Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Engelspapst

Der Engelspapst

Titel: Der Engelspapst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jorg Kastner
Vom Netzwerk:
Atems des Heiligen Geistes wehte eine dichte, klebrige Staubwolke durch den Kirchenstaat.
    In einem waren sich Römer und Touristen einig: Die Piazza Navona war der schönste Platz der Welt, zumindest wenn die Sonne schien. Aber selbst jetzt, wo graue Wolken schwer auf Rom lasteten, war der große Platz mit den drei Brunnen von besonderem Charme; es schien, als hätten die Gebäude rings um die ehemalige Arena des Kaisers Domitian für trübe Tage wie diesen warmes Sonnenlicht gespeichert. Die Fassaden der meisten Häuser waren in jenem typisch römischen, leicht verwaschenen, zuweilen ins Orange spielenden Ocker gehalten, das keine Sonne brauchte, um warm und heiter zu wirken.
    Die fröhliche Stimmung sprang auf die Menschen über. Obwohl es für die Jahreszeit viel zu kühl war, tummelten sie sich rund um die Brunnen wie an einem heißen Sommernachmittag. Vor den Cafés standen Tische und Stühle. Man hatte sogar Sonnenschirme aufgestellt, unter deren Dächern die pilzförmigen Gasheizer brannten und die Gäste mit wohliger Wärme einhüllten.
    Alexander schlenderte quer über den Platz und genoss die gelöste Atmosphäre. Er hatte Zeit, war eine halbe Stunde zu früh dran. Erwartungsgemäß saß Elena Vida noch nicht im Café di Colombia. Er nahm draußen am Rand der Piazza Platz und bestellte eine Caffe latte. Das Café lag mittig an der östlichen Längsseite des Platzes, gegenüber dem Vierströmebrunnen und der Kirche Sant’Agnese in Agone, deren nach innen gewölbte Fassade die westliche Längsseite der Piazza prägte.
    Er sah den Touristen und Einheimischen zu, die sich hier einträchtig entspannten, den Malern, die zwischen dem Vierströme- und dem Neptunbrunnen vor ihren Staffeleien auf Kundschaft warteten, und den Taschendieben, die auf der Jagd nach arglosen Opfern mit verstohlen-suchenden Blicken hin und her tigerten, ein jeder auf dem engen Raum seines eifersüchtig verteidigten Reviers. Ab und zu flatterten von einem Brunnen Tauben auf, erschreckt von einer heftigen Bewegung oder angelockt von einem fallen gelassenen Stück Brot.
    Ein Traum in Weinrot verstellte Alexander den Blick, als er den letzten Rest seines Milchkaffees trank. Elena Vidas Termin hatte offenbar nicht gerade in niedersten Kreisen stattgefunden, sonst hätte sie kaum das elegante Wollkostüm mit dem farblich passenden Top gewählt. Lässig und doch schmeichelnd umspielte der Stoff ihren wundervollen Körper. Ihre Pumps hatten dieselbe Farbe wie das Kostüm und in ihrer Halskette wechselten sich Silberglieder mit rötlichen Holzperlen ab. Selbst der Lippenstift war weinrot.
    «Darf ich mich setzen, Signor Rosin?»
    Er sprang auf, rückte ihr einen Stuhl zurecht und sagte: «Sie waren schon mal bei Alexander, Signorina.»
    «Und Sie sollten sich an Elena gewöhnen, Alexander.» Sie lächelte unverbindlich und kramte in ihrer schwarzen Umhängetasche. «Ich habe mich etwas verspätet, aber als ich an dem Spielzeugladen hinten am Mohrenbrunnen vorbeikam, konnte ich nicht widerstehen. Ist er nicht süß?» Sie zog einen zwanzig Zentimeter großen Teddybären hervor, einen Winnie-the-Pooh, der ein blauweiß gestreiftes Nachthemd und eine Schlafmütze mit demselben Muster trug. Unter dem rechten Arm klemmte ein Kissen, mit der linken Pfote winkte er fröhlich. Elena nahm eine kleine Schere aus einem schwarzen Etui und schnitt das Preisschild ab. Strahlend hielt sie den Teddy hoch. «So, mein Kleiner, jetzt brauchst du nicht mehr zu fürchten, dass du umgetauscht wirst!»
    Als sie Alexanders irritierten Blick bemerkte, gluckste sie:
    «Mein Hobby, ein Spleen, wenn Sie so wollen. Haben Sie keine Hobbys, Alexander?»

    «Derzeit habe ich für Hobbys weder Zeit noch Laune.»
    Elena legte Winnie-the-Pooh sorgsam zurück in die Tasche und bestellte eine Cola.
    «Zwei», rief Alexander dem Kellner nach.
    Als er sich wieder der Journalistin zuwandte, war jede Fröhlichkeit aus ihren Zügen verschwunden. Neugierig, aber kühl schaute sie ihn an.
    «Mein Auftritt gestern bei der Presseerklärung hat Sie also irritiert. Warum?»
    «Nun, Ihre Bemerkung über diese früheren Vorfälle, bei denen der Heilige Vater, hm, sagen wir, seltsame Fähigkeiten gezeigt haben soll, war ja wohl reichlich irritierend, selbst für den Vatikansprecher.»
    «In der Tat.» Elena grinste schelmisch. «Monsignore Wetter-Dietz persönlich hat nach seinem abgebrochenen Auftritt beim Herausgeber des Messagero angerufen und sich über mich beschwert.»
    «Mit

Weitere Kostenlose Bücher