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Der Engelspapst

Der Engelspapst

Titel: Der Engelspapst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jorg Kastner
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kleines Kreuz, und er hatte es schon einmal gesehen. Zumindest eins, das diesem exakt glich.
    «Was haben Sie, Signore? Warum sehen Sie mich so seltsam an?»
    «Ich kenne diesen Anhänger. Raffaela Sini hat auch so einen getragen.»
    «Jedes Mädchen, das bei den Weißen Tauben aufgenommen wird, bekommt eine Kette mit so einem Anhänger geschenkt. Es ist der einzige Schmuck, den wir tragen dürfen. Er soll uns stets daran erinnern, dass wir die Gebote des Herrn zu beachten haben.» Sie rückte ein Stück von ihm ab. «Woher kennen Sie Raffaela? Sie sind doch neu hier, und Raffaela ist … tot.»
    «Ich habe sie im Vatikan getroffen.»
    Abrupt stand Loredana auf. Misstrauen flackerte in ihren Augen – und Furcht. Dieselbe Furcht, die auch in Raffaelas Blick gelegen hatte, als er sie im Magazin ansprach?
    «Im Vatikan? Ich glaube nicht, dass Sie der neue Gärtner sind!»
    «Okay, ich habe gelogen.»
    «Warum?», fragte sie und wich zwei Schritte zurück.
    «Weil ich unbedingt mit Ihnen sprechen muss, über Raffaela.»
    «Über … Raffaela?», keuchte sie, und Panik verzerrte ihr Gesicht. «Lassen Sie mich in Ruhe. Kommen Sie bloß nicht näher!»
    Zu spät, Alexander hatte schon einen Schritt auf Loredana zu gemacht. Sie drehte sich um und lief ins Unterholz, ohne auf die Zweige zu achten, die ihr ins Gesicht peitschten und an ihrem Kleid und ihrem Haar zerrten. Dabei kreischte sie immer wieder etwas, das Alexander nur sehr undeutlich als «Mööördeeer!»
    identifizierte.
    Hier konnte er nichts mehr gewinnen. Er lief zurück zu seinem Wagen, suchte ein paar endlose Sekunden nach dem Schlüssel und war froh, als der Motor beim dritten hastigen Startversuch ansprang. Mit quietschenden Reifen schoss der Lancia auf die altehrwürdige Via Appia, und Alexander stieß einen ganzen Schwall von Flüchen aus.
    Als er den Flughafen Ciampino passierte, von dem der Papst zu seinen Auslandsreisen aufbrach, hatte er sich weitgehend beruhigt. Er hatte seinen Vornamen genannt und sich als Schweizer zu erkennen gegeben, na und? Selbst wenn das Mädchen oder die Heimleiterin sich an die Polizei wandte, hatte er nichts zu befürchten. Er konnte seinen Abstecher zu den Weißen Tauben begründen; dass er dort gewesen war, änderte nichts an dem Alibi, das dieser Spartaco Negro ihm verschafft hatte.
    Auf der gut ausgebauten Fernstraße 7, in die sich die Via Appia verwandelt hatte, fuhr er den Bergen entgegen, einer Reihe dunkler Riesen, deren Umrisse im milchigen Licht verschwammen. Wäre es weniger bewölkt gewesen, hätte er zur Rechten das Meer gesehen. Immer wieder säumten Relikte der Aquädukte, die das antike Rom mit frischem Wasser aus den Albaner Bergen versorgt hatten, die Straße, Teilstücke altrömischer Baukunst, die im Morgendunst etwas von versteinerten Dinosauriern hatten. Noch vor Castel Gandolfo bog er nach links von der 7 ab und suchte sich an mehreren kleinen Bergdörfern vorbei einen Weg zu der Panoramastraße, die rund um den Lago Albano führte. Die Dörfer wirkten ausgestorben, die in Ocker und Orange gehaltenen Häuser wie seit den Tagen der Cäsaren verlassen. Er umrundete das Nordufer des Vulkansees und lenkte den Lancia, als die eben noch gut befahrene Straße in mehreren kleinen Wegen versickerte, auf einen grobkiesigen Seitenstreifen.
    Um ein wenig frische Luft zu schnappen und sich zu orientieren, stieg er aus. Als er sich reckte und streckte, merkte er erst, wie verkrampft er seit seiner überstürzten Abfahrt vom Heim der Weißen Tauben hinter dem Lenkrad gesessen hatte.
    Überall an seinen Kleidern klebten Erdreich und Gras.
    Notdürftig klopfte er sich ab, dann blickte er suchend über den See. Aus dem glatten silbergrauen Gewässer, das einem beschlagenen Spiegel ähnelte, stieg Nebel auf, der mit den dicht bewaldeten Hängen zu einer dunklen, bedrohlichen Masse verschmolz.
    Gegenüber, am südwestlichen Ufer, lag Castel Gandolfo, die päpstliche Sommerresidenz. Oft hatte er dort Wache gestanden, wenn der Heilige Vater die kühlere Bergluft der drückenden Sommerhitze, die in Roms Straßen brütete, vorgezogen hatte.
    Bei gutem Wetter konnte man von hier aus nicht nur das Bergdorf mit der alles überragenden Papstresidenz sehen, sondern dahinter in der Ferne auch die Ewige Stadt. Doch der Papst, den Alexander hierher begleitet hatte, war tot, Rom von einer dunklen Wolke verschluckt und Castel Gandolfo nur ein verschwommener Fleck, die blanke Kuppel der päpstlichen Sternwarte kaum zu erahnen.
    Sosehr

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