Der Engelmörder - Spindler, E: Engelmörder
hatte das Gefühl, sie sollte noch irgendetwas sagen, doch sie wusste nicht, was. Ihr war klar, dass M.C. dachte, sie ergreife für Brian Partei, doch das war nicht der Fall. Tatsächlich war es so, dass sie weder für ihn noch für M.C. Partei ergriff. So eigenartig ihr das auch erschien, sie konnte keinem von beiden im Moment wirklich vertrauen.
Mit dem Aufzug fuhr sie in die Tiefgarage und ging zu ihrem Wagen. Dabei fiel ihr ein, dass noch eine Nachricht auf sie wartete. Sie hörte die Mailbox ab – es war Brian.
„Kitt, ich bin’s. Ich habe ein bisschen gestöbert und etwas gefunden. Du wirst es nicht glauben. Ruf mich auf meinem Handy an.“
52. KAPITEL
Montag, 20. März 2006
20:30 Uhr
Aufgeregt stieg Kitt in ihren Wagen ein. Diese Mitteilung konnte nur eines bedeuten: Brian war auf etwas gestoßen, das einen Cop mit dem Engelmörder und seinem Nachahmer in Verbindung brachte. Nachdem sie sich angeschnallt und den Motor angelassen hatte, wählte sie Brians Nummer. Beim ersten Klingelton schaltete sich die Mailbox ein.
„Verdammt, Brian, du kannst mir nicht eine solche Nachricht hinterlassen und dann einfach untertauchen. Ruf mich bitte zurück.“
Eine halbe Stunde später war sie zu Hause und hatte sich etwas Bequemes angezogen, doch auf seinen Rückruf wartete sie nach wie vor. Sie probierte es noch einmal unter seiner Nummer, aber mit dem gleichen Ergebnis. Frustriert wählte sie Ivys Nummer. Vielleicht war er mit seinen Kindern unterwegs, oder er versöhnte sich gerade mit seiner Frau.
Wenn sie dort auch nicht weiterkam, musste sie es in den Lokalen versuchen, in denen er normalerweise zu finden war. Spätestens da würde sie schon auf ihn stoßen.
„Hallo, Ivy, hier ist Kitt Lundgren“, sagte sie, als seine Frau den Hörer abnahm.
„Hallo, Kitt. Wenn du Brian suchst, er ist nicht hier.“
„Er sagte, ihr hättet euch getrennt. Wie geht’s dir?“
„Bestens“, gab sie mit bitterem Unterton zurück. „Jedenfalls für eine über vierzigjährige Frau, die bald geschieden sein wird.“
„Es tut mir wirklich leid.“
„Mir auch. Ich wünschte, ich hätte mich schon vor Jahren scheiden lassen.“
„Vielleicht ändert er sich ja doch noch, wenn er begreift, dass du es ernst meinst.“
„Er wird sich niemals ändern, Kitt.“
Einen Moment lang schwieg Kitt. Ivy hatte recht. Sie wünschte, sie könnte ihr irgendwie Trost zusprechen, doch Brian war schon immer ein Frauenheld gewesen. „Er liebt dich, Ivy.“
„Aber er hat eine seltsame Art, mir das zu zeigen, nicht wahr?“
Kitt tat die Frau leid. Sie wollte ihr sagen, dass sie ja noch immer ihre Kinder hatte, doch diese Bemerkung würde sicher nicht gut ankommen. „Weißt du, wie ich ihn erreichen kann?“
„Er hat sein Handy dabei.“
„Er meldet sich aber nicht. Weißt du zufällig, wo er übernachtet?“
„In der gleichen Absteige, in der er sich auch mit all seinen Freundinnen getroffen hat. Im Starlight an der 6th Street.“
Das Starlight war tatsächlich eine Absteige.
„Danke, Ivy. Wenn er sich bei dir meldet, sag ihm bitte, dass ich angerufen habe.“
Die Frau erwiderte nichts, sondern legte einfach auf.
Zwischen den beiden herrschte tatsächlich Eiszeit.
Kitt rief den Empfang des Starlight an und erfuhr, dass Brian wirklich dort abgestiegen war. Sie bat den Mann, das Gespräch auf sein Zimmer durchzustellen.
Nach dem fünfzehnten Klingeln legte sie auf und rief noch einmal den Empfang an. „Er meldet sich nicht. Haben Sie ihn heute Abend schon gesehen?“
„Ich habe nicht darauf geachtet, Miss.“
„Steht sein Wagen auf dem Parkplatz?“
Sekundenlang schwieg der Mann, dann stieß er einen langen Seufzer aus. „Ich spioniere unseren Gästen nicht nach. Wenn Sie wissen wollen, ob Ihr Alter hier ist, dann bewegen Sie Ihren fetten Arsch gefälligst selbst hierher.“ Mit diesen Worten legte er auf.
Was? Klang sie am Telefon etwa so, als hätte sie einen fetten Hintern?
Ein weiteres Mal wählte sie die Nummer, beim zweiten Klingeln meldete sich der Empfang.
„Hier spricht Detective Kitt Lundgren vom Rockford Police Department“, sagte sie kühl. „Ich versuche einen Ihrer Gäste zu erreichen, und zwar Lieutenant Brian Spillare. Da er nicht ans Telefon geht, müssen Sie für mich nachsehen, ob sein Wagen auf dem Parkplatz steht. Das ist keine Bitte, haben Sie mich verstanden?“
Die Stimme des Mannes nahm einen jämmerlichen Tonfall an. „Woher soll ich wissen, welcher Wagen ihm gehört? Wir haben
Weitere Kostenlose Bücher