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Der Entertainer

Der Entertainer

Titel: Der Entertainer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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Schreie vieler Hinterbliebener. Diese Maske schwebte Tag und Nacht über dem Moloch Rio und griff wahllos hinein in das Leben, um es zu vernichten. Daran hatten sie sich gewöhnt.
    Nicht aber an die Stille des Friedhofs, wo der Tod ein ganz anderes Gesicht zeigte.
    Da standen die schiefen Grabsteine, die verwitterten Holzkreuze, da hatten selbst die zahlreichen Vögel des Dschungels ihr Kreischen sehr reduziert, als wollten sie den Geistern aus dem Jenseits ihren eigenen Tribut zollen.
    Sie verließen fast fluchtartig das Areal und waren froh, als sie von der stickigen, schwülen Luft und dem Summen der Insekten umfangen wurden und die Türen des Jeeps öffnen konnten.
    Der Fahrer schüttelte sich, als hätte er einen Regenguß erhalten. »Es… es war widerlich«, sagte er. »Es war so verdammt widerlich.« Er schlug hastig ein Kreuzzeichen.
    »Du magst die Welt dort nicht?«
    »Nein, ich habe Angst.« Er drehte den Zündschlüssel. Bisher hatten sich beide Männer auf ihren Wagen verlassen können, er war stets angesprungen. An diesem Nachmittag hatte er seine Schwierigkeiten.
    »Das ist wie ein Fluch, der uns getroffen hat«, flüsterte der Beifahrer, »wie ein verdammter Fluch.«
    »Sei ruhig.«
    Das Geräusch des Motors hörte sich an, als wäre jemand dabei, mit einem Quirl in den technischen Eingeweiden herumzurühren. Fehlte nur noch, daß ihnen die Einzelteile um die Ohren flogen. So weit kam es nicht.
    Der Motor hielt und sprang schließlich an. Zwar lief er nicht so wie sonst, viel rauher, das machte den beiden Männern nichts aus. Viel wichtiger für sie war, daß sie endlich vom Fleck kamen.
    Die Reifen wühlten sich wie gierige Hunde durch das feuchte Erdreich und all seinem Bewuchs.
    Ein paarmal kurbelte der Fahrer am Lenkrad, bis er es endlich geschafft hatte, den Wagen zu wenden und den normalen Weg wieder zurückzufahren. Zwar mochten die Männer den Dschungel auch nicht, doch er war ihnen lieber als der alte Friedhof.
    Und wieder rollten sie durch die Welt mit dem grünen Blätterdach, das zahlreiche Sonnenstrahlen abhielt. Der Rest malte helle, zitternde Flecke auf den Boden.
    Die Männer hatten sich wieder beruhigt. Der Beifahrer griff zu den Selbstgedrehten und zündete sich ein Stäbchen an. Den Rauch blies er gegen die Wagendecke, schielte ihm nach und schaute zu, wie ersieh allmählich verteilte.
    Das unebene Gelände schaukelte den Wagen durch. Beide hüpften auf ihren Sitzen, schwitzten, rieben ihre Gesichter trocken, schwitzten wieder und waren froh, der stinkenden Hölle Rio entgegenrollen zu können. Sie gehörten nicht zu den Personen, die mit der Natur auf du und du standen. Gewisse Regeln aber kannten sie auch.
    Plötzlich wirbelte vor ihnen ein dunkelbunter Schwärm in die Höhe. Es waren unzählige Vögel, die eine flatternde und kreischende Wolke bildeten und zusahen, daß sie durch die Lücken an und in den Bäumen dem Himmel entgegenstoben.
    »Die hat was erschreckt«, sagte der Beifahrer.
    »Klar, wir.«
    »Glaube ich nicht.«
    »Wieso nicht?«
    Der Mann auf dem zweiten Sitz vorn gab keine Antwort. Er verfolgte so gut wie möglich den Flug der aufgeschreckten Vögel, die allerdings bald aus seinem Blickfeld entschwanden. »Das muß, verdammt noch mal, etwas anderes gewesen sein.«
    »Was denn?«
    Der Beifahrer lachte scharf auf. »Hach, das weiß ich doch nicht, zum Teufel.«
    »Jedenfalls haben sie Angst bekommen.«
    »Weiß ich, fahr weiter.«
    Sie mußten in eine Rechtskurve hinein, um die Stelle zu erreichen, wo die Vögel geflüchtet waren. In der Kurve und auch noch ihrem Ende entgegen, wuchs der Wald dichter zusammen. Er kam von zwei Seiten. Die Pflanzen sowie kleinere Bäume streckten Zweige und Äste aus, als wollten sie jeden festhalten, der diese Stelle passierte. Der Beifahrer war nervös geworden. Unruhig rutschte er auf dem abgewetzten Leder hin und her. »Irgend etwas stimmt hier nicht. Da ist was faul, Carica.«
    »Und was?«
    »Ich habe keine Ahnung, ich…« Das letzte Wort verwandelte sich bereits in einen Schrei, denn aus dem dichten Buschwerk an der Seite schoß jemand hervor.
    Es war kein Mensch, es war kein Tier, es war eine furchtbare Gestalt — ein Monstrum.
    Und es besaß die Kraft der Hölle, als es seinen Körper gegen den Jeep wuchtete.
    An der Seite bog sich der Kotflügel zusammen, auch die Beifahrertür bekam eine Beule, was alles nicht tragisch war, wäre der Jeep in der Spur geblieben.
    So aber kippte er weg.
    Beide Männer fluchten, als er auf

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