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Der Engelmacher

Der Engelmacher

Titel: Der Engelmacher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Brijs
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tatsächlich so reagiert, als hätte der Herrgott selbst ihn geschickt. »Gott sei Dank«, hatte sie gerufen und zum Himmel geblickt. Die zwei Kinder an ihrer Seite waren verkleidet gewesen. Sie hatten Masken, Umhänge und Hüte getragen. Beide hatten sie hölzerne Schwerter dabeigehabt.
    Die Frau, die sich als Charlotte Maenhout vorgestellt hatte, hatte ihn auf den Jungen aufmerksam gemacht, der in einer Höhe von etwa zehn Metern auf dem Baudouin-Turm regungslos zusammengekauert saß. Sie hatte ihn dringend gebeten, Otto Reisiger aus Wolfheim zu holen, der den Turm verwaltete und deshalb einen Schlüssel für das Tor hatte.
    Sieben Minuten hatte er gebraucht, um vom Dreiländereck nach Wolfheim zu joggen. Das war sein persönlicher Rekord.
    »Frau Maenhout!?«, rief der Turmwärter erstaunt aus, nachdem Felix Glück ihm die Situation dargelegt hatte.
    »Mit ihren drei Großneffen«, bestätigte der Werkstattmeister, während er den korpulenten Leib seines Gegenübers anstarrte.
    »Drei Großneffen? Die Kinder von Doktor Hoppe, meinen Sie wohl.«
    »Sie hat gesagt, es wären ihre Großneffen. Die Enkelkinder ihrer Schwester. Die Gesichter hab ich nicht gesehen, weil sie solche Masken aufhatten. Zumindest waren es kleine Kinder, noch im Vorschulalter, schätze ich. Sie gingen mir ungefähr bis hier.« Er hielt die Hand etwa zehn Zentimeter über sein Knie, um die Größe der Kinder anzudeuten. Dann wischte er sich mit derselben Hand den Schweiß von der Stirn. Seine Fingernägel hatten schwarze Ränder.
    »Das sind die Kinder vom Doktor. Da wette ich drauf. Aber der Herr Doktor selbst war nicht dabei?«
    Werkstattmeister Glück zuckte mit den Schultern.
    »Merkwürdig«, sagte Reisiger, »sehr merkwürdig.«
    Kurz darauf brachen die zwei Männer in dem alten Simca des Turmwärters zum Dreiländereck auf. Das Auto machte einen schrecklichen Lärm.
    »Der Auspuff ist kaputt«, bemerkte der Werkstattmeister sofort.
    »Ich weiß«, antwortete Reisiger. Er musste laut rufen, um sich bei dem Getöse verständlich zu machen. »Ich habe schon einen neuen Wagen bestellt, aber der kommt erst nächste Woche. So lange wird diese Kiste es noch tun müssen.«
    Im zweiten Gang fuhr er unter der Brücke hindurch. Als sie auf die Route des Trois Bornes kamen, fragte er den Werkstattmeister, was Charlotte Maenhout zu so früher Stunde beim Dreiländereck gewollt habe.
    »Keine Ahnung«, antwortete dieser. »Ich hab das auch gefragt, aber sie hat mir keine richtige Antwort gegeben. Sie meinte nur, sie müsse möglichst schnell zurück ins Dorf.«
    »Da wird sie wohl noch ein bisschen Geduld haben müssen«, sagte Reisiger und schaltete in den ersten Gang zurück. Der alte Simca konnte die Steigung kaum bewältigen.
    Als durch die Windschutzscheibe der Turm in Sicht kam, zeigte Glück schräg nach oben. »Da sitzt der Junge. Sehen Sie ihn?«
    Der Turmwärter nickte und drückte sich fast die Nase an der Scheibe platt.
    Der Junge saß mit seinem Umhang so zusammengekauert da, dass es aussah, als hätte jemand eine Decke über ihn drapiert. Die Arme hatte er um einen Stab des Treppengeländers geschlungen.
    Bei dem Gatter stand Frau Maenhout. Ihr Gesicht war fast ebenso weiß wie das Tuch um ihre Schultern. An jeder Hand hielt sie ein Kind. Wegen der Hüte, die die Kleinen trugen, konnte der Turmwärter nicht sehen, ob sie kahl waren, wohl aber erspähte er in den Mundöffnungen der Masken den Ansatz einer Narbe.
    »Ich war ganz sicher, dass es die Doktorssöhne waren«, sollte er später zu Hause zu seiner Frau sagen, »aber auch mir gegenüber behauptete Frau Maenhout erst, es wären die Enkel ihrer Schwester.«
    Während Otto Reisiger das Gatter öffnete, musterte Werkstattmeister Glück die stämmige Frau neben sich. Sie zitterte wie Espenlaub.
    »Es tut mir so Leid«, murmelte sie ein paar Mal. Sie musste sich sichtlich zusammenreißen, um nicht in Tränen auszubrechen. Dennoch lag in ihrer ganzen Haltung etwas Unbeugsames. Mit einer Kutte würde sie ohne weiteres als strenge Nonne durchgehen, dachte er.
    »Warten Sie hier«, sagte Reisiger und lief durch das aufgesperrte Gatter auf den Sockel des Turms zu, aber Frau Maenhout kam ihm sofort hinterher.
    »Ich gehe mit«, sagte sie, »sonst kommt er nie nach unten.«
    Der Turmwärter zuckte mit den Achseln. Er hielt sich mit einer Hand am Geländer fest und stieg die Treppe hinauf, auf den Fersen gefolgt von Frau Maenhout.
    »Dass das ausgerechnet jetzt noch passieren musste«, sagte

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