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Der Entertainer

Der Entertainer

Titel: Der Entertainer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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Grabsteine. Manchmal reckte sich auch ein schief stehendes Holzkreuz aus dem Untergrund, das allmählich verfaulte.
    Nein, das hier war keine gute Gegend. Hier ging man wirklich nur hin, um mit den Toten oder den Geistern Kontakt zu bekommen. Ansonsten mußte man sie vergessen.
    Um die Feuerstelle herum saßen Männer und Frauen. Es befand sich kein Weißer dazwischen. Ein Mann warf in unregelmäßigen Abständen Blattwerk in die kleinen Flammen, so daß sie Nahrung bekamen und sich wieder aufrichten konnten.
    Es war das Blattwerk, das so widerlich stank. Aber hier hatte alles seine Bedeutung.
    Ich schaute über das Feuer hinweg, weil ich nicht glauben konnte, was ich sah.
    Mitten in dieser Einöde stand ein Haus!
    Nein, eigentlich kein Haus, das war mehr ein Grabmal oder ein kleines Mausoleum.
    Im Grundriß gebaut wie eine Kirche, aber ohne Turm und auch ohne Fenster.
    Man hatte es uns nicht zu erklären brauchen, aber jetzt wußten wir, wo wir Madame Oviano finden konnten.
    »Da also wohnt sie!« murmelte Suko.
    Ich gab ihm keine Antwort, denn unsere Führer drehten sich um. »Wir sind am Ziel.«
    »Und sie erwartet uns?«
    »Ich werde schauen.«
    Keiner der Anwesenden kümmerte sich um uns. Sie alle waren mit sich selbst beschäftigt, wobei ich mich fragte, ob sie tatsächlich hier hockten und beteten.
    Möglicherweise meditierten sie auch, dachten über den Tod nach und warteten darauf, daß ihnen die Voodoo-Königin half. Mir war schon die ganze Zeit über etwas aufgefallen, doch ich schaffte es erst jetzt, die Lösung zu finden.
    Es war keiner da, der die Trommel schlug. Die Stille kam mir unnatürlich und klebrig vor, sie schien sogar nach uns greifen zu wollen. Nur das Summen der Insekten umgab uns, hin und wieder auch das schwere Seufzen eines der Meditierenden.
    War das der ideale Nährboden für einen Werwolf oder eine andere Bestie in dieser Art?
    Unwillkürlich schaute ich zum Himmel, wo sich der Ball der Sonne abzeichnete und der Mond noch nicht zu sehen war. Und gerade er gehörte dazu, wenn sich ein Mensch in den Werwolf verwandelte und damit zur Bestie wurde.
    »Seltsam«, murmelte Suko. »Es ist alles so verdammt seltsam. Ob wir hier eine Spur finden?«
    »Wir werden Madame fragen.«
    Der bei uns stehende Mann schaute uns streng an. Wahrscheinlich hatten wir mit unserer Unterhaltung die andächtige Stille gestört. Der zweite kehrte zurück. Wir hatten das schleifende Knarren einer Tür sehr deutlich hören können. Erging langsam und ließ seine Füße durch das hohe Gras schleifen.
    Nickend blieb er vor uns stehen.
    »Ist sie bereit?«
    »Ja, ich werde euch bringen. Sie befindet sich in einer sehr guten Phase.«
    »Was heißt das?«
    »Ihr werdet es selbst sehen können, deshalb stellt keine Fragen mehr.«
    Abrupt machte er kehrt und schaute nicht mehr zurück. Sein Freund blieb stehen.
    Grabkreuze umgaben die linke Seite des Mausoleums. Es bestand aus ehemals weißem Adobe, doch der Dschungel hatte auch an diesen Mauern seine Spuren hinterlassen und sie mit einem grünen Schimmern überzogen. Besser als unten in der Stadt, wo das Mauerwerk von Salpeter zerfressen war und Blasen warf.
    Die Tür sah aus, als würde sie jeden Augenblick zusammenfallen. Sie hing schief, und unser Führer mußte schon sehr kräftig zerren, um sie öffnen zu können.
    Wir hatten über seine Schulter hingeschaut und blickten in einen kalt wirkenden Raum, in dem zahlreiche Kerzen brannten. Manche steckten in Ständern, andere standen auf dem Boden. Sie alle warfen ihr Licht über zwei Personen.
    Einmal über Madame und zum zweiten über ein junges, nacktes, dunkelhaariges, Mädchen, das auf dem festgestampften Lehmboden lag und sich nicht rührte.
    Dort wo sich ihr Kopf befand, thronte Madame Oviano auf einem Sitzkissen. Sie winkte uns zu und flüsterte: »Kommt herein!«
    Als wir gingen, schloß sich hinter uns die Tür. Beide hatten das Gefühl, ein großes, unheimliches Grab zu betreten…
    ***
    Madame Oviano hatte bisher nicht aufgeschaut. Sie tat so, als würden wir sie überhaupt nicht interessieren, und so konnten wir uns in Ruhe umschauen.
    Es gab nicht viel zu sehen. Nur eben die brennenden Kerzen, deren Schein das Innere des großen Grabs nicht nur mit Licht, sondern auch mit Wärme erfüllte.
    An den Wänden huschten die Schatten entlang wie Geister, die schon das Reich der Toten verlassen hatten.
    Das erinnerte mich wieder an das vor uns liegende Mädchen und an die junge Frau.
    Trotz ihrer Nacktheit spürte

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