Der entzauberte Regenbogen
unvorsichtigerweise das Wort «Experiment» fallen. Sofort «hoben sich die Hände. Die Zuhörerinnen betonten, die experimentelle Vorgehensweise sei das geistige Kind weißer Männer aus viktorianischer Zeit». Mit fast übermenschlicher Anstrengung um Ausgleich bemüht, räumte Ellsworth ein, die weißen Männer hätten ein gerüttelt Maß an Schaden in der Welt angerichtet, aber immerhin hätten ihre Arbeiten doch auch zur Entdeckung der DNA geführt. Darauf erntete sie die ungläubige (und unglaubliche) Antwort: «Glauben Sie etwa an die DNA?» Glücklicherweise gibt es genügend intelligente junge Frauen, die zu einer Laufbahn als Naturwissenschaftlerinnen bereit sind, und ihnen zolle ich für ihren Mut angesichts derart grober Schikanen meine Hochachtung.
Natürlich ist ein gewisser feministischer Einfluss in der Naturwissenschaft wünschenswert und überfällig. Kein redlicher Mensch kann etwas gegen Kampagnen haben, die die Chancen von Frauen in naturwissenschaftlichen Berufen verbessern sollen. Es ist wirklich widerwärtig (und entsetzlich traurig), dass Rosalind Franklin, die mit ihren Röntgenstrukturaufnahmen von DNA-Kristallen die Voraussetzung für den Erfolg von Watson und Crick schuf, keinen Zutritt zum Aufenthaltsraum ihres eigenen Instituts hatte und deshalb von dem vielleicht entscheidenden wissenschaftlichen Geplauder weder etwas hörte noch selbst dazu beitragen konnte. Auch dass Frauen in wissenschaftlichen Diskussionen eine andere, typisch weibliche Sichtweise ins Spiel bringen, dürfte stimmen. Aber «typisch» bedeutet nicht «allgemeingültig», und die wissenschaftlichen Erkenntnisse, zu denen Männer und Frauen am Ende gelangen (auch wenn es in der Art der Forschung, zu der sie sich hingezogen fühlen, statistische Unterschiede gibt), werden von vernünftigen Menschen beiderlei Geschlechts gleichermaßen anerkannt, sobald sie von Angehörigen eines beliebigen Geschlechts nachgewiesen wurden. Und außerdem: Nein, Vernunft und Logik sind keine männlichen Instrumente der Unterdrückung. Das zu behaupten, ist eine Beleidigung der Frauen – darauf wies schon Steven Pinker hin:
Solche feministischen Verfechter von Unterschieden behaupten unter anderem, Frauen befaßten sich nicht mit linear-abstraktem Schlußfolgern, könnten Ideen nicht skeptisch diskutieren oder kritisch bewerten, argumentierten nicht auf der Grundlage allgemeiner ethischer Prinzipien, und was der Beleidigungen mehr sind.
Wie das Denken im Kopf entsteht (1998)
Das vielleicht lächerlichste Beispiel schlechter feministischer Wissenschaft stammt von Sandra Harding, die Newtons Principia als «Anleitung zur Vergewaltigung» bezeichnete. Was mich an dieser Bewertung am meisten verblüfft, ist nicht die Anmaßung, sondern der engstirnige amerikanische Chauvinismus. Wie kann sie es wagen , ihre beschränkten, vom nordamerikanischen Zeitgeist geprägten politischen Ansichten höher einzustufen als die unwandelbaren Gesetze des Universums und einen der größten Denker aller Zeiten (der zufällig männlich und ein ziemlich unangenehmer Zeitgenosse war)? Paul Gross und Norman Levitt erörtern dieses und andere Beispiele in ihrem bewundernswerten Buch Higher Superstition (1994); das letzte Wort überlassen sie der Philosophin Margarita Levin:
… feministische Abhandlungen bestehen zu einem großen Teil aus dem überspannten Lob anderer Feministinnen. Die «brillante Analyse» von A stützt den «revolutionären Durchbruch» von B und den «mutigen Vorstoß» von C. Noch beunruhigender ist der Hang vieler Feministinnen, sich selbst überschwänglich zu loben. Harding schließt ihr Buch mit der folgenden Selbstbeweihräucherung: «Als wir anfingen, unsere Erfahrung theoretisch zu verarbeiten … wussten wir, dass es eine schwierige, aber spannende Aufgabe sein würde. Aber vermutlich hätten wir uns in unseren wildesten Träumen nicht ausgemalt, dass wir sowohl die Wissenschaft als auch die Theoriebildung selbst würden neu erfinden müssen, um die gesellschaftlichen Erfahrungen der Frauen zu erfassen.» Solcher Größenwahn wäre bei Newton oder Darwin beunruhigend; in diesem Zusammenhang ist er einfach nur peinlich.
Im letzten Teil dieses Kapitels möchte ich mich mit verschiedenen Beispielen für schlechte poetische Naturwissenschaft befassen, die aus meinem eigenen Arbeitsgebiet stammen, der Evolutionsforschung. Das erste würde nicht jeder für schlechte Wissenschaft halten und man kann es durchaus
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