Der Engel Der Kurie
konnten uns aber nicht um sie kümmern; ich packte den Kopf des Verbrechers, und Massimiliano hieb ihm die Faust ins Gesicht. Wir versuchten, seine Hände zu packen und sie ihm auf den Rücken zu drehen, während die Hure ihre Kleider zusammenraffte und davonlief. Der Kerl unter uns hatte eiserne Arme, die wir nicht umbiegen konnten; ansonsten hielt er sich ruhig. Massimiliano wollte ihn seitlich anpacken, als er sich auf einmal aufbäumte, uns beide abschüttelte und aufsprang. Wir sahen ihn wie von Furien gehetzt auf die Stadt zulaufen, dann verschwand er in einer Gasse Richtung Piazza Navona. – Vorbei.«
Luigi hatte unheimlich schnell, beinahe gehetzt gesprochen; er holte tief Luft und sah Serena und Cesare enttäuscht an. »Mit anderen Worten – er ist uns entwischt.«
»Irrsinn«, flüsterte Serena; die Spannung hatte ihr die Sprache verschlagen.
»Alle meine Freunde beobachten ab heute abend den Borgo rund um die Uhr und melden mir sofort, wenn sie jemanden entdecken, auf den unsere Beschreibung von dem Wüstling paßt. Ich gehe jede Wette ein, daß der Kerl im Borgo wohnt; wir werden ihn finden.«
»Einige meiner Freunde können ebenfalls mithelfen, Wache zu halten«, sagte Cesare. »Wir müßten noch mehr von dem Schwein wissen; es sieht ja so aus, als würde er die Huren bei ihren Freiern abpassen und sich danach über sie hermachen.«
»So war es bei meiner Tante auch«, bestätigte Serena.
»Es scheint, als würde er ziemlich genau wissen, welche Dirne wann bei wem ist«, sprach Cesare weiter. »Er kennt entweder die Opfer oder die Freier der Opfer gut. War die Dirne gestern auch so ein knabenhaftes Mädchen wie die Toten von Trippas Keller?«
»Ja«, erwiderte Luigi, »ich glaube, du hast recht. Der Kerl sucht sich seine Opfer wirklich genau aus, und mit den Morden möchte er etwas sagen; doch was? Und wem?«
»Das müssen wir herausbekommen«, sagte Serena und setzte sich auf die Holzbank.
»Wenn wir erfahren könnten, wo er die anderen Huren ermordet hat, könnten wir ihn vielleicht an einem der anderen Tatorte abpassen«, schlug Cesare vor.
Luigi nickte.
»Wie kommen wir an diese Informationen?« fragte Serena.
»Wir könnten den Monsignore fragen«, entgegnete Cesare. »Aber der wird uns vermutlich keine Antwort geben.«
Serena zuckte zusammen. »Ich habe eine Idee«, rief sie aufgeregt. »Es gibt einen Dominikaner, der sich ebenfalls für den Mörder interessiert. Vielleicht lohnt es sich, mit ihm zu reden.«
»Vorsicht«, sagte Luigi rasch. »Der Mörder ist ein Kleriker, wer weiß, wem man da noch trauen kann. Eine Krähe hackt der anderen kein Auge aus.«
»Ja, aber ich glaube, der Dominikaner ist ehrlich.«
»Wir schauen ihn uns an und beraten dann, wie es weitergeht. Wir dürfen nichts überstürzen.«
»Gut«, antwortete Serena, »dann machen wir uns jetzt auf zum Campo de Fiori. Da ist der Mönch oft. Ihr haltet euch im Hintergrund und schaut ihn euch an. Ich werde ihn ansprechen und herausfinden, ob er immer noch nach dem Mörder meiner Tante sucht. Anschließend lotse ich ihn zu Apollonia. Hinterher sagt ihr mir, ob wir ihn einweihen wollen.«
Schweigend eilten sie zum Campo de Fiori. Dort rannte Serena beinahe in den Dominikaner hinein. Während Cesare und Massimiliano rasch in der Menge verschwanden, zupfte Serena den Mönch am Ärmel. Sie blickte ihn flehend an.
»Was ist mit dir, meine Kleine?« fragte er, und dann entspann sich ein längeres Gespräch, bis er sich endlich bereit erklärte, Serena zu Apollonia zu begleiten. Serena führte ihn in die Kammer neben dem Hauseingang, von wo Apollonia ihre Huren überwachte. Als der Mönch mit der alten Ruffiana sprach, schlich sich das Mädchen hinaus.
»Und was meint ihr?« fragte sie Cesare und Massimiliano, die ihnen gefolgt waren.
»Der Mönch scheint in Ordnung zu sein«, erwiderte Cesare, »aber wir sollten ihn heute noch nicht einweihen. Komm, laß uns zum Pozzo bianco gehen: Wir müssen den Borgo überwachen.«
Cantarella
Der Campo de Fiori erstrahlte im Schein unzähliger Fackeln und einiger hochlodernder Feuer, und im ersten Augenblick erschrak Jakob, weil er meinte, es fände eine Verbrennung auf dem Scheiterhaufen statt, doch an der ausgelassenen Stimmung des einfachen Volkes erkannte er seinen Irrtum schnell und atmete auf.
Auch wenn nach der Lehre des heiligen Thomas im Feuer die reinigende Kraft lag, bedrückten Verbrennungen Jakob jedesmal, und er zog es, wann immer es ging, vor, bei diesen
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