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Der endlose Tod

Der endlose Tod

Titel: Der endlose Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pat N. Elrod
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beängstigend als auch faszinierend zu finden.
    Ich fand sie nur beängstigend.
    Norwood empörte sich ein wenig. »Das könnten sie sicherlich versuchen, aber dann würde sie die Überraschung ihres Lebens erwarten. Richtig, meine Herren?«
    Er erhielt allgemeine Zustimmung auf seine Frage. Ich stimmte ebenfalls ein, um mich nicht auszuschließen. Norwoods Interesse an der Begegnung mit dem Abenteuer hatte mich zuvor nachdenklich gestimmt; nun war es zu etwas geworden, um dessentwillen ich mir auf die Zunge biss. Ich hatte davon mehr als genug erlebt und wusste, dass dies der Wunsch eines Toren war. Ein schönes, ruhiges Leben war alles, was ich mir ersehnte. Ich fragte mich, warum er sich nicht Howes Armee anschloss, wenn er so begierig auf Abenteuersuche war. Dort musste es doch wohl einen Platz für Freiwillige mit einem Adelstitel geben, die den Wunsch hegten, ihrem König zu dienen. Der einzige Grund, den ich mir vorstellen konnte, war der, dass es ihm widerstrebte, seine Schwester allein zu lassen. Und dann gab es da noch Elizabeth. Wenn er sie so sehr liebte, wie ich Nora, dann wäre das Letzte, was er tun würde, davonrennen, um Soldat zu spielen.
    Aber ich war recht sicher, dass er ein wenig neidisch auf mich war. Er fragte mich immer wieder über das Geschehene aus, und seine Augen leuchteten, als er jedes Detail der Informationen aus meiner Erinnerung ausfindig machte. Er durfte dies gerne tun, auch wenn ich keinerlei Reiz in meinen Erzählungen finden konnte. Doch seltsamerweise wurde seine Bewunderung umso größer, je mehr ich auf die negativen Aspekte der Angelegenheit zu sprechen kam.
    Auf eine gewisse Art war es schmeichelhaft, aber zugleich auch anstrengend. Er hatte keine Ahnung, was es mich in Wahrheit an Anstrengung kostete. Wenn Fremde auftauchen und dein Leben zu ihrem persönlichen Vorteil zu zerstören versuchen, ist dies bestenfalls Furcht einflößend, im schlimmsten Fall vernichtend. Vater verstand die Verletzung, die meine Seele erlitten hatte, Norwood jedoch nicht.
    Nein, dachte ich, Lord James Norwood war besser geeignet für etwas »sicheres« Gefährliches, etwa die Fuchsjagd. Da gab es zwar die Möglichkeit, dass man vom Pferd fiel und sich den Hals brach, aber wenn man geschickt war und ein wenig Glück hatte, konnte man lebendig zurückkehren und zufrieden sein, dass man den Tod mutig besiegt hatte. Jedoch konnte er sich hier aussuchen, ob er mitreiten wollte oder nicht. Ich hatte es mir nicht ausgesucht, entführt zu werden. Dieser Verlust von Kontrolle und eigener Wahl machte den wichtigsten Unterschied zwischen den beiden Gefahren aus.
    Ich konnte mir nicht vorstellen, dass er das erlitt, was ich hatte erleiden müssen, und hinterher immer noch von demselben naiven Enthusiasmus erfüllt wäre. Obwohl er bald dreißig wurde, fragte ich mich, wer von uns der Ältere sei, und entschied für mich. Solche Erfahrungen können Menschen schnell altern lassen.
    Elizabeth kam herüber, legte eine Hand auf seinen Arm und meinte: »Wirklich, Lord James, Sie erschöpfen meinen armen Bruder völlig.«
    Seine Aufmerksamkeit verlagerte sich mit sichtbarer Anstrengung – wie mir schien – von mir auf sie, doch er setzte mühelos ein Lächeln für sie auf.
    Elizabeth bemerkte es jedoch. »Störe ich?«
    »Nicht im Geringsten«, antwortete er. »Und Sie haben Recht. Ich bin eine Belastung.«
    Wir protestierten zum Schein, und es wurden noch andere Höflichkeiten ausgetauscht, dann wanderten die beiden in ihre bevorzugte Ecke, um dort eine privatere Unterhaltung zu führen. Ich beobachtete sie und erinnerte mich mit plötzlich entflammter Gier an Molly Audy.
    All die anderen Ereignisse, die meinen Kopf erfüllt hatten, hatten meine Entdeckung bei meinem Besuch bei ihr vollkommen beiseite geschoben. Der Zwischenfall und meine Befragung Mollys tauchten wieder an die Oberfläche und ließen mich verwirrt und vor Wut schäumend mit der Frage zurück, was ich nun anfangen sollte.
    Keine glückliche Lösung tat sich auf, nur der niedrige Wunsch, ihm jeden Knochen im Körper zu brechen. Doch so befriedigend dies für mich auch sein würde, ich musste widerstrebend zugeben, dass das, was sich zwischen ihnen abspielte, nicht meine Angelegenheit war. Falls sie es herausfände, wäre Elizabeth mehr als fähig, auf sich selbst aufzupassen.
    Falls sie es herausfände.
    Ich konnte nicht derjenige sein, der es ihr erzählte. Jede Einmischung, die von mir ausging, wäre ein zutiefst unkluger und aufdringlicher

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