Der entzauberte Regenbogen
wieder, aber sie finden in der wissenschaftlichen Welt allgemein keinen Glauben. Warum? Sicher nicht deshalb, weil ein Besuch aus dem Weltraum unmöglich oder auch nur höchst unwahrscheinlich wäre. Es liegt vielmehr wieder einmal daran, dass die Alternative – Betrug oder Illusion – viel wahrscheinlicher ist. Tatsächlich haben Gruppen gewissenhafter Amateur- und Profiwissenschaftler zahlreiche Berichte über fliegende Untertassen peinlich genau und in allen langweiligen Einzelheiten untersucht. Und ein ums andere Mal lösten sich die Geschichten bei genauerem Hinsehen in Wohlgefallen auf. Oft handelte es sich um regelrechte Falschmeldungen (die für ihre Verbreiter sehr lukrativ sind, denn Redaktionen zahlen für solche Berichte ordentliche Summen, ganz gleich, wie schlecht sie belegt sind, und unter Umständen lebt eine ganze Branche von den zugehörigen T-Shirts und Kaffeetassen). Oder die «Untertassen» erwiesen sich als Flugzeuge, Luftschiffe oder Ballons, die in einem ungewöhnlichen Winkel beobachtet oder beleuchtet wurden. Manchmal sind es auch Luftspiegelungen oder andere Lichterscheinungen, und manchmal werden Militärflugzeuge in geheimer Mission gesehen.
Vielleicht werden uns eines Tages tatsächlich Raumschiffe aus dem Weltall besuchen. Aber die Chancen, dass ein bestimmter Bericht über eine fliegende Untertasse authentisch ist, sind gering im Vergleich zur Wahrscheinlichkeit der Hume’schen Alternativen Betrug und Illusion. Die meisten Berichte über fliegende Untertassen büßen für mich vor allem aus einem Grund an Glaubwürdigkeit ein: wegen der fast rührenden Ähnlichkeit der angeblichen Außerirdischen mit normalen Menschen oder mit den neuesten Phantasiegeschöpfen, die gerade im Fernsehen zu sehen waren. Viele von ihnen ähneln männlichen Menschen so stark, dass sie mit weiblichen Menschen Geschlechtsverkehr haben wollen und sogar fruchtbare Nachkommen hervorbringen. Wie Carl Sagan und andere deutlich gemacht haben, sind die auf Entführungen versessenen Außerirdischen offenbar das moderne Gegenstück zu den Dämonen und Hexen des 17. Jahrhunderts.
Durch das hohe Ansehen von Fernsehen und Zeitungen begünstigt, finden Astrologie, Übersinnliches und Besuche aus dem All bevorzugt Eingang in das öffentliche Bewusstsein. Wenn ich mit meiner Vermutung Recht habe, dass dieser Trend unsere natürliche und an sich positive Neigung zum Staunen ausnutzt, können wir uns paradoxerweise ermutigt fühlen. Wir sollten uns mit dem Gedanken trösten, dass der Wunsch nach Staunenswertem durch die echte Naturwissenschaft auf viel bessere Weise befriedigt wird, sodass es einfach sein müsste, den Aberglauben mit Bildung zu bekämpfen. Allerdings habe ich den Verdacht, dass eine weitere Kraft am Werk ist, und das macht die Sache schwieriger. Nach meiner Überzeugung handelt es sich um einen eigenständigen psychologischen Einfluss, und ich möchte den Rest dieses Kapitels darauf verwenden, ihn zu erklären; wenn wir ihn verstehen, lässt sich der Schaden, den er anrichten kann, besser begrenzen. Ich meine die normale und unter vielen Gesichtspunkten wünschenswerte Leichtgläubigkeit der Kinder, die sich, wenn wir nicht aufpassen, bis ins Erwachsenenalter fortsetzen kann und dann unglückselige Folgen hat. Ich beginne mit einer persönlichen Erinnerung.
Als meine Schwester und ich klein waren, spielten unsere Eltern, unser Onkel und unsere Tante uns einmal am 1. April einen einfachen Streich. Sie verkündeten, sie hätten auf dem Dachboden ein kleines Flugzeug wieder gefunden, das sie als Kinder besessen hätten, und damit würden wir jetzt wegfliegen. Fliegen war damals noch nicht so selbstverständlich wie heute, und wir waren begeistert. Es gab nur eine Bedingung: Wir mussten uns die Augen verbinden lassen. Sie nahmen uns an der Hand, führten uns kichernd und stolpernd über den Rasen und schnallten uns an unseren Sitzen an. Wir hörten, wie der Motor ansprang, es gab einen Ruck, und der schaukelnde, holpernde, rasende Flug ging los. Ab und zu durchquerten wir offensichtlich die Baumwipfel, denn wir spürten, wie Zweige uns sanft streiften und wie ein angenehmer Wind uns ins Gesicht blies. Schließlich «landeten» wir, das Schwanken hörte auf, wir hatten wieder festen Boden unter den Füßen, und dann wurde uns die Binde von den Augen genommen. Unter großem Gelächter offenbarte sich die Wahrheit: Natürlich gab es kein Flugzeug. Wir hatten uns von der Stelle auf dem Rasen, an der wir
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