Der endlose Tod
sind. Sie ist keine sehr kluge Frau ... Ich habe versucht, mit ihr zu reden, aber sie hat mir noch nie zugehört.«
Ich begann zu sprechen, doch er hob eine Hand.
»Nein, bitte, ich möchte mich nur für ihr Benehmen entschuldigen. Es tut mir sehr Leid, wenn sie Ihrer Familie Unannehmlichkeiten verursacht hat, insbesondere Ihrer lieben Schwester. Außerdem möchte ich sagen, dass ich sehr froh bin, dass Sie nun mit ihr geredet haben. Das war ... schon lange überfällig.
Insbesondere bedauere ich es, dass ich in der Vergangenheit nicht strenger mit ihr war.«
»Ich ... weiß nicht, was ich sagen soll, Sir«, murmelte ich. »Sollte ich zu schroff gewesen sein ...«
»Nein, Sie sagten ihr, was Ihnen auf der Seele lag, und das war auch erforderlich.«
»Sie sind äußerst freundlich, Sir.«
»Wie Sie es zu mir waren, Sir, bereits viele, viele Male.«
Ich wusste, dass er eine echte Zuneigung für meine Familie hegte, aber meistens hinderte ihn seine natürliche Zurückhaltung daran, dies auszudrücken. Ich wusste ebenfalls, dass er insbesondere für mich eine tiefe Liebe empfand, aber er hatte niemals Schritte in dieser Richtung unternommen. Nun sah er mich direkt an, und ich erkannte, was es ihn kostete, so direkt zu sein. Er streifte damit Themen, die wir vor langer Zeit zurückgestellt hatten, und hatte nun vielleicht Angst, dass ich seine Dankbarkeit als etwas anderes missverstehen könne.
Ich lächelte ihn beruhigend an. »Es ist mir eine Ehre, Sir«, sagte ich und verbeugte mich ein wenig vor ihm.
Seine Erleichterung war wenig subtil: Seine Schultern entspannten sich sichtlich, und ein vorsichtiges Lächeln kroch über seine besorgten Züge.
»Ich danke Ihnen, Mr. Barrett.«
»Stets zu Diensten, Dr. Beldon.«
»Also dann, gute Nacht.«
»Das wünsche ich Ihnen ebenfalls.« Er hatte offensichtlich die Besorgung vergessen, um derentwillen er seinen Raum ursprünglich verlassen hatte, und kehrte dorthin zurück. Leichten Schrittes.
O Himmel, dachte ich erneut.
Trotz seiner manchmal speichelleckerischen Art betrachtete ich Beldon mittlerweile als Freund, nun mehr denn je. Ich hatte ihn bereits zuvor beeinflusst, aber lediglich, um das Geheimnis meiner veränderten Natur zu bewahren. Solche Eingriffe in den Verstand eines solchermaßen unaufdringlichen Mannes plagten mein Gewissen; ich war nun mehr als glücklich, auf eine weitere Erfahrung dieser Art zu verzichten. Dem Himmel sei Dank für seine provinzielle Denkweise, die dafür gesorgt hatte, dass er nicht mehr gesehen hatte als etwas, das ihm natürlich schien, und dass er an der Situation nichts Ungewöhnliches erkannt hatte. Mit einem gleichermaßen leichten Schritt ging ich die Treppe hinunter, so ungemein erleichtert, dass ich die späte Stunde vergaß und zu pfeifen begann.
Die Nächte kamen und vergingen rasch, sie verschmolzen miteinander, so dass ich manchmal die Illusion hatte, dass ich eine sehr lange Nacht erlebe, die nur durch meinen Kleiderwechsel unterbrochen wurde. Die Unterhaltungen schienen sich alle zu gleichen, da sie sich ausschließlich mit einem einzigen Thema befassten: der Hochzeit. Die Leute waren selbstverständlich die gleichen. Es hätte langweilig sein können, aber meine vergangenen Erfahrungen hatten mich eine harte Lektion über den unschätzbaren Wert von Langeweile gelehrt. Es war besser, untätig zu sein und sich im Frieden mit der Welt zu befinden, als der verzweifelten Raserei ausgesetzt zu sein, die durch eine Katastrophe verursacht wird.
Vater kümmerte sich um seine Kanzlei, Elizabeth nähte an ihrem Kleid, und ich leistete ihnen Gesellschaft oder begab mich zu The Oak, um mir die Neuigkeiten anzuhören. Wie erwartet, hörte Mrs. Hardinbrook auf, so hasserfüllt und lästig zu sein, und kümmerte sich um Mutter, die bemerkenswert zurückhaltend geworden war. Sie bereitete mir Sorgen, da ich dachte, sie leide vielleicht immer noch unter Angst. Ich versuchte ab und zu, ihre Aufmerksamkeit auf mich zu ziehen, aber ihr Blick glitt an mir vorbei, als sei ich überhaupt nicht anwesend. Sie spielte Karten, nähte oder schwatzte mit ihren Freundinnen, wenn diese sie besuchten, doch falls sie Angst vor mir hatte, zeigte sie es nicht. Verschiedene Male hörte ich, wie sie Schlafmittel von Beldon verlangte, aber diese mussten eine ungenügende Wirkung auf sie haben, denn ich hörte sie trotzdem nachts in ihrem Zimmer herumlaufen, bis in die frühen Morgenstunden. Sie sah durch den Schlafmangel ein wenig erschöpft aus
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