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Der Engelspapst

Der Engelspapst

Titel: Der Engelspapst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jorg Kastner
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geforderte Geld erhalten, das uns für Hunger, Kälte, Regen und Mühsal entschädigt, werden wir von Rom abmarschieren, ohne dass auch nur einem Menschen in der Stadt ein Leid geschehen ist.» Handelte es sich auch um bedeutungsschwere Worte, blieb Sebastian Schertlin dabei doch so ruhig, als habe er lediglich einen Becher Wein und ein Stück Fleisch bestellt.

    Der Papst beugte sich vor, und ein lauernder Ausdruck trat in sein Gesicht. «Und was habt Ihr für den Fall anzukündigen, dass wir Eurer unverschämten Forderung nicht nachkommen?»
    «Wir werden diese Stadt einnehmen und zerstören, und alle, die in ihr wohnen, werden sterben. Mit ihrem Hab und Gut ist unser Sold gesichert.»
    «Und Ihr meint, wir werden uns nicht verteidigen?»
    «Ihr werdet uns nicht lange standhalten», antwortete Schertlin in einem Tonfall, in dem man unverrückbar feststehende Tatsachen verkündet. «Fünf oder zehn von uns kommen auf einen von euch. Wir haben nichts zu verlieren, sind hungrig und wollen endlich unseren Sold.»
    «Wenn Ihr die Summe erhaltet, ist der Rückzug Eurer Truppen dann gewiss?»
    Der Hauptmann nickte. «Der Prinz von Oranien und der Herzog von Bourbon verbürgen sich dafür.»
    Clemens stieß einen schweren Seufzer aus. «Eure Forderung ist ungerecht und überzogen, aber wir wollen ein Blutvergießen vermeiden und erklären uns bereit, zweihunderttausend Scudi an Eure Männer auszuzahlen.»
    «Dreihunderttausend!»
    «Das ist zu viel!», rief der Papst voller Wut. Jede Selbstbeherrschung war von ihm abgefallen.
    «Eher zu wenig in Anbetracht der Strapazen, die wir auf uns nahmen, um nach Rom zu kommen.»
    «Niemand hat Euch gerufen!»
    «Und doch sind wir hier, und nur mit dreihunderttausend Scudi in den Taschen gehen wir wieder fort.»
    «Ihr seid unverschämt!»
    «Und in der Überzahl.»
    Clemens sank auf seinen Stuhl zurück und sagte leise:

    «Dreihunderttausend Scudi können wir nicht aufbringen. Nehmt die angebotenen zweihunderttausend oder versucht Euer Glück in der Schlacht.»
    «Das werden wir, und das Glück wird mit uns sein.»
    «Aber nicht Gott!», schrie der Heilige Vater durch den Saal, und es klang wie ein Fluch. Ein paar der spanischen und italienischen Hauptleute zuckten unübersehbar zusammen.
    Da trat der Vermummte vor und streifte seine Kapuze ab. Der Anblick seiner harten Züge zog Kardinäle, Bischöfe, Ritter und Soldaten gleichermaßen in den Bann. Sie alle starrten ihn an wie eine Ausgeburt des Teufels. Und seine Stimme, kalt und klirrend wie zwei zusammentreffende Klingen, unterstrich diese Wirkung noch: «Eure Heiligkeit mögen gestatten. Es gibt für Euch eine Möglichkeit, die fehlenden hunderttausend Scudi auszugleichen.»
    Der Auftritt des Mannes war umso wirkungsvoller, als er sich bislang völlig ruhig verhalten hatte. Es war, als sei ein Dämon aus dem Nichts aufgetaucht und mitten unter die Versammelten gefahren. Auch der Heilige Vater, unser Papst, war weit davon entfernt, seine ruhige, überlegene Haltung zurückzugewinnen.
    «Sprecht!», forderte er den Fremden, der sich nicht einmal vorgestellt hatte, mit krächzender Stimme auf.
    «Verzeiht meine Vorsicht, aber was ich zu sagen habe, ist allein für die Ohren Eurer Heiligkeit bestimmt.»
    Diese Worte trugen dem Mann in der dunklen Kutte missmutige, wenn nicht feindselige Blicke der kaiserlichen Hauptleute ein, doch keiner von ihnen wagte es, seinen Unmut in Worte oder gar Taten zu kleiden.
    Auch das Gesicht des Papstes verfinsterte sich. «Ihr und Eure Begleiter habt mich schon genug verhöhnt, so braucht Ihr auch jetzt keine Rücksicht zu nehmen. Sagt ruhig vor allen, was Ihr vorzubringen habt.»

    Statt zu antworten, trat der Unbekannte flink unter den Baldachin und beugte sich über den Heiligen Vater. Kaspar Röist, Herkules Göldli und ich sprangen augenblicklich hinzu, die beiden Erstgenannten mit gezücktem Schwert, ich mit der Hellebarde, deren Spitze ich gegen den Hals des Fremden drückte.
    «Rührt Euch nicht, sonst stoß ich zu!», fuhr ich ihn an und war bereit, meine Warnung mit Blitzesschnelle in die Tat umzusetzen.
    Meine übrigen Kameraden hatten ihre Klingen gegen die Hauptleute gerichtet, und für bange Augenblicke sah es so aus, als sollte die Unterhandlung in einem Gemetzel enden.
    Der schwarz Gewandete verzog den Mund zu einem schiefen, freudlosen Lächeln. «Deine Entschlossenheit ehrt dich, Schweizer, aber ich habe nicht vor, Seiner Heiligkeit Gewalt anzutun. Ich bin nicht einmal bewaffnet.

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