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Der Engländer

Der Engländer

Titel: Der Engländer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Silva
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wir raufgehen und ihn suchen?«
    »Alles tut mir leid. Ich will mit dem Chef reden.«
    »Kommen Sie, Gerhardt. Hier, nehmen Sie meine Hand. Lassen Sie sich von mir helfen.«

42 - MALLES VENOSTA, ITALIEN
    Gabriel trug eine frischgebügelte Khakihose, ein dezent gestreiftes Baumwollhemd und einen beigen Kaschmirpullover, der von den Schultern bis zur Taille perfekt saß. Seine ganze Erscheinung kündete von Behaglichkeit und Zufriedenheit, was genau der Eindruck war, den er erwecken wollte. Eli Lavon trieb Peterson herein und stieß ihn auf einen unbequemen Holzstuhl.
    Dort saß er wie ein Mann vor einem Erschießungskommando und starrte die gegenüberliegende Wand an.
    Lavon verließ den Raum. Gabriel blieb mit gesenktem Blick sitzen. Er hatte nie zu den Leuten gehört, die Siege feierten. Er wußte besser als die meisten, wie vergänglich Siege in der Welt der Geheimdienste sein konnten. Manchmal sahen sie nach einiger Zeit gar nicht mehr wie Siege aus. Trotzdem gestattete er sich jetzt einige Augenblicke lang, die völlige Umkehrung des Verhältnisses zwischen ihnen zu genießen. Noch vor kurzem war Gabriel inhaftiert gewesen, und Peterson hatte ihn verhört - Peterson in einem grauen Maßanzug und mit seiner weltmännischen Schweizer Arroganz. Jetzt saß er in der Unterhose vor Gabriel und zitterte vor Kälte.
    Die weißbeschichtete Tischplatte zwischen ihnen war leer bis auf ein schmales Dossier und Gabriels dampfenden Kaffeebecher. Wie Petersons improvisierte Zelle im Keller hatte auch dieser Raum einen Terrakottaboden und grobverputzte Wände. Die Lamellenjalousien vor den Fenstern waren geschlossen. Von kräftigen Windböen an die Scheiben getriebener Regen sorgte für einen lästigen Hintergrundrhythmus.
    Gabriel musterte Peterson mit angewiderter Miene und verharrte in nachdenklichem Schweigen. So saßen sie einige Minuten lang da wie Reisende, die auf einem Bahnsteig auf verschiedene Züge warten.

    »Damit kommen Sie nicht durch!«
    Es war Peterson, der das Schweigen als erster brach. Er hatte englisch gesprochen, aber Gabriel wechselte sofort ins Deutsche: ins sorgfältig betonte, grammatikalisch korrekte Hochdeutsch seiner Mutter. So wollte er auf die Laxheit von Petersons Schwyzerdütsch hinweisen. Petersons Schweizertum unterstreichen. Ihn damit isolieren.
    »Womit durchkommen, Gerhardt?«
    »Mich zu entführen, verdammter Dreckskerl!«
    »Aber damit sind wir schon durchgekommen.«
    »Die Tiefgarage meines Hauses ist mit Überwachungskameras gesichert. Dieser Trick mit Ihrer Nutte ist auf Videofilm aufgezeichnet worden. Wahrscheinlich hat die Züricher Polizei ihn bereits.«
    Gabriel lächelte gelassen. »Wir haben die Überwachungskameras stillgelegt, genau wie Sie die Kameras in Rolfes Villa in der Nacht stillgelegt haben, in der sie ihn ermordet und seine Gemälde gestohlen haben.«
    »Was faseln Sie da?«
    »Ich rede von den Bildern in Rolfes Geheimsammlung. Von der Sammlung, die er im Krieg als Dank für seine den Nazis erwiesenen Dienste spottbillig zusammenkaufen durfte. Von den Gemälden, die er zurückgeben wollte.«
    »Ich weiß überhaupt nicht, wovon Sie reden. Ich weiß von keiner Geheimsammlung, und ich habe absolut nichts mit dem Mord an Augustus Rolfe zu schaffen! Kein Mensch würde jemals glauben, ich könnte das geringste mit seinem Tod zu tun gehabt haben.«
    »Sie haben Augustus Rolfe ermordet. Danach haben Sie Werner Müller in Paris umgebracht. Dann Emil Jacobi in Lyon. In Zürich haben Sie versucht, mich zu ermorden. Sie haben einen Mann nach Venedig geschickt, der Anna Rolfe töten sollte. Das macht mich zornig, Gerhardt.«
    »Sie sind verrückt!«
    Gabriel merkte, daß Petersons künstliche Trotzhaltung bereits zu bröckeln begann.
    »Sie sind nun schon lange nicht mehr zum Dienst gekommen.
    Ihre Vorgesetzten möchten Sie dringend sprechen, aber leider können sie Herrn Peterson nirgends finden. Natürlich wüßte auch Ihre Frau gern, wo zum Teufel Sie stecken. Sie ist ganz krank vor Angst um Sie.«
    »Mein Gott, was haben Sie getan? Was um Himmels willen haben Sie getan?«
    Peterson schien nicht mehr stillsitzen zu können. Er zitterte unkontrollierbar und wiegte sich auf seinem Stuhl vor und zurück. Gabriel kostete eine n kleinen Schluck Kaffee und verzog das Gesicht, als sei er zu heiß. Dann schlug er den Ordner auf und begann, Photos herauszunehmen. Er zog ein Bild nach dem anderen heraus und betrachtete es kurz, bevor er es über den Tisch schob, damit Peterson es

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