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Der endlose Tod

Der endlose Tod

Titel: Der endlose Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pat N. Elrod
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was Elizabeth und ich das »Fonteyn-Blut« zu nennen pflegten, dem zu unterliegen wir fürchteten.
    Aber dies erklärte nicht, warum Mutter in ihrem Traum, den ich unterbrochen hatte, als ich in jener Nacht zu ihr gegangen war, Angst gehabt hatte. Sie hatte gebettelt wie ein verängstigtes Kind. Ihre Stimme hätte gut eine Kinderstimme sein können, und ich war gezwungen, vor mir selbst zuzugeben, dass es mich erschüttert hatte, sie zu hören. Zu dieser Zeit war ich zu beschäftigt gewesen, aber später hatte mich diese Stimme verfolgt und mir Kopfzerbrechen bereitet. Und anstatt Mutter mit meiner üblichen unglücklichen Nachsicht zu betrachten, hatte ich einem kleinen Teil Mitgefühl gestattet, in meine Betrachtung einzufließen. Sie schien dadurch weniger ein kaum beherrschbares Monster zu sein, mehr ... was? Ein verirrtes und verletztes Kind? Lieber Gott, das konnte ich verstehen, denn an diesem Punkt war ich selbst schon gewesen. Vielleicht war Vater nicht der Einzige in der Familie mit einem schwachen Punkt.
    »War dein Vater ein strenger Mann?«, fragte ich fast abwesend, denn die Stille zwischen uns hatte sich ausgedehnt. Ich benötigte eine neue Unterhaltung, die mich von meinen Gedanken abbrachte.
    Anne lächelte. »Mutter klagte manchmal, er sei nicht streng genug.«
    »Dann war er also ein liebevoller Mann.«
    Das Lächeln wurde dünner und verschwand ganz. »Nein, eigentlich nicht. Er sorgte für mich, aber ich ...«
    »Wenn dies schmerzhaft für dich ist...«
    »Nein, wirklich nicht, ich habe mir nur vorher noch nie Gedanken darüber gemacht. Nun wird es mir klar. Er hat sich niemals gestattet, jemandem nahe zu kommen. Wie traurig. Ich frage mich, warum?«
    »Er wusste vielleicht nicht, wie. Oder er hatte Angst, es zu versuchen.«
    »Vater – Angst?« Sie schüttelte den Kopf und spreizte dann die Hände, indem sie sich allmählich in ihre übliche Verteidigungshaltung gegen die Härte des Lebens zurückzog. »Dies ist alles zu verwirrend für mich.«
    Oder kommt deinem Herzen zu nahe. »Ja, es ist verwirrend. Außerdem habe ich versucht, etwas über meine Mutter herauszufinden.«
    »Und ich war dir keine große Hilfe.«
    »Doch, du hast mir geholfen ... und ich bin dankbar dafür.«
    Anne und ich trennten uns freundschaftlich voneinander, und ich ging nach oben in mein Zimmer, nur um kurz darauf wieder herunterzukommen, gekleidet für Aktivitäten im Freien. Ich traf Jericho in der Halle und sagte ihm, dass ich draußen Luft schnappen wolle. Er nickte, erinnerte mich daran, Handschuhe anzuziehen, und fuhr mit der Tätigkeit fort, die ich unterbrochen hatte.
    Handschuhe ... ja, sie waren wie üblich in der Tasche meines Umhanges. Da ich das kalte Wetter nicht mehr spürte wie früher, vergaß ich sie manchmal.
    Ein Ersatztaschentuch befand sich ebenfalls darin, um zwei Zuckerklümpchen gewickelt. Gut. Jericho war äußerst fähig beim Vorhersehen meiner Bedürfnisse. Heute Nacht war ich hungrig und würde diese Gegenstände sehr gut brauchen können.
    Ich verließ das Haus wie üblich durch die Seitentür und wanderte auf meinen eigenen Fußspuren zu den Ställen. Der Wind blies stark, und der Boden war durch die Kälte hart gefroren. Meine Stiefel krachten und knackten auf dem gefrorenen Schlamm und Schnee. Ich machte eine Pause an dem Ende des Gebäudes, welches vom Haus abgewandt war, und blickte mich um, um mich zu versichern, dass niemand mich beobachtete; dann löste ich mich auf und schwebte durch die Wand, um hineinzugelangen. Es war seltsam, die Beschaffenheit der Wand zu spüren, jedoch nicht ihre Festigkeit, da ich durch die winzigen Risse in den Brettern strömte wie Wasser. Nicht ausgesprochen unangenehm, aber auch nicht besonders angenehm. Die Tür zu benutzen wäre besser gewesen, jedoch nicht so leise. Wenn ich in dieser Angelegenheit unterwegs war, wollte ich möglichst wenig Lärm machen.
    Alles war trübe und dunkel, als ich meine Form wieder annahm. Da ich jeglichen Lichtes von außen beraubt war, funktionierten meine Augen nun nicht besser als die irgendeines anderen Menschen, aber ich kannte den Weg. Vor mir auf der rechten Seite befanden sich die Verschlage, und ein oder zwei ihrer Bewohner fühlten meine Anwesenheit und bewegten sich leicht, dunkle Schemen vor einem dunklen Hintergrund. Die vertrauten Gerüche von Pferden, Stroh und Dung erfüllten mein Bewusstsein. Ich tastete mich an dem ersten Verschlag vorbei, dann an dem zweiten, bis hin zum dritten. Obwohl die großen

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