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Der Engelspapst

Der Engelspapst

Titel: Der Engelspapst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jorg Kastner
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Folge, und davor fürchten sich die Menschen am meisten. Der Engelspapst wird gegen mächtige Feinde antreten müssen. Die, die im Namen Jesu und seines Vaters ihre eigenen Gesetze verkünden, werden sich dagegen wehren, die Macht aus den Händen zu geben. Mit allem, was ihnen zur Verfügung steht.
    Aber vielleicht gibt es Menschen, die das Schlimmste verhindern können, vielleicht …»
    Pater Borghesi entglitt Alexanders Griff und sackte auf dem Felsblock in sich zusammen. Er drehte sich von dem Schweizer weg, und abermals verließ sein Blick das Hier und Jetzt. Er schien alles gesagt zu haben und nicht gewillt, auch nur noch ein Wort hinzuzufügen.
    Eine ganze Weile stand Alexander starr und stumm neben Borghesi und bemühte sich, Ordnung in seine Gedanken zu bringen. Der Pater hatte in kurzer Zeit mehr auf ihn einprasseln lassen als ein ganzes Jahr theologischer Kurse. Mehr, Verwirrenderes und Beängstigenderes. Alexander suchte nach logischen Argumenten, nach einem Schwert, mit dem er das Gespinst aus Prophezeiungen und Deutungen zerschlagen konnte, aber falls es in Borghesis Ausführungen einen wunden Punkt gab, fand er ihn nicht.
    Irgendwann erhob sich der alte Geistliche und sagte: «Der Wind frischt auf, mich fröstelt. Lass uns zurückgehen. Du bist gekommen, um das Vermächtnis deines Onkels zu empfangen.»
    Entgegen Alexanders Erwartung ging der Pater nicht in die Kirche. Er steuerte auf den Glockenturm zu und zog einen großen, rostigen Schlüssel aus einer Tasche seiner Soutane. Es knarrte und knackte in dem alten Schloss, als Borghesi die Turmtür aufsperrte. Myriaden von Staubteilchen tanzten im einfallenden Licht, aufgewirbelt von dem Luftzug. Sie kitzelten Alexanders Nase und reizten ihn zum Niesen, während er dem Pater über eine bröckelige Treppe nach oben folgte.
    Das Vermächtnis seines Onkels verborgen in einem alten Glockenturm? Er hätte es als grotesk empfunden, wäre das, was Borghesi ihm während der letzten beiden Stunden erzählt hatte, nicht tausendmal grotesker gewesen.
    Der Geistliche blickte sich kein einziges Mal zu ihm um, bis er endlich im Glockenstuhl stehen blieb, über sich das bronzene Ungetüm von Kirchenglocke, das schon seit langem keine Gläubigen mehr zur Messe gerufen hatte. Der Pater bückte sich und machte sich an einer der hölzernen Bodenplatten zu schaffen, die er hochhob und neben sich ablegte. Darunter befand sich ein Hohlraum, in dem ein schmuckloser Metallkasten ruhte. Mit dem am Deckel sitzenden Griffring ähnelte er einer Geldkassette. Als Borghesi sich mit dem Kasten erhob, war seine Soutane an Ärmeln und Knien voller Staub.
    «Das hat dein Onkel mir zur Aufbewahrung gebracht.»
    «Mit dem Auftrag, mir die Kassette zu übergeben, falls ihm etwas zustößt?»
    «Davon hat er nichts gesagt. Aber wem sollte ich sie geben, wenn nicht dir?»
    «Was ist da drin?»
    Borghesi schien kurz zu zögern und sagte dann: «Keine Ahnung.»
    Alexander wollte den Deckel hochheben, aber die Kassette war verschlossen.
    «Wo ist der Schlüssel, Hochwürden?»
    «Vermutlich hatte Oberst Rosin ihn. Mir hat er ihn nicht anvertraut.»
    «Hat er wirklich nichts über den Inhalt gesagt?»
    «Kein Wort.»
    «Wie kam er dazu, diesen Kasten ausgerechnet Ihnen zu geben?»
    «Ich war einmal sein Beichtvater, wie du weißt. Er hat jemanden gesucht, dem er vertrauen konnte. Und es war ihm wichtig, dass dieser Jemand nicht im Vatikan lebt.»
    «Und wann hat er Ihnen die Kassette überlassen?»
    «Am vorletzten Donnerstagabend. Da hat er mich überraschend besucht.»
    «Aber das war der Abend, an dem er starb!»
    «Ja.»
    «Und Sie haben der Polizei nichts davon gesagt, Hochwürden?»
    «Welcher Polizei? Die römische Polizei hat mit Oberst Rosins Tod nichts zu schaffen, und da ich nicht mehr im Vatikan lebe, habe ich mit der Vigilanza nichts zu tun. Wenn diese Kassette etwas enthält, das du den Sicherheitsbehörden im Vatikan vorlegen willst, dann tu es.»
    Alexander nahm ihm die Kassette ab und sah sich suchend im Glockenstuhl um. «Gibt es hier Werkzeug, vielleicht ein Brecheisen?»
    Borghesis Gesicht verfinsterte sich. «Nein, öffne sie nicht hier.
    Nimm sie mit, so wie sie ist!»
    «Wollen Sie nicht wissen, was sie enthält?»
    «Ich weiß schon viel zu viel», murmelte der Pater und hob den Kopf. «So viel, dass der Herr mir schwerlich verzeihen kann.»
    In diesem Augenblick fuhr ein kräftiger Windstoß durch das Gestühl und setzte das Glockenwerk in Bewegung. Es gab einen

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