Der Entertainer
schmeckte. Angeblich sollte es Bakterien töten können.
Es war für uns nur gut gewesen, daß unsere neue Verbündete es geschafft hatte, mit der Voodoo-Königin Kontakt aufzunehmen. Diese Madame Oviano hatte sich kooperativ gezeigt, uns in die Kneipe bestellt, wo wir warten sollten.
Daß sie nicht selbst erscheinen würde, stand fest. Sie würde nach uns schicken lassen.
Maria Falanga war verschwunden. Von uns hatte sie sich mit einem geheimnisvollen Lächeln verabschiedet und gemeint, daß sie sich noch etwas umhören müßte.
Wohl fühlten wir uns in diesem Schlauch beide nicht. Was wir da an Luft einatmeten, verdiente den Namen nicht, obwohl sich unter der Decke ein lahmer Ventilator drehte.
Auch einen Wirt gab es.
Er hockte hinter dem Brett, das sich Theke nannte. Halt fand es auf zwei rostigen Tonnen. Die Flaschen dahinter standen auf Kisten. Bier gab es nur aus der Dose. Wer aus einem Glas trinken wollte, war selbst schuld, denn Spülwasser oder fließendes Wasser blieb ein Traum. Waren die Dosen leer, so warfen die Gäste sie in eine Tonne. Der Wirt las Zeitung. Hin und wieder lugte er hervor oder gab ein rülpsendes Geräusch von sich, was keinen Gast kümmerte. Und die waren stark.
Außer uns hockten vier Typen in der Kneipe. Männer, die vergessen worden waren. Ein Weißer und vier Farbige, wobei der Weiße am schlimmsten aussah.
Er wirkte wie der letzte Penner, war sogar Engländer, denn er berichtete hin und wieder von Manchester und von den tollen Tagen dort. In Rio mußte er hängengeblieben sein.
Die Farbigen hörten seinen Reden kaum zu. Wenn sie nickten, war ich mir sicher, daß sie nichts verstanden hatten, und auch uns wurde es allmählich langweilig. Suko schabte seine Dose durch den Dreck auf der Tischplatte. »Hoffentlich hat man uns nicht reingelegt, Alter.«
»Du meinst Maria?«
»Wen sonst?«
»Nein, das glaube ich nicht.«
»Verläßt du dich da auf deine Menschenkenntnis?«
»Zum Beispiel.«
Suko hob die Schultern. »Ich weiß nicht so recht. Mir ging das jedenfalls ein wenig zu schnell. Wir kannten sie kaum und waren plötzlich von ihr eingenommen.«
»Wenn diese Frau uns in der Hölle von Rio nicht helfen kann, auf wen willst du dich dann verlassen? Immerhin hat sie uns den Weg gezeigt. Madame Oviano.«
»Wirklich eine Chance?«
»Warum nicht? Sie wird versuchen, Kontakt aufzunehmen. Und mit Voodoo haben wir unsere Erfahrungen, das weißt du selbst. Da gibt es Menschen, die Tote erwecken können. Ich erinnere dich an New Orleans, als wir Voodoo-Land erlebten.« [1]
»Stimmt alles.« Suko schob die Dose weiter. »Nur geht es hier nicht um lebende Tote, sondern um einen Killer, vielleicht einen Werwolf oder eine andere Bestie. Ob diese Madame es tatsächlich schafft, Kontakt aufzunehmen?« Suko verzog das Gesicht. »Also, da bin ich mir nicht so sicher. Ich weiß es nicht.«
»Sie will das Böse finden.«
»Ja, das wollen viele. Außerdem bin ich gespannt, wen sie schickt, um uns abzuholen.«
Ich hob die Schultern. »Vielleicht kommt auch Maria. Hier ist man vor Überraschungen nicht sicher.«
Wir befanden uns in einer Ecke von Rio, die wir nicht kannten. Nicht in den Favelas, aber auch nicht in den Bezirken der Reichen. Praktisch am Rande von beiden in einer Zone, die relativ ruhig war. Die Kneipe stand an keiner Straße, man hatte sie auf einen Hinterhof gebaut. Die kahlen Mauern waren im Laufe der Zeit von Salpeter zerfressen worden. An den Wänden zeigten sich Risse. Waren sie zu breit, schafften es nicht einmal die bunten Poster aus den Nacktmagazinen, sie zu verdecken. Zuerst raschelte die Zeitung, dann erhob sich der Wirt. Er war klein und fett, ein Koloß. Sein Hemd zeigte breite Schwitzflecken, in den Achselhöhlen klebte es fest. Mit der flachen Hand schlug er zwei fette Fliegen tot und rief etwas zu uns herüber. Da er portugiesisch sprach, hatten wir so unsere Schwierigkeiten und hoben die Schultern.
»Americanos?«
»Nein!«
Da kamen sie.
Wir wußten sofort, daß es die beiden Typen waren, die uns abholen wollten. Sie kamen rein und waren die Kings. Beide blieben nebeneinander stehen, die Arme leicht vom Körper herabhängend, die Finger dabei ausgestreckt und zitternd. Die beiden wirkten, als würden sie unter Strom stehen und erinnerten mich auch an irgendwelche Sambatänzer, die auf ihren Einsatz warteten.
Dunkle Kleidung bedeckte ihre Haut. Fnge Hosen, weite Hemden mit tiefen Ausschnitten. Um ihre muskulösen Hälse hingen Ketten aus bleichem
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