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Der Engelsturm

Der Engelsturm

Titel: Der Engelsturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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unmöglich, sich inmitten von so viel Lärm, Bewegung und Panik an alles zu erinnern, das man ihm beigebracht hatte, aber er stellte erleichtert fest, dass er den Feuertänzer in Schach halten konnte, solange er es nur schaffte, sein Schwert zwischen sich und dem Gegner zu halten. Aber was sollte er tun, wenn der zweite Mann eingriff?
    Eine Art Antwort auf diese Frage erhielt er Sekunden später, als eine verschwommene Bewegung am Rand seines Gesichtsfeldes ihn warnte, sich zu ducken. Der Stock des zweiten Feindes sauste an ihm vorbei. Ohne sich umzudrehen, trat Simon einen Schritt zurück, fuhr dann herum und schwang mit aller Kraft das Schwert. Er traf den Mann hinter sich quer über den Arm und entlockte ihm einen zornigen Aufschrei. Der Feuertänzer ließ seinen Stock fallen und stolperte zur Tür. Er hielt sich den Unterarm. Jetzt wandte Simon seine Aufmerksamkeit wieder dem Gegner vor sich zu. Er hoffte, der zweite Mann, wenn schon nicht besiegt, würde sich zumindest ein paar dringend benötigte Augenblicke lang nicht in den Kampfeinmischen. Sein erster Gegner hatte jedoch seine Lektion gelernt, er kam Simon nicht mehr so nahe und nutzte stattdessen die Länge seiner Keule, um Simon zur Verteidigung zu zwingen.
    Hinter ihm klirrte es plötzlich. Vor Schreck hätte Simon fast den Feind vor sich aus den Augen gelassen. Dieser bemerkte es sofort und zielte mit seinem Stab auf Simons Kopf. Gerade noch rechtzeitig konnte er die Klinge hochreißen und den Hieb ablenken. Als der Feuertänzer erneut den Arm heben wollte, schlug ihm Simon die Keule aus der Hand. Sie knallte gegen die niedrigen Dachbalken und blieb im Netz der Stricke unter dem Strohdach hängen. Der Feuertänzer blickte überrascht nach oben; im gleichen Moment sprang Simon nach vorn, setzte dem Mann die Klinge an den Leib und stieß zu. Sofort danach zog er sie wieder heraus, denn er wusste, dass der zweite Gegner oder sogar der Anführer jede Sekunde über ihn herfallen konnte.
    Etwas traf ihn von der Seite und ließ ihn gegen einen Tisch prallen. Er sah in das erschrockene Gesicht eines der Zecher aus dem Schankraum, wirbelte herum und erkannte, dass der Mann, der ihn gestoßen hatte, der kahle Maefwaru, dabei war, sich zwischen den Tischen hindurchzudrängen und zur Tür zu eilen.
    Er hielt sich nicht damit auf, seinen Begleitern auch nur einen Blick zu gönnen, weder dem von Simon getöteten noch dem anderen, der in seltsam gekrümmter Haltung neben dem Ausgang lag.
    »So leicht werdet Ihr nicht davonkommen!«, rief Maefwaru und verschwand im nächtlichen Regen.
    Gleich darauf trat Miriamel ein. Sie sah auf den am Boden liegenden Feuertänzer, den Simon am Arm verwundet hatte.
    »Ich habe unseren Krug auf seinem Kopf zerschlagen«, erklärte sie erregt und außer Atem. »Aber ich glaube, der andere, der gerade fortgelaufen ist, wird mit Verstärkung wiederkommen. Verdammtes Pech! Ich hatte nichts mehr zur Hand, mit dem ich ihm einen Hieb hätte verpassen können. Wir werden uns beeilen müssen.«
    »Die Pferde«, keuchte Simon. »Wo …?«
    »Gleich in der Nähe. Komm.«
    Simon bückte sich und ergriff das Tuch mit dem Essen, das er auf den Boden gelegt hatte. Der Stoff war nass, durchtränkt vom Bier,das aus dem Krug gespritzt war, der jetzt in Scherben um den schlaff daliegenden Feuertänzer verstreut lag. Simon blickte sich noch einmal um. Der Mann und die Frau, die Maefwaru und seine Schergen bedroht hatten, duckten sich an die hintere Wand des Schankraums und starrten ihn genauso verwirrt an wie die anderen Gäste der Herberge.
    »Ihr solltet lieber auch sehen, dass ihr hier wegkommt!«, rief er ihnen zu. »Der Kahlkopf wird mit anderen Männern zurückkehren. Beeilt euch! Verschwindet hier!«
    Alle Augen waren auf ihn gerichtet. Simon wollte gern noch etwas Kluges und Tapferes bemerken, wie Helden es gewöhnlich taten, aber leider fiel ihm nichts ein. Er folgte Miriamel ins Freie. Hinter sich zurück ließ er zwei am Boden liegende Körper und einen Raum voller aufgerissener Augen und offener, sprachloser Münder.

6
Die Schlinge zieht sich zu

    as Schneegestöber hatte nachgelassen, aber noch immer brauste der Wind zornig über die Hänge unter der Festung Naglimund und pfiff durch die Zähne der zerstörten Mauer. Graf Eolair gab seinem Pferd einen leichten Stoß und lenkte es hinüber zu Maegwins Tier. Wie gern hätte er sie vor allen Unannehmlichkeiten beschützt, nicht nur vor der Kälte, sondern auch vor dem Grauen der nackten,

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