Der Elfenpakt
bewusst, dass es im Leben nicht nur Schwarz und Weiß gab. Früher wäre er einfach so hineingestürmt, genau wie der neue, veränderte Henry. Inzwischen war Pyrgus aber in der Lage zu begreifen, dass es niemandem nutzte, wenn sie einfach so hereinplatzten und Hairstreak sie tötete. Oder sie gefangen nahm – was für das Elfenreich vielleicht noch schlimmer gewesen wäre. Es war nicht einfach nur damit getan, die Truppen einzuberufen – das hätte wahrscheinlich zu dem Bürgerkrieg geführt, den sie alle vermeiden wollten. Alles in allem plädierte Pyrgus für Vorsicht, kombiniert mit einem listigen Plan.
»Mir fällt auf, meine Herren, dass das Tor weit offen steht und das Anwesen unbewacht zu sein scheint«, bemerkte Kitterick.
Pyrgus wandte sich zu ihm um und sah ihn fragend an. »Was würdest du daraus schließen, Kitterick?«
»Nach unseren Erkenntnissen über Lord Hairstreak würde ich sagen, dass so mancher Schein trügt.«
»Es wird Wachtposten geben«, prophezeite Henry grimmig. »Vielleicht nur nicht am Tor.«
»Heißt das, wir gehen rein, oder was?«, fragte Pyrgus.
»Wir gehen rein«, sagte Henry entschlossen. »Vorsichtig und still und leise, immer hinter den Büschen. Wir robben bis zum Haus und schauen durch die Fenster, bis wir Blue entdecken. Beim kleinsten Anzeichen von Gefahr greifen wir an. Wir werden siegen, weil sie nicht mit uns rechnen. Sobald Blue aus der Gefahrenzone raus ist, kannst du hier alles platt machen, so wie damals in der Leimfabrik. Zauberbomben oder was das war.«
»Alternativ, Sir, könnten wir ganz einfach die Hauptstraße hinunterlaufen.«
Pyrgus und Henry drehten sich nach dem Zwerg um.
»Man könnte vielleicht anführen, dass wir hier nur vorbeugend anwesend sind. Wie es aussieht, ist Ihre Majestät offenbar in diplomatischer Mission unterwegs. Wir haben – bislang – keinen Grund zu der Annahme, dass sie in irgendeiner Form in persönlichen Schwierigkeiten steckt. Sollten wir uns heimlich nähern und dabei entdeckt werden, könnte uns Lord Hairstreak wohl zu Recht der Spionage bezichtigen. Abgesehen davon hätte eine offene Annäherung den Vorteil der völligen Transparenz. Wenn wir von Wachtposten angehalten werden – was, wie ich annehme, früher oder später der Fall sein wird – können wir einfach behaupten, ein Teil des Gefolges Ihrer Majestät zu sein. Dann wird man uns zum Herrenhaus eskortieren, wo wir mit Leichtigkeit feststellen können, welche Haltung Lord Hairstreak in dieser ganzen Angelegenheit einnimmt. Und falls nicht – falls wir also nicht aufgehalten werden –, werden wir einfach am Haupteingang vorstellig und erbitten eine Audienz bei Seiner Lordschaft und Ihrer Majestät. In beiden Fällen vermeiden wir jede Gefahr eines diplomatischen Zwischenfalls, zeigen uns Ihrer Majestät gegenüber loyal, sind zur Stelle, um sie, falls nötig, körperlich zu schützen, und zugleich ist dies eine deutliche Botschaft an Lord Hairstreak, dass der Aufenthaltsort der Kaiserin bekannt ist und jede Maßnahme gegen sie, die er möglicherweise plant, … Konsequenzen hätte. Die Hauptstraße hinunterzulaufen scheint daher die sinnvollste Vorgehensweise zu sein.«
Nach einer Weile schüttelte Pyrgus den Kopf. »Ach nein, das ist doch Unsinn.«
»Totaler Blödsinn«, sagte Henry. »Da würde ich nicht mal einen Gedanken dran verschwenden.«
Sie krochen gerade durch die Büsche, als der Erste von Hairstreaks Schnappern Pyrgus herauszerrte.
DREIUNDDREISSIG
H airstreak nahm seinen Daumen wieder von dem roten Knopf. »Dieser Flieger trägt das Kaiserliche Wappen«, murmelte er, halb für sich und halb in Pelidnes Richtung. »Erwarten wir einen Abgesandten aus dem Palast?«, fragte Pelidne.
›»Nein, aber das bedeutet ja nicht, dass sie keinen geschickt haben.«
»Wie lauten Ihre Anweisungen, Sir?«
Hairstreak zog die Sichtbrille ab. Sein Gesichtsausdruck wirkte nachdenklich. »Normale Schutzmaßnahmen, Pelidne. Sorg dafür, dass unser Besucher zum Standplatz eskortiert und mit allem Respekt behandelt wird. Verständige mich sofort, sobald seine Identität geklärt ist. Wenn er gültige Palastpapiere vorzuweisen hat, versuch den Grund seines Besuches zu klären.«
»Und dann soll ich ihn hinhalten?«
»Genau das«, sagte Hairstreak. »Biete ihm Erfrischungen an, mach ihn betrunken … was auch immer. Überbringe mir sofort jede neue Information. Ich bin in meinem Büro.«
»Und der Flieger, Sir?«
»Durchsucht ihn gründlich, sobald sich
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