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Der Engelsturm

Der Engelsturm

Titel: Der Engelsturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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eintraten und langsam durch den Schankraum gingen, folgten ihnen viele verstohlene Blicke. Die Männer schienen offensichtlich nach etwas oder jemandem zu suchen. Als die dunklen Augen des Anführers ihn trafen, empfand Simon eine jähe, hilflose Furcht. Aber der Mann hob nur eine Braue, als erheitere ihn Simons Schwert, und wandte dann seine Aufmerksamkeit einem anderen Gast zu.
    Simon fühlte sich unendlich erleichtert. Was immer die Männer suchten, er war es nicht. Ein Prickeln im Nacken ließ ihn herumfahren. Hinter ihm stand der Wirt mit einer zerkratzten Holzplatte. Er gab Simon Hammelfleisch und Brot, das dieser in sein Halstuch packte, und goss ihm dann das Bier in den Krug. Trotz der Sorgfalt, die diese Arbeit erforderte, ließ der Mann die Augen kaum eine Sekunde von den drei Neuankömmlingen, und seine Antwort auf Simons höflichen Dank kam zerstreut und unvollständig. Simon war froh, als er gehen konnte.
    Als er die Tür öffnete, sah er für einen Augenblick Miriamels blasses, besorgtes Gesicht in den Schatten der anderen Straßenseite. Hinter ihm durchschnitt eine laute, höhnische Stimme die Stille.
    »Ihr habt doch wohl nicht wirklich geglaubt, ihr könntet euch unbemerkt fortschleichen?«
    Simon erstarrte im Türrahmen und drehte sich dann langsam um. In der einen Hand hielt er sein Päckchen mit den Lebensmitteln, in der anderen – seiner Schwerthand – den Krug. Sollte er das Bier fallen lassen und das Schwert ziehen oder den Krug erst einmal nutzbringend einsetzen – zum Beispiel als Wurfgeschoss? Haestan hatte ihm ein paar Dinge über Wirtshausschlägereien erklärt, ihm aber hauptsächlich empfohlen, ihnen aus dem Weg zu gehen.
    Er vollendete die Drehung in der Erwartung, ein Meer von Gesichtern, darunter die drohenden Mienen der Feuertänzer, auf sich gerichtet zu sehen. Zu seiner Verblüffung stellte er jedoch fest, dass niemand auch nur einen Blick auf die Tür verschwendete. Stattdessen waren die drei Männer in den langen Gewändern vor einer Bank in der vom Feuer am weitesten entfernten Ecke stehen geblieben.
    Dort saßen ein Mann und eine Frau in mittleren Jahren, die hilflos und mit vor Entsetzen starren Gesichtern zu ihnen aufblickten.
    Der Anführer der Feuertänzer beugte sich vor, bis sein Kopf, hart und eckig wie ein Stein aus einer Kriegsschleuder, fast die Tischplatte berührte. Doch obwohl die Haltung Vertraulichkeit ausdrückte, redete er so laut, dass der ganze Raum ihn hörte. »Kommt schon. Ihr habt doch bestimmt nicht angenommen, ihr könntet einfach so weglaufen?«
    »M-Maefwaru«, stotterte der Mann, »wir … wir konnten nicht … wir dachten, dass …«
    Der Feuertänzer legte die dicke Hand auf den Tisch und brachte ihn so zum Schweigen.
    »Das ist nicht die Treue, die der Sturmkönig erwartet.« Er schien leise zu sprechen, und doch konnte Simon an der Tür jedes Wort verstehen. Alle übrigen Gäste im Raum beobachteten in unnatürlichem, gebanntem Schweigen den Vorgang. »Wir schulden ihm unser Leben, weil er uns mit einem Blick in die Zukunft und der Möglichkeit, an ihr teilzuhaben, beschenkt hat. Ihr könnt euch nicht von ihm abwenden.«
    Der Mund des Mannes bewegte sich, aber es kamen keine Worte heraus. Auch seine Frau schwieg, aber über ihr Gesicht rannen Tränen, und ihre Schultern zuckten. Offensichtlich versetzte die Begegnung sie in große Angst.
    »Simon!«
    Er drehte sich um und sah nach draußen. Miriamel stand nur wenige Schritte entfernt mitten auf der schlammigen Straße.
    »Was tust du da?«, fragte sie in einem lauten Flüsterton.
    »Warten.«
    »Simon, da drin sind Feuertänzer! Hast du sie nicht gesehen?«
    Er hob die Hand, damit sie nicht weitersprach, und fuhr wiederherum. Drinnen hatten die beiden großen Feuertänzer den Mann und die Frau gezwungen, von der Bank aufzustehen, und dabei die Frau, deren Beine sie nicht tragen wollten, quer über das rohe Holz gezerrt. Sie schluchzte jetzt laut. Ihr Gefährte, an beiden Armen festgehalten, konnte nur auf den Boden starren und unglücklich vor sich hin murmeln.
    Simon spürte, wie Zorn in ihm aufflammte. Warum half den beiden niemand? Hier saßen mindestens zwei Dutzend Männer, und die Feuertänzer waren nur zu dritt.
    Miriamel zupfte ihn am Ärmel. »Gibt es Ärger? Komm, Simon, wir wollen fort.«
    »Ich kann nicht«, erwiderte Simon leise, aber eindringlich. »Sie verschleppen die beiden Leute dort.«
    »Wir können es uns nicht leisten, uns hier einfangen zu lassen. Jetzt ist nicht der

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