Der Engelmörder - Spindler, E: Engelmörder
er eine Flasche Corona, reichte sie M.C. und öffnete dann für sich ebenfalls eine Flasche.
„Erst das Eis und jetzt ein Bier? Oh bitte, Michael.“
„Du kannst das nicht beurteilen, solange du es nicht selbst versucht hast. Wie kommen die Ermittlungen voran?“
„Wir arbeiten wie die Verrückten.“
„Ich habe gesehen, dass du eine neue Partnerin hast. Diese Frau da.“
„Kitt Lundgren. Sie leitet den Fall.“
„Oh, das tut mir leid.“
M.C. reagierte mit einem Schulterzucken und trank einen Schluck Bier. „Ihr wurde der Fall aus verschiedenen Gründen übertragen, aber es hat nichts damit zu tun, eine von unskönnte besser als die andere sein. Ich nehme es hin, wie es ist.“
Schweigend standen sie sekundenlang da, wobei ihr Bruder eindeutig darauf wartete, dass sie auf den Grund für ihren Besuch zu sprechen kam. Sie wusste, er würde ihr einige Fragen stellen, sobald sie mit der Wahrheit herausrückte.
In ihrer Familie war sie wahrlich nicht die einzige Verhörspezialistin.
„Ich kann heute nicht zum Abendessen kommen, und ich hatte gehofft, du könntest es Mama sagen.“
„Sorry, Mary Catherine, aber mittwochs kannst du nichts anderes vorhaben.“
„Sag ihr, ich habe ein Date.“
„Stimmt das? Du weißt, ich werde für dich nicht lügen.“
Das hatte er noch nie getan, nicht mal, als sie noch Kinder waren. Diese Ratte. „Ja.“
„Mit einem Typen?“
Als er sie angrinste, verpasste sie ihm einen Schlag auf den Arm. „Ja, mit einem Typen.“
„Bring ihn mit. Ich bin mir sicher, der Rest der Familie würde ihn genauso gern kennenlernen wie Mama.“
„Das kann ich mir gut vorstellen, aber es könnte sein, dass ich mich nach heute noch mal mit ihm treffen möchte.“
„Erzählst du mir was über ihn?“
„Noch nicht.“
„Wenigstens seinen Namen?“
„Noch nicht.“ Sie lächelte. „Tut mir leid.“
„Sag mir wenigstens, ob es ein italienischer Name ist. Dann kann ich Mama immerhin etwas ausrichten.“
M.C. musste lachen und trank einen Schluck Bier. „Ohja, der Name ist so italienisch, er könnte gar nicht italienischer sein.“
Der Rest war zwar ganz und gar nicht italienisch, doch das musste Michael nicht erfahren.
Jener spielte mit seiner Bierflasche und machte einen nachdenklichen Eindruck. „Magst du diesen Typen?“
„Weiß ich noch nicht. Kann schon sein.“
„Du gehst nicht oft aus, Mary Catherine“, meinte er und schürzte die Lippen. „Pass bitte auf.“
Ihr ging Lance’ Bild durch den Kopf, und wieder konnte sie sich nicht ernst halten. „Ich bin ein Cop, Michael. Ich kann mich zur Wehr setzen, ich habe einen Schwarzen Gürtel, und ich trage eine geladene Glock mit mir herum. Du musst dir keine Gedanken machen, wenn ich ein Date habe.“
Er blieb ernst. „Wir beide wissen, dass man auf eine Weise verletzt werden kann, gegen die eine Waffe genauso wenig hilft wie ein Selbstverteidigungskurs.“
Tränen stiegen ihr in die Augen. „Das ist nett von dir, Michael“, sagte sie und drückte ihn an sich. „Ich habe dich auch lieb.“
Michael hatte recht. Sie ging tatsächlich nicht oft aus. Das war früher nicht anders gewesen. Vermutlich war sie so sehr damit beschäftigt gewesen, gegen ihr Geschlecht zu rebellieren, dass sie nie größeres Interesse an Männern gezeigt hatte – zumindest nicht dieses überwältigende Interesse, das manche Frauen an den Tag legten. Vielleicht hatte sie ja auch zu heftig rebelliert, sodass die Männer nicht an ihr interessiert gewesen waren.
So oder so waren ihre Erfahrungen auf diesem Gebietrecht dürftig. Andererseits war sie nicht völlig unerfahren. Sie war ausgegangen, sie hatte ein paar längere Beziehungen hinter sich, und was Sex anging, war sie auch keine Anfängerin.
Dennoch fragte sie sich, während sie über den Parkplatz vor dem Buchladen ging, wieso zum Teufel sie nur damit einverstanden gewesen war, mit Lance auszugehen. Sie sollte jetzt im Department sein und mit Kitt den Fall durchgehen, anstatt sich zu einem Date mit einem Typen zu schleichen, über den sie praktisch nichts wusste, außer dass er sie zum Lachen bringen konnte.
Sie hatten vereinbart, sich im Café in der Buchhandlung zu treffen. Es war ein neutraler Treffpunkt, und M.C. musste ihm anrechnen, dass er damit einverstanden gewesen war. Als sie das Geschäft betrat, fiel ihr auf, dass für einen Mittwochabend recht viel los war. Zielstrebig ging sie zum Café.
Lance war vor ihr eingetroffen und saß an einem Tisch, von dem aus er
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