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Der entzauberte Regenbogen

Der entzauberte Regenbogen

Titel: Der entzauberte Regenbogen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dawkins
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(1990). Ein gutbetuchter Heiler schrieb eine ganze Serie von Bestsellern über die von ihm so genannte «Quantenheilung». Ein anderes Buch, das ich besitze, enthält Abschnitte über Quantenpsychologie, Quantenverantwortung, Quantenethik, Quantenästhetik, Quantenunsterblichkeit und Quantentheologie. Man ist ein wenig enttäuscht, dass es keine «Quantenzuneigung» gibt, aber vielleicht habe ich das auch nur übersehen.
    In meinem nächsten Beispiel ist viel schlechte poetische Naturwissenschaft auf engem Raum zusammengedrängt. Es stammt aus dem Klappentext eines Buches:
     
    Eine meisterhafte Beschreibung des evolutionsfähigen, musikalischen, nährenden und letztlich fürsorglichen Universums.
     
    Selbst wenn «fürsorglich» kein so abgenutztes Klischee wäre, gehören Universen schlicht und einfach nicht zu den Dingen, auf die man einen solchen Begriff sinnvollerweise anwenden kann. (Dabei ist mir klar, dass ich selbst hier Angriffspunkte für Kritik biete: Auch ein Gen gehört nicht zu den Dingen, auf die man ein Wort wie «egoistisch» anwenden sollte. Aber ich fordere jeden nachdrücklich auf, seine Kritik aufrechtzuerhalten, nachdem er nicht nur den Titel, sondern das ganze Buch Das egoistische Gen gelesen hat.) Den Begriff «evolutionsfähig» auf das Universum anzuwenden, ist vertretbar, aber wie wir noch sehen werden, tut man es besser nicht. «Musikalisch» ist vermutlich eine Anspielung auf die «Sphärenmusik» des Pythagoras, ein Stück poetische Wissenschaft, das ursprünglich vielleicht nicht schlecht war, heute aber überholt sein dürfte. «Nährend» hat den Beigeschmack jener besonders bedauerlichen Gattung schlechter poetischer Naturwissenschaft, die ihre Anregung aus einer irregeleiteten Form des Feminismus bezieht.
    Ein anderes Beispiel: Der Herausgeber einer Anthologie bat 1997 eine Reihe von Naturwissenschaftlern, ihm die Frage zu nennen, deren Beantwortung sie sich am sehnlichsten wünschten. Die meisten eingereichten Fragen waren interessant und anregend, aber der folgende Beitrag eines (männlichen) Teilnehmers ist so absurd, dass ich ihn nur als Anbiederung an Fundamentalfeministinnen verstehen kann:
     
    Was geschieht, wenn sich die männliche, naturwissenschaftliche, hierarchische, nach Kontrolle strebende abendländische Kultur, die das westliche Denken bisher beherrscht hat, mit der neu entstehenden weiblichen, spirituellen, holographischen, an Beziehungen orientierten östlichen Sichtweise vereinigt?
     
    Meint er «holographisch» oder «holistisch»? Vielleicht beides. Wen kümmert es, solange es gut klingt? Um Sinn und Inhalt geht es doch hier nicht.
    Die Historikerin und Wissenschaftsphilosophin Noretta Koertge legte 1995 in einem Aufsatz für die Zeitschrift Skeptical Inquirer den Finger genau in die Wunde; es besteht die Gefahr, dass sich ein pervertierter Feminismus nachteilig auf die Ausbildung von Frauen auswirkt:
     
    Statt junge Frauen aufzufordern, sich durch ein Studium der Naturwissenschaft, Logik und Mathematik mit verschiedenen Fachgebieten vertraut zu machen, lernen Studentinnen in Frauenstudiengängen heute, Logik sei ein Werkzeug der Unterdrückung … Die üblichen Normen und Methoden naturwissenschaftlicher Forschung gelten als sexistisch, weil sie mit der «weiblichen Art des Wissens» nicht vereinbar seien. Die Autorinnen des preisgekrönten Buches mit diesem Titel berichten, die von ihnen befragten Frauen gehörten in ihrer Mehrzahl zur Kategorie der «subjektiv Wissenden» und seien durch eine «leidenschaftliche Ablehnung von Naturwissenschaft und Naturwissenschaftlern» gekennzeichnet. Diese «Subjektivistinnen» sehen in den Methoden von Logik, Analyse und Abstraktion ein «fremdes Revier, das den Männern gehört», und «halten die Intuition für eine ungefährlichere, nützlichere Art der Wahrheitsfindung».
     
    Nun könnte man meinen, eine solche Denkweise, so verschroben sie auch sein mag, müsse zumindest freundlich und – nun ja – «nährend» sein. Aber oft ist es genau andersherum. Hier und da bringt sie einen hässlichen, im schlechtesten Sinn männlichen Kommandoton hervor. Barbara Ehrenreich und Janet McIntosh berichteten 1997 in einem Aufsatz mit dem Titel «The New Creationism» in der Zeitschrift Nation , wie eine Sozialpsychologin namens Phoebe Ellsworth auf einem interdisziplinären Seminar über Gefühle eingeschüchtert wurde. Sie gab sich zwar schon alle Mühe, etwaiger Kritik zuvorzukommen, aber an einer Stelle ließ sie

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