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Der Engel Der Kurie

Titel: Der Engel Der Kurie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg Brun
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sofort wieder verstummte. Jakob schob Luigi vor sich her in den Raum.
    »Hier ist ein Pferdebursche von Ambrogio Farnese«, sagte er leichthin und schritt an Frangipane vorbei zum Fenster. Ein kurzer Blick hinaus genügte, um festzustellen, daß alles geklappt hatte; die vier Sbirri hielten Ennea in ihrer Mitte fest und führten ihn rasch zur Engelsburg hinunter; wenige Minuten noch, dann säße der Hurenmörder in einer Zelle des Corte Savella. »Der Junge gestand mir gestern, auf dem Fest des Garilliati ausgeholfen und dort einem Diener ein Päckchen übergeben zu haben, das ihm Ambrogio persönlich in die Hand gedrückt hat – mit der dringenden Aufforderung, diese wichtige Sendung unbeschadet an den Mann zu bringen. – Jetzt befragt ihn selbst, ob sich der Verdacht bewahrheitet, den ich Euch gestern äußerte.«
    »Sehr gut.« Frangipane musterte Luigi. »Du scheinst mir ein durchtriebenes Bürschlein zu sein. Wie heißt du?«
    Luigi schwieg.
    »Willst du nicht sprechen, Kleiner?«
    Luigi schaute Frangipane mit großen Augen an und schüttelte langsam den Kopf.
    »Warum nicht? Hast du Angst?«
    Bei dem Wort Angst nickte Luigi heftig.
    »Vor Ambrogio Farnese?«
    Luigi zuckte erschreckt zusammen.
    »Vor Ambrogio Farnese«, fragte der Bischof ein zweites Mal, und seine Stimme klirrte, als würden zwei Schwerter aufeinanderschlagen.
    Luigi nickte erneut.
    »Das kann ich verstehen.« Frangipane klang beinahe versöhnlich. Dann fuhr er, zu Jakob gewandt, fort: »Ich habe keine Zweifel. Ich danke dir, du hast deinen Auftrag mit Bravour erfüllt.«
    »Was werdet Ihr jetzt tun?«
    »Nichts.« Frangipane lächelte und rieb sich die Hände. »Die Zeit wird für mich arbeiten. Wenige Wochen noch, dann wird Rom Grund zu staunen haben.«
    »Ihr wollt Euch nicht an Ambrogio rächen?«
    »Nur Geduld, mein Lieber, alles hat seine Stunde.«
    Dann bedeutete er Jakob mit einer lässigen Handbewegung, er könne mit dem Jungen gehen, und lächelte wieder, als er die Erleichterung in Luigis Gesichtszügen bemerkte.
    Während Luigi zu seinen Freunden wie befreit zurückkehrte, machte sich Jakob auf den Weg zum Corte Savella und traf dort ein, als Ennea in seinen Kerker geführt wurde. Der Wächter fesselte dem Kaplan die Hände auf den Rücken und schob ihn in die düstere Zelle, die lediglich von einer schmalen Scharte unter der Decke etwas Licht erhielt. Jakob folgte dem Gefangenen und setzte sich auf den Schemel, der als einziges Möbelstück neben der Pritsche in der Zelle stand. Boden und Wände waren trocken, und die Luft roch lediglich etwas abgestanden. In einer Ecke befand sich ein Holzbottich, der offensichtlich für die Exkremente des Häftlings gedacht war. Das Gefängnis erwies sich als eine weitaus menschlichere Unterkunft als die Verliese der Casa Santa. Leider galt der Corte Savella auch als eine Anstalt, die wegen ihrer schlechten Bewachung allzu vielen Verbrechern die Flucht ermöglichte, jedoch schien Jakob dieses Risiko geringer als die Gefahr, seinen Verdächtigen bei einem Verfahren in Händen der Kurie zu verlieren.
    Ennea durchbohrte Jakob mit seinen Blicken. Der Dominikaner hoffte unwillkürlich, sein Widersacher möge nicht über zauberische Kräfte verfügen, und schlug das Kreuzzeichen, um sich zu schützen.
    »Die Welt ist voller Schlechtigkeit, nicht wahr?« fragte er den Gefangenen, doch Ennea starrte ihn weiter nur mit feindseligen Augen an. »Man muß ein Zeichen setzen gegen die Verderbtheit der Welt. Es ist Gottes Ratschluß, solche Zeichen zu setzen. Unerheblich, wer das Werkzeug ist, der, den es trifft, muß es tun, auch wenn es schauerlich ist, schlimme Wunden zuzufügen. Ist es nicht so?«
    Ennea rüttelte an seinen Fesseln und sprang von der Pritsche hoch; doch ehe er sich auf Jakob stürzen konnte, war der an der Tür stehende Wächter bei dem Gefangenen und drückte ihn mit roher Gewalt nieder. Der Kaplan zitterte am ganzen Leib vor Wut. Seine Kiefer mahlten; unversehens spie er aus und versuchte Jakob ins Gesicht zu spucken, doch der wich im letzten Moment zur Seite.
    »Weißt du, wie es Jeremias erging, der Zunge des Herrn?«
    Zornig schob Ennea das Kinn vor.
    »Ach, mein Gott und Herr, sagte Jeremias, ich kann doch nicht reden, ich bin ja noch so jung. Doch der Herr verbot ihm zu sagen, er sei noch so jung, und dann streckte er die Hand aus und berührte seinen Mund und sagte, damit lege er ihm seine eigenen Worte in den Mund, und er sagte: ›Sieh her! Am heutigen Tag setze ich dich

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