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Der Engelsturm

Der Engelsturm

Titel: Der Engelsturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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fühlte er sich nicht ganz so elend, wie er eigentlich gedacht hatte. Vielleicht hatte er ja länger als nur ein paar Stunden geschlafen, die Tageszeit war hier drinnen kaum zu erahnen. Simon sah sich suchend in der Höhle um. Wie lange hatten sie geruht? Die Pferde standen nach wie vor ruhig in ihrer Ecke. Auf deranderen Seite des Lagerfeuers bemerkte er Miriamels goldenes Haar, das unter ihrem Mantel hervorschaute.
    »Ah, Simon-Freund!«
    Er drehte sich um. Binabik kam den Gang zur Hauptkammer heraufgetrottet, die hohlen Hände vor sich ausgestreckt.
    »Sei gegrüßt«, sagte Simon, »und guten Morgen, wenn es Morgen ist.«
    Der Troll lächelte. »Es ist in der Tat diese Zeit, wenngleich die Tagesmitte bald zu uns kommen wird. Ich war soeben draußen im Wald, der voller Kälte und Nebel steckt – auf der Pirsch nach einem höchst flüchtigen Wild.« Er hielt die Hände hoch. »Pilze.«
    Der Troll setzte sich ans Feuer und schüttete seine Schätze auf einen flachen Stein, um sie zu sortieren. »Das hier ist eine Graukappe. Und das eine Kaninchennase – die viel besser schmeckt, glaube ich, als eine echte und sich mit weit weniger Unappetitlichkeit zubereiten lässt.« Er gluckste. »Ich werde sie kochen, und wir werden ein ungemein erfreuliches Frühstücken haben.«
    Simon grinste. »Ach, es tut gut, dich zu sehen, Binabik. Selbst wenn du uns nicht gerettet hättest, wäre ich froh, dich wiederzusehen.«
    Der Troll hob die Brauen. »Ihr habt beide viel dazu getan, euch selbst zu retten, Simon – und das ist ein Umstand voller Glück, denn du scheinst immer wieder in die merkwürdigsten Patschen zu geraten. Einmal hast du mir erzählt, deine Eltern seien einfache Leute gewesen. Doch mich dünkt, dass zumindest einer von ihnen gar kein Mensch war, sondern eine Motte.«
    Er lächelte spöttisch und wies auf das Feuer. »Immer fliegst du auf die nächste brennende Flamme zu.«
    »Ja, es sieht so aus.« Simon ließ sich auf einem Felsvorsprung nieder und rutschte vorsichtig hin und her, um die am wenigsten schmerzhafte Stellung zu finden. »Und wie geht es nun weiter? Wie hast du uns gefunden?«
    »Betreffend die Frage, wie es weitergeht« – Binabik runzelte angestrengt die Stirn, während er mit seinem Messer die Pilze kleinschnitt –, »lautet mein Vorschlag: Essen. Ich beschloss, dass es größere Güte wäre, euch schlafen zu lassen, als euch zu wecken. Nun aber müsst ihr voller Hungrigkeit sein.«
    »Großer Hungrigkeit«, bestätigte Simon.
    »Und hinsichtlich deiner anderen Frage denke ich, dass ich warten will, bis auch Miriamel erwacht. Denn so gern ich auch spreche, gelüstet es mich doch nicht, alle meine Geschichten zweimal zu erzählen.«
    »Wenn ihr mich wecken wolltet«, kam Miriamels ärgerliche Stimme aus den Schlafdecken, »dann habt ihr das mit eurem lauten Gerede hervorragend geschafft.«
    Binabik blieb ungerührt. »Dann haben wir Euch einen Gefallen erwiesen, denn schon bald werde ich eine Mahlzeit für Euch haben. Es gibt hier sauberes Wasser zum Waschen, und wenn Ihr hinausgehen möchtet, so habe ich mich dort mit Sorgfalt umgeblickt, und es scheint sich niemand dort herumzutreiben.«
    Miriamel stöhnte. »Mir tut alles weh.« Sie krabbelte mühsam aus ihren Decken, wickelte sich in ihren Mantel und stolperte aus der Höhle.
    »Morgens ist sie nie besonders fröhlich«, erläuterte Simon nachsichtig lächelnd. »Nicht ans frühe Aufstehen gewöhnt, nehme ich an.«
    Er war auch nie gern aufgestanden, aber ein Küchenjunge hatte wenig Einfluss darauf, wie früh er aus dem Bett springen oder wann er mit der Arbeit anfangen musste, und Rachel hatte stets sehr energisch betont, dass Faulheit die größte Sünde überhaupt sei.
    »Wer wäre schon voller Fröhlichkeit nach dem, was ihr gestern Abend erlebt habt?«, meinte Binabik stirnrunzelnd. Er warf die Pilze in einen Topf mit Wasser, gab ein Pulver aus einem kleinen Beutelchen hinzu und stellte den Topf dann ganz außen an den Rand der Glut. »Ich wundere mich, dass die Dinge, die du im vergangenen Jahr gesehen hast, dir nicht den Verstand geraubt oder dich zumindest so ängstlich gemacht haben, dass du unablässig zitterst.«
    Simon dachte einen Moment darüber nach. »Manchmal habe ich schon Angst. Manchmal kommt mir alles so groß vor – der Sturmkönig, der Krieg mit Elias. Aber ich kann immer nur das tun, was gerade vor mir liegt.« Er zuckte die Achseln. »Das Ganze werde ich ohnehin nie begreifen. Und sterben kann ich nur

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