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Der Engelspapst

Der Engelspapst

Titel: Der Engelspapst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jorg Kastner
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pulvis, cinis et nihil.
    Mea culpa, mea culpa, mea maxima culpa. »
    «Ist deine eigene Schuld, wenn du gleich toter Staub und tote Asche bist», drohte der Unbekannte. «Ein totes Nichts!»
    Er beugte sich über den Geistlichen, wand die Lederschnüre der Geißel um dessen dürren Hals und zog sie zusammen, bis die Atemzüge in einem verzweifelten Röcheln erstarben. Fast sah es so aus, als wollte der alte Pater sich erdrosseln lassen.
    Doch plötzlich, als das schon verlöschende Leben noch einmal die Oberhand gewann, rollte er wild mit den Augen und stieß ein undeutliches, von heftigem Würgen begleitetes Gestammel aus.
    «Na endlich!» Der Unbekannte lockerte die Schnüre.
    «Beantworte meine Frage und du bleibst am Leben! Was ist mit Alexander Rosin?»
    Borghesi lehnte sich mit dem blutigen Rücken gegen das Jesusmosaik am Altar und keuchte: «Alexander Rosin ist …»
    «Ja?»
    «… ein guter Mann!», rief Borghesi und stieß sich mit aller Kraft, über die er noch gebot, vom Altar ab.
    Er hatte den anderen durchschaut. Er war doch ein Dämon, und zwar der schlimmste von allen – ein Mensch. In dem Gesicht standen Verachtung und Mitleidlosigkeit geschrieben.
    Was auch immer er diesem Mann sagte, der würde ihn nicht am Leben lassen. Er hing nicht am Leben, doch zumindest sah er jetzt einen Sinn in seiner Existenz: Er musste Alexander Rosin warnen!
    Mochte der Unbekannte auch viel kräftiger sein, Borghesis Ausbruch war so überraschend erfolgt, dass der Mann das Gleichgewicht verlor und nach hinten taumelte. Er stieß mehrere der gusseisernen Kerzenständer um, sodass sie mit lautem Klirren auf die Steinplatten fielen. Augenblicklich fingen die alten Wandteppiche Feuer.
    Borghesi wollte weglaufen, aber eine Hand schoss vor und packte ihn am Fußgelenk. Der Pater schlug hart mit der Stirn auf den Boden und für einen Augenblick war nur Schwärze um ihn herum. Als er wieder einigermaßen klar sehen konnte, züngelten bereits an allen Wänden Flammen empor. Von den Teppichen sprangen sie auf das alte, trockene Gebälk über.
    Der Dämon erhob sich und griff nach einem Kerzenständer.
    «Du hast deine Chance verspielt, alter Narr! Und was nützt es dir? Du stirbst, und Rosin haben wir auch.»
    Immer wieder schlug er mit dem schweren Eisen zu, bis der Pater ein regloser Fleischklumpen war.
    Inzwischen hatte sich die Kapelle in ein Flammenmeer verwandelt. Der große Mann ließ den Kerzenständer fallen und lief hinaus, bevor die Feuerzungen auch nach dem Holz der Kirche leckten.
    Eine schwarze Rauchwolke stieg aus dem Krater empor. Kurz nachdem Alexander aus dem Lancia gesprungen war, hatte der Bulldozer den Wagen erreicht und in den Abgrund gestoßen.
    Eine Explosion hatte das Fahrzeug zerstört – und mit ihm Heinrich Rosins geheimnisvolles Vermächtnis, wurde es Alexander schmerzlich bewusst.
    Dem Fahrer des Bulldozers war wegen der großen Staubwolke offenbar entgangen, dass der Schweizer den Wagen verlassen hatte. Aber der Mann auf der Straßenwalze hatte es mitbekommen. Er hatte den Stahlkoloss gestoppt und schoss, eine Automatik im Beidhandanschlag, aus dem Führerhaus auf ihn.
    Alexander widerstand dem ersten Impuls, hinter dem nächsten Erdhaufen Deckung zu suchen. Was dann? Unbewaffnet, wie er war, hätte er zuschauen müssen, wie seine Gegner zur Treibjagd auf ihn bliesen. Also tat er etwas, das den Mann mit der Automatik so verwirrte, dass er für einige Sekunden das Feuer einstellte. Alexander sprintete in geduckter Haltung zurück über die Kiesstraße, geradewegs auf den ockerfarbenen Bulldozer zu.
    Dessen Fahrer, der sein Gefährt vor dem Abgrund angehalten hatte, begriff erst jetzt, als er die aufgeregten Zeichen seines Kumpans sah, dass etwas nicht stimmte, dass Alexander nicht mit dem Wagen in die Tiefe gestürzt war. Bei dem Dröhnen des Bulldozermotors und dem Krachen der Explosion hatte der Mann im offenen Fahrerhaus die Schüsse nicht gehört. Nun, da er die Gefahr erkannte, fuhr seine Rechte hastig unter die offene Windjacke.
    Alexander aber war schneller. Er sprang auf eine der metallenen Raupenketten, beugte sich vor, packte den rechten Arm des anderen und schlug den Ellbogen hart gegen eine Metallkante neben dem Fahrersitz. Die Pistole, die der Mann –
    ein sehniger, dunkelhäutiger Typ mit lockigem Haar und ungewöhnlich breitem Mund – hatte ziehen wollen, fiel zwischen seine Füße. Dass er sich nach der Waffe bückte, war ein Fehler. Ein Handkantenschlag ins Genick warf ihn vom

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