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Der Engelsturm

Der Engelsturm

Titel: Der Engelsturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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nicht darum gebeten habe«, warf Miriamel ein.
    Simon spürte einen kurzen, schmerzhaften Zorn, erinnerte sich aber an die Regeln der Ritterschaft und bezwang sich.
    »Obwohl du mich nicht darum gebeten hast«, wiederholte er und sah sie finster an. Sie schien es darauf angelegt zu haben, ihn zu verletzen, trotz all der Schrecken, die sie gemeinsam erlebt hatten. »Das ändert nichts an meiner Pflicht. Und, Binabik, während Miriamel nach dem Hochhorst will, heißt mein Ziel Swertclif. Dort liegt Hellnagel begraben, und Josua braucht es. Allerdings habe ich keine Ahnung, wie ich in die Burg hineinkommen soll, um auch Leid zu holen«, fügte er nachdenklich hinzu.
    Binabik lehnte sich zurück und stieß einen müden Seufzer aus.
    »Also will Miriamel nach dem Hochhorst, um ihren Vater zu bitten, den Krieg zu beenden, und du willst dorthin, um eines der Großen Schwerter für uns zu retten, und das ganz allein, nur deine eigene ritterliche Persönlichkeit?« Er beugte sich unvermittelt vor und bohrte den Rührstock in das im Topf schmorende Gebräu. »Merkt ihr denn nicht, wie unreif ihr beide euch anhört? Ich hätte gedacht, ihr wäret weiser geworden – nach so vielen Gefahren und Fast-Toden –, als dass ihr euch solche Aufgaben aufladen würdet.«
    »Ich bin ein Ritter und kein Kind mehr, Binabik.«
    »Das heißt nur, dass der Schaden, den du anrichten kannst, größer ist«, erwiderte der Troll, aber es lag etwas beinah Versöhnliches in seiner Stimme. »Wir wollen jetzt lieber essen. Trotz allem ist dies ein glückliches Wiedertreffen, auch wenn die Zeiten voller Unglücklichkeit sind.«
    Simon war froh, sich nicht länger streiten zu müssen. »Ja, essen wir. Und du hast uns auch immer noch nicht erzählt, wie du uns gefunden hast.«
    Binabik rührte seinen Eintopf noch einmal um. »Diese und andere Nachrichten, wenn ihr eure Mahlzeit eingenommen habt.« Mehr sagte er nicht.Als die Geräusche zufriedenen Kauens ein wenig nachgelassen hatten, leckte sich Binabik die Finger und atmete tief ein. »Nun, da eure Mägen gefüllt und wir hier in Sicherheit sind, habe ich bittere Neuigkeiten, die berichtet werden müssen.«
    Und während Simon und Miriamel mit wachsendem Grauen lauschten, schilderte der Troll den Überfall der Nornen auf das Lager und seine Folgen.
    »Geloë tot?« Simon schien es, als schwanke der Boden unter seinen Füßen. Bald würde es auf der Welt keinen sicheren Platz mehr geben. »Verflucht sollen sie sein, diese Dämonen! Wäre ich doch nur dort gewesen …«
    »Wahr mag es sein, dass ihr beide hättet dort sein sollen«, meinte Binabik milde. »Aber du hättest nichts ausrichten können, Simon. Alles ereignete sich mit großer Plötzlichkeit und Stille, und der Angriff hatte nur ein Ziel.«
    Wütend über sich selbst schüttelte Simon den Kopf.
    »Und Leleth.« Miriamel wischte sich die Tränen ab. »Das arme Kind – ihr ganzes Leben besteht nur aus Schmerz.«
    Eine Weile saßen sie in betrübtem Schweigen da, dann nahm Binabik wieder das Wort. »Lasst mich nun von etwas weniger Traurigem sprechen – davon, wie ich euch entdeckt habe. Eigentlich gibt es da nicht viel zu erzählen. Qantaqa war es, die den größten Teil der Suche übernommen hat. Sie besitzt eine Nase voller Schlauheit. Meine einzige Furcht war, dass wir zu weit zurückfallen – auf großen Entfernungen traben Pferde schneller als Wölfe – und die Gerüche zu alt werden könnten. Doch das Glück ließ uns nicht im Stich. Ich folgte euch bis zum Rand des Aldheorte, und dort stellte sich eine Zeitlang Verwirrung ein. Ich machte mir große Sorgen, euch zu verlieren, denn wir kamen nur langsam voran, und es regnete. Aber der klugen Qantaqa gelang es, auf eurer Spur zu bleiben.«
    »Dann warst du das also?«, fragte Simon plötzlich. »Der nachts im Wald um unser Lager schlich?« Der Troll sah ihn erstaunt an. »Ich glaube nicht, dass ich das getan habe. Wann ist es geschehen?«
    Simon beschrieb den geheimnisvollen Späher, der sich ihrem Lager genähert und dann ins Dunkel zurückgezogen hatte.
    Binabik schüttelte den Kopf. »Das war ich nicht. Ich würde auchnicht zu mir selbst gesprochen haben, obwohl ich vielleicht Worte zu Qantaqa gesagt hätte. Aber ich versichere dir«, stolz richtete er sich auf, »dass ein Qanuc niemals einen solchen Lärm machen würde. Schon gar nicht nachts im Wald. Sehr besorgt, keine Beute zu werden, sind wir Qanuc.« Er hielt inne. »Außerdem ist der Zeitpunkt nicht richtig. Wir waren noch

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