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Der Engelspapst

Der Engelspapst

Titel: Der Engelspapst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jorg Kastner
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Mantel gehüllt war und noch dazu einen Rapphengst ritt. Mantel und Fell waren von derselben Nachtschwärze, sodass mir Reiter und Ross als ein einziges Wesen erschienen, wie ein Kentauros. Und obgleich mir ein Blick in das Gesicht des schwarz Gewandeten verwehrt blieb, spürte ich Gefahr von ihm ausgehen. Mir war, als drücke ein unsichtbares Schwert gegen meine Kehle.
    Als Knechte herbeigelaufen kamen, die Pferde zu halten, und die Unterhändler aus den Sätteln stiegen, verrutschte für einen Augenblick die Kapuze des Schwarzen, und es war ein Anblick, der mich schaudern machte. Ein hartes, entschlossenes Gesicht mit scharfen Kanten und tiefen Falten. Gnadenlos stachen zwei dunkle Augen, in denen ein Höllenfeuer loderte, aus dem erschreckenden Antlitz. Unsere Blicke kreuzten sich kurz, und ich senkte den meinen. Als ich erneut zu den Unterhändlern spähte, hatte der Fremde sein Gesicht wieder verhüllt.
    Ich ließ die Furcht erregende Gestalt nicht aus den Augen, als wir die Gesandtschaft zu Papst Clemens führten. Unser Hauptmann höchstselbst, der mir wohlgesinnte Herr Kaspar Röist aus meiner Heimat Zürich, kommandierte die Begleitung.
    Der Heilige Vater erwartete uns unter der Bewachung getreuer Kameraden, an deren Spitze Herkules Göldli stand. Clemens VII. verharrte ruhig unter dem Baldachin aus rotem Damast, von dem goldene Fransen hingen. In würdevoller Haltung saß er, umringt von Kardinälen und Bischöfen, edelblütigen Herren und Sekretären, auf seinem mit rotem Samt bezogenen Stuhl, die edlen Züge vollkommen gelassen. Fast spöttisch schienen seine Mundwinkel zu zucken, als die rauen Kriegsleute in seiner Gegenwart ihre Schritte verlangsamten, so als wüssten sie nicht recht, ob sie sich ihrem geistigen Oberhaupt oder dem Erzfeind ihres Kaisers gegenübersahen.
    Keiner der Gesandten hatte, wie die Sitte es erfordert hätte, Mütze und Handschuhe im Vorzimmer abgegeben, und keiner war an der Schwelle zum Konsistorium auf die Knie gesunken.
    Jetzt aber, im Angesicht Seiner Heiligkeit, besannen sich zumindest einige der Feinde auf ihre Christenpflicht. Sie entblößten ihre Häupter, fielen vor dem Papst auf die Knie und küssten seine Füße, die auf einem roten Tuchkissen ruhten. Die das taten, waren durchweg spanischer und italienischer Abkunft, während die von Luthers Ketzereien verseuchten Deutschen dem Heiligen Vater die Ehrerbietung verweigerten.
    Und auch der Vermummte traf keine Anstalten, das Haupt der Christenheit gebührend zu grüßen. Aufrecht und starr wie eine Säule stand er im Hintergrund, als ginge ihn all das nichts an.
    Aus der Gruppe deutscher Hauptleute löste sich ein Mann von vielleicht dreißig Jahren und annehmbarem Aussehen, dessen Kleider trotz des langen Marsches recht sauber und heil erschienen. Er trat vor den Papst und stellte sich in durchaus verständlichem Italienisch als Sebastian Schertlin vor, was allgemeinen Eindruck machte. Ich hatte bereits von dem erfahrenen Soldaten gehört, der sein Handwerk beim alten Frundsberg erlernt hatte. Als studierter Mann verstand der Herr Schertlin sich auf den Umgang mit dem Federkiel ebenso wie auf die Handhabung des Schwertes – was ich mir selbst in aller Bescheidenheit auch zubilligen möchte. Er hatte bei der Vertreibung des Herzogs Ulrich von Württemberg ebenso wie bei der Niederwerfung der deutschen Bauern mitgetan, hatte in den Türkenkriegen und bei Pavia gefochten und war für seine großen Taten in jener bekannten Schlacht zum Ritter geschlagen worden.
    Vor dem Papst war er so kühn wie im Felde, unverblümt verlangte er die Zahlung von dreihunderttausend Scudi «als Lohn für meine wackeren Soldaten und die Gefolgschaft meiner Kameraden hier», wie er sich auszudrücken beliebte.
    «Als Lohn, sagt Ihr?» Papst Clemens beobachtete ihn mit unverhohlenem Spott. «Nun, wir wüssten nicht, warum wir die Söldner entlohnen sollten, die Kaiser Karl angeworben hat, um den Frieden der Christenheit zu stören. Uns und der Kirche haben sie wohl kaum einen Dienst erwiesen.»
    Der Hauptmann Schertlin erwiderte ruhig und ernst: «Nicht für einen bereits geleisteten Dienst verlangen wir den Lohn, sondern für einen, den wir noch erbringen werden.»
    «Ihr sagt seltsame Dinge, Hauptmann.» Clemens blickte in die Runde und erntete von den Mutigsten seiner Gefolgschaft ein pflichtschuldiges Lächeln. «Gewiss könnt Ihr uns sagen, worin dieser wichtige zukünftige Dienst bestehen soll.»
    «Das ist leicht erklärt: Wenn wir das

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