Der Elfenpakt
den Schlitz in seinem Schädel. Dann betätigte sie einen Schalter hinter der Rückenlehne.
Die Realitätskugel begann zu glühen.
Pyrgus schaute fasziniert zu, wie in der Kugel eine hübsche junge Trinianerdame in einem mit Pailletten bestickten Badeanzug erschien.
»Konzentrier dich, Kitterick!«, tadelte Madame Cardui.
»Entschuldigung, Madam.«
Die hübsche Trinianerin verschwand, und stattdessen war nun Lord Hairstreaks Unterredungsraum zu sehen. Alle waren anwesend: Blue, die dicht neben Hairstreak stand, Flapwazzle …
(Wo war Flapwazzle eigentlich abgeblieben?, schoss es Pyrgus durch den Kopf. Er hatte die anderen noch bis zum Palast zurückbegleitet.)
… Henry, Kitterick und er selbst, direkt vor der geschlossenen Tür. Und hinter Pyrgus die schlanke Gestalt Pelidnes, Hairstreaks Vampir. Keiner rührte sich.
»Sequenz abspielen«, befahl Madame Cardui.
Die Szene wurde lebendig, in 3-D, Farbe und Stereo.
»Kitterick?«, fragte Blue im Plauderton.
»Es ging mir nie besser, Madam.« Kitterick – der Kitterick in der Kugel – nickte freundlich. »Gesund wie ein Fisch im Wasser, könnte man sagen.« Pyrgus fiel auf, dass der echte Kitterick, der in dem Sessel saß, die Lippen synchron mitbewegte.
Hairstreak sagte: »Nachdem die delikaten Dinge nun geklärt sind, Eure Majestät, wären Eure Leute ja vielleicht so freundlich, uns mitzuteilen, warum sie mein Grundstück unbefugt betreten haben und was …«
Pyrgus beobachtete, wie er selbst mit lauter Stimme sagte: »Wir haben eine vertrauliche Nachricht für Ihre Majestät. Wir liefen gerade …«
»Halt den Mund, Pyrgus«, unterbrach ihn Blue. Sie wandte sich zu ihrem Onkel um. »Lord Hairstreak, wenn wir vielleicht …«
Und dann passierte es. Henry bewegte sich von der Tür weg und kam auf Blue und Hairstreak zu. Er hatte einen seltsamen Gesichtsausdruck, wie jemand, der einer Melodie aus weiter Ferne lauschte.
»Es wird Zeit, dass wir gehen, Blue«, sagte er und nahm ihren Arm.
Pyrgus sah genau hin. Es war gut möglich, dass Blue das Ganze mit ihm abgesprochen hatte, aber ihr Gesichtsausdruck sagte etwas anderes. Sie wirkte überrascht bis widerwillig, vielleicht sogar schockiert. Pyrgus hätte sein Halekmesser darauf verwettet, dass sie, wäre es jemand anders als Henry gewesen, ihren Arm weggezogen hätte. Hier aber war deutlich zu sehen, dass sie sich, wenn auch zögernd, mit ihm in Bewegung setzte – Richtung Tür.
»Pelidne!« Das war Hairstreaks Stimme.
Die Szene musste durch Kittericks Konzentration beeinflusst worden sein, denn Hairstreak, Kitterick selbst und das meiste von Pyrgus waren plötzlich ausgeblendet, während Pelidne größer wurde, Blue und Henry ebenfalls.
»Zeitlupe«, murmelte Madame Cardui.
Von Kitterick in seinem Sessel war ein deutliches Klicken zu hören. In der Realitätskugel nahm Pelidne langsam seine Hand von Pyrgus’ Schulter, die noch im Bild war, und begann sich zwischen Blue und die Tür zu schieben. Trotz der Zeitlupe bewegte er sich immer noch mit beachtlicher Geschwindigkeit. Aber das war nichts im Vergleich zu Henrys Bewegung. Selbst in der schneckenhaften Zeitlupe verschwammen seine Umrisse. Pyrgus sah, wie sein Körper sich drehte, während er etwas aus einer Tasche zog.
Als es wirklich geschehen war, hatte Pyrgus gedacht, Henry hätte den Vampir erstochen. Nun war zu sehen, dass er den Pflock in Wirklichkeit geworfen hatte. Dieser drang in Pelidnes Körper ein wie ein Schwertstich und blieb dort stecken, so tief, dass er nur noch wenige Zentimeter herausragte.
Was als Nächstes passierte, war weitaus schrecklicher als in der Realität, weil jedes Detail in Zeitlupe wiederholt wurde. Das Bild verwackelte, als Kitterick den Kopf hob, um dem Blutstrahl auszuweichen. Dann zerfiel Pelidne langsam zu fauligem Staub. Seine Kleider mussten nagelneu gewesen sein, denn sie sanken in makellosem Zustand zu Boden.
»Was …!«, sagte irgendjemand. Wahrscheinlich Blue, dachte Pyrgus.
Wieder verengte sich der Bildausschnitt. Hinter sich hörte Pyrgus ein schnarchendes Geräusch, als ob Kitterick eingeschlafen wäre. Nun waren nur noch Blue und Henry in der Realitätskugel zu sehen. Henry hatte Blues Arm gepackt und zog sie Richtung Tür. Er wirkte vollkommen unerschüttert. Unvorstellbar, dass er kurz zuvor einen Vampir umgebracht hatte.
»Nein, Henry! Lass mich los!«, schrie Blue und versuchte sich loszuwinden.
Pyrgus beugte sich vor. Dies war der Moment, in dem die beiden verschwunden waren.
Aber
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