich nicht rührte, hatte er das Gefühl, auf den Kopf gestellt zu werden. Dann stand er plötzlich wieder aufrecht und begann zu zittern. Das Zittern wurde zu einem Beben und das Beben zu einem Schrei. Das blaue Licht zog Henry von der Straße nach oben in Richtung der fliegenden Untertasse.
    Irgendwo tief in seinem Innersten sagte Henry sich, dass alles nur ein Traum sein konnte. Das war die einzig logische Erklärung. Er musste auf dem Nachhauseweg müde geworden sein und hatte sich am Straßenrand hingelegt, um ein kleines Nickerchen zu machen. Und nun träumte er. Es musste ein Traum sein, denn die fliegende Untertasse hatte keine Tür, und er schwebte einfach so durch die Außenwand aus Metall, was völlig unmöglich war, es sei denn, er träumte.
    Jetzt befand er sich in der fliegenden Untertasse. Das Licht war weg, das kleine graugrüne Männchen ebenfalls, und außer ihm schien niemand dort zu sein. Er war nicht länger gelähmt. Er konnte seine Hände, Arme und Beine wieder bewegen. Im Grunde fühlte er sich ganz normal. Nur die Ereignisse um ihn herum waren ganz und gar nicht normal. Er war an Bord einer fliegenden Untertasse, und die Außerirdischen hatten sich irgendwohin verdünnisiert. Das bedeutete, dass er fliehen konnte.
    Und er wollte fliehen. Nichts sehnlicher als das. Aber …
    Irgendetwas stimmte nicht mit ihm. Das wusste er nun mit Sicherheit. Er träumte nicht. Dies alles war zu real, um ein Traum zu sein. Und dennoch, gleichzeitig war es genau wie ein Traum, irgendwelche Dinge passierten einfach mit ihm. Im Moment zum Beispiel merkte er, dass er sich umzusehen begann, statt zu flüchten.
    Von innen war das Raumschiff sogar noch größer, als es von außen wirkte, wie bei einer Tardis-Zeitmaschine aus Doctor Who. Henry befand sich in einem Raum mit silbernen Wänden und einem weichen, glibberigen Boden, der irgendwie … organisch wirkte. Fenster gab es keine, und es war nicht auszumachen, woher das Licht kam. (Denn Licht gab es sehr wohl: einen angenehmen rosaroten Schimmer.) Vor ihm befand sich eine Tür ohne Klinke, doch als er sich ihr näherte, glitt sie automatisch zur Seite wie die Türen in Raumschiff Enterprise. Oder die im Supermarkt.
    Henry betrat einen Korridor, der sich schlängelte wie ein Fluss und von dem kleine Nebenarme abgingen – oft nur wenige Meter lang – , die in andere Kammern führten. Manche von ihnen hatten Türen, andere nicht. Henry folgte den Kurven des Ganges und entdeckte Kammern mit Metallverkleidungen, andere mit Waffenregalen (die Waffen sahen wie Lasergewehre aus), und eine von ihnen war randvoll mit riesigen Eiern. (Zumindest dachte Henry, dass es sich um riesige Eier handeln musste, weil sie groß und weiß und eiförmig waren.) Stundenlang, so kam es ihm vor, wanderte er umher und spähte nacheinander in jede Kammer. Das Seltsame war, dass nirgends eine Küche oder eine Toilette zu finden war.
    Einer der Räume war schrecklich und Furcht einflößend.
    Henry öffnete die Tür, und ein greller Schein nahm ihm plötzlich das Augenlicht. Als seine Pupillen sich umgestellt hatten, blickte er auf eine große Anzahl hoher durchsichtiger Röhren, jede von ihnen größer als er selbst. Von den Röhren führte ein Gewirr von Kabeln und Rohrleitungen zu einem Schaltpult in der Mitte des Raumes. Fast die Hälfte der Röhren war violett erleuchtet, sodass in ihnen eine dicke, schleimige Flüssigkeit zu erkennen war,

Weitere Kostenlose Bücher