Der endlose Tod
und war verschlossener als zuvor, aber dies war ihren Anfällen vorzuziehen.
Niemand sonst bemerkte dies jedoch, da sie so mit ihren eigenen Problemen beschäftigt waren, und ich hatte nicht vor, die Aufmerksamkeit aller darauf zu lenken. Nach einer Weile betrachtete ich es nur noch als einen weiteren in einer Reihe von unangenehmen Zwischenfällen, über den niemand sprach, und gab mich damit zufrieden, das Leben wie üblich weitergehen zu lassen.
Es gab Unmengen von vornehmen Zerstreuungen in den frühen Stunden der kürzer werdenden Sommerabende. Kusine Anne hatte mich überredet, gemeinsam mit ihr den anderen zur Unterhaltung Shakespeare vorzulesen. Ihre erste Wahl war das erste Stück, das ich ihr empfohlen hatte, Was ihr wollt, und sie stellte sich als schauspielerisches Naturtalent heraus – sobald sie erst verstand, was sie sagte. Natürlich entgingen ihr die meisten derben Scherze im Text, und der gesamte Raum erlebte einen Moment blanker Verlegenheit, als sie die Lesung einmal unterbrach, um nach der Bedeutung des Wortes »Eunuch« zu fragen.
Elizabeth, die höflich ein Lachen unterdrückte, kam zu meiner Rettung, indem sie erklärte, dies sei ein Junge, der niemals zum Manne heranreifen würde. Ob Anne dies verstand, war fraglich, denn wir fuhren ohne weitere Pausen fort.
Hinterher suchte sie Elizabeth auf, um mit dieser ein höchst intensives Gespräch zu führen.
Ich bemerkte, dass ich zu neugierig war, um dem zu widerstehen. Als Anne fertig war und sich anmutig entfernte, näherte ich mich Elizabeth. »Was hat sie dich dieses Mal gefragt?«
Elizabeth hielt ihr Lachen leise und freundlich. »Meine Güte, sie sollte besser auf die Dinge achten, die um sie herum vorgehen. Dann wüsste sie Bescheid über diese Angelegenheiten.«
»Was für Angelegenheiten?«
»Sie wollte wissen, wie ein Junge, der doch gar nicht anders kann, als zum Manne zu werden, dies verhindern könne. Also bemühte ich einen Vergleich mit dem Kastrieren von Pferden ...«
»Großer Gott, Elizabeth!«
»Es ist nahe daran«, verteidigte sie sich, immer noch mit dem Lachen kämpfend. »Ich sagte, so wie ein Hengst Geschlechtsteile besitzt, die kastriert werden können, hat dies ein Mann ebenfalls, und wenn er ihrer in einem gewissen Alter beraubt wird ...«
Ich erstickte fast. »Dann was?«
»Nun, sie wollte es wissen ...« Nun verstummte das Lachen, und ihr Gesicht nahm eine sehr grellrote Färbung an.
Ich lehnte mich nach vorne und blickte sie erwartungsvoll an.
Sie warf mir einen gespielt strengen Blick zu. »Du bist vulgär und abartig, Jonathan.«
»Absolut. Was wollte sie wissen?« Angewidert gab sie auf. »Das Aussehen.«
Nun erstickte ich wirklich und kämpfte vergeblich dagegen an, ein ernstes Gesicht zu bewahren. »Und was hast du ihr erzählt?«
»Jonathan!«
Es war an der Zeit, den Rückzug anzutreten, was ich auch tat, lachend, aber mit dem Schwur, jegliche Einzelgespräche mit Anne vorerst zu vermeiden. Sie war neugierig auf das Küssen gewesen, und ich war glücklich gewesen, ihr dabei zu helfen, aber ich war durchaus nicht bereit, Antworten zu liefern, sollte sie sich entschließen, mich zu diesem speziellen Thema zu befragen. Einige Tage später informierte mich Elizabeth, dass sich eine Lösung während eines Besuches bei einer Freundin angeboten habe, welche die Mutter eines kleinen Sohnes war. Als die natürlichen Bedürfnisse des Kindes einen Windelwechsel erforderten, bot Elizabeth sich an, diese Aufgabe zu erledigen, und nahm Anne mit, damit sie ihr helfe. Diese Erfahrung erwies sich als ausreichend lehrreich, um unsere süße, unschuldige Kusine zufrieden zu stellen, so dass ich noch einmal davongekommen war.
Ebenfalls nach diesem Zwischenfall, nachdem sie den Wert der Diskretion erfahren hatte, achtete Anne von nun an gewissenhaft darauf, sich Fragen nach unvertrauten Worten bis zum Ende eines Abends aufzusparen.
Und dann war eines Tages das Hochzeitskleid fertig, und das Ereignis selber stand unmittelbar bevor. Der größte Teil davon geschah, ohne dass ich es miterlebte, da ich in dieser Zeit auf mein stilles Bett im Keller beschränkt war. Das Erste, was ich, nachdem die Sonne untergegangen war, hörte, war die Tatsache, dass einer von Mrs. Nooths zahlreichen Helferinnen und Helfern auf der Suche nach Vorräten für die Küche herumpolterte. Ich war froh, dass ich nicht atmen musste, da das Haus nach Kochen und Backen roch. Sobald der Helfer verschwunden war, löste ich mich auf und schwebte
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