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Der entzauberte Regenbogen

Der entzauberte Regenbogen

Titel: Der entzauberte Regenbogen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dawkins
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ein paar Schwimmflossen anzuziehen und wird dann sofort erleben, welche Erleichterung sie beim Schwimmen bedeuten. Vielleicht wünscht man sich sogar, man wäre mit den Füßen eines Frosches geboren worden, aber das hält nur so lange an, bis man aus dem Wasser steigt und versucht, mit den Gummiflossen zu gehen. Mein Freund, der Paläoanthropologe, Naturschützer und afrikanische Held Richard Leakey, verlor beim Absturz seines Kleinflugzeuges beide Beine. Heute besitzt er zwei Paare von Prothesen: eines mit Schuhen, die aus Stabilitätsgründen besonders groß und zum Gehen dauerhaft verschnürt sind, und ein zweites mit Flossen zum Schwimmen. Füße sind für eine Lebensweise gut und für eine andere schlecht. Ein Tier zu konstruieren, das zwei so unterschiedliche Tätigkeiten gleich gut beherrscht, ist schwierig.
    Warum Otter, Robben und andere Luft atmende Wassertiere ihre Nasenöffnungen nach Belieben verschließen können, erkennt jeder. Auch schwimmende Menschen greifen häufig auf ein entsprechendes Hilfsmittel zurück, in diesem Fall eine Nasenklammer mit einer Feder, die einer Wäscheklammer ähnelt. Wer einmal zugesehen hat, wie sich ein Ameisenfresser durch ein Loch in einem Ameisen- oder Termitennest seine Nahrung beschafft, der begreift ohne weiteres, warum diese Tiere mit einer langen, dünnen Schnauze und einer klebrigen Zunge ausgestattet sind. Das gilt nicht nur für die spezialisierten südamerikanischen Ameisenfresser, sondern auch für die mit ihnen nicht näher verwandten Schuppentiere und Erdferkel in Afrika sowie für die noch weiter entfernten Ameisenbeutler und Ameisenigel Asiens und Australiens. Weniger leicht ist zu erkennen, warum alle Säugetiere, die sich von Ameisen oder Termiten ernähren, einen geringen Stoffwechselumsatz haben – ihre Körpertemperatur liegt niedriger als bei den meisten anderen Säugetieren und entsprechend langsamer verlaufen bei ihnen die biochemischen Prozesse.
    Wenn unsere Zoologen der Zukunft die Umweltverhältnisse früherer Zeiten und ihre genetische Beschreibung rekonstruieren wollen, werden sie sich nicht mehr der Intuition des gesunden Menschenverstandes bedienen, sondern systematischer Forschung. Dabei könnten sie folgendermaßen vorgehen: Zunächst stellt man eine Liste von Tieren zusammen, die untereinander nicht sonderlich eng verwandt sind, sich aber alle in einem wichtigen Aspekt ihrer Lebensweise ähneln. Ein guter Anfang wären zum Beispiel Wasser bewohnende Tiere. Bei über einem Dutzend Gelegenheiten sind Säugetiere, die an Land zu Hause waren, entweder ganz oder teilweise zu dem Leben im nassen Element zurückgekehrt. Dass das jeweils unabhängig geschah, wissen wir, weil engere Verwandte von allen noch heute auf dem Trockenen anzutreffen sind. Die Pyrenäenbisamspitzmaus ist eine Art wasserlebender Maulwurf, und sie ist eng mit dem bekannten Maulwurf aus dem heimischen Garten verwandt. Beide gehören zur Ordnung Insectivora . Auch andere Angehörige dieser Gruppe haben unabhängig davon eine Evolution zu Wasserbewohnern durchgemacht, so beispielsweise die Wasserspitzmaus, aber auch eine im Wasser beheimatete Art aus der Gruppe der Tanreks, die ausschließlich in Madagaskar vorkommt, und drei miteinander verwandte Arten von Otterspitzmäusen. Das heißt, allein die Angehörigen der Insectivora sind bei vier verschiedenen Gelegenheiten ins Wasser zurückgekehrt. Alle vier sind mit ihren landlebenden Vettern enger verwandt als mit den anderen Süßwasserbewohnern auf der Liste. Die drei Otterspitzmäuse müssen wir mit nur einer Rückkehr ins Wasser gleichsetzen, denn sie sind enge Verwandte und stammen vermutlich alle von einem Vorfahren ab, der bereits wieder im Wasser zu Hause war.
    Die heutigen Wale sind wahrscheinlich durch höchstens zweimalige Rückkehr ins Wasser entstanden und bilden deshalb zwei Gruppen: die Zahnwale (zu denen auch die Delphine gehören) und die Bartenwale. Die heutigen Dugongs und Meerkühe sind eng miteinander verwandt, und ihr gemeinsamer Vorfahre lebte mit Sicherheit ebenfalls im Meer: Beide Gruppen gehen also auf eine einzige Rückkehr ins Wasser zurück. Die meisten Arten aus der Familie der Schweine leben ausschließlich an Land, nur die Flusspferde haben sich eine teilweise Lebensweise im Wasser zu Eigen gemacht. Eine andere Gruppe, deren Vorfahren ins Wasser zurückkehrten, sind die Biber und echten Otter. Man kann sie unmittelbar mit ihren landlebenden Vettern vergleichen: Biber mit Präriehunden und Otter

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