Der entzauberte Regenbogen
herausstellt, dass Beobachtungen das Gegenteil besagen – nun ja, diese Leute machen bei ihren Experimenten manchmal Fehler. Aber wenn sich zeigt, dass der Zweite Hauptsatz der Thermodynamik Ihrer Theorie entgegensteht, kann ich Ihnen keine Hoffnung machen; dann bleibt ihr nichts anderes übrig, als in tiefe Demut zu verfallen.
The Nature of the Physical World (1928)
Klugerweise gibt Eddington im ersten Teil des Absatzes sehr weit nach: Er macht gewaltige Zugeständnisse, und das verleiht seiner Selbstsicherheit im zweiten Teil mehr Durchschlagskraft. Wenn jemand ihn immer noch zu anmaßend findet und meint, er werde mit einer heute unvorstellbaren Technologie Schwierigkeiten bekommen, dem sei es gegönnt. Ich möchte nicht darauf beharren, sondern nehme wie Hume den schwächeren Standpunkt der relativen Wahrscheinlichkeiten ein. Betrug, Illusion, Taschenspielerei, ehrliche Irrtümer oder regelrechte Lügen – das alles addiert sich zu einer so wahrscheinlichen Alternative, dass ich unsystematischen Beobachtungen oder Erzählungen aus zweiter Hand immer misstraue, wenn sie die vorhandenen wissenschaftlichen Erkenntnisse auf katastrophale Weise über den Haufen zu werfen scheinen. Die vorhandenen wissenschaftlichen Erkenntnisse werden mit Sicherheit eines Tages über den Haufen geworfen, aber nicht durch beiläufige Beobachtungen oder Fernsehshows, sondern durch systematische Forschung, die wiederholt, analysiert und noch einmal wiederholt wird.
Kehren wir wieder zu unserem Spektrum des Unwahrscheinlichen zurück: Feen liegen irgendwo zwischen Apthorpes Tante und einem Perpetuum mobile. Würde man morgen tatsächlich Menschen von der Größe eines Schmetterlings entdecken, die Flügel haben und winzige, aber modische Kleidungsstücke tragen, würde man damit keine schwer wiegenden physikalischen Gesetze verletzen. Es wäre nicht annähernd so revolutionär wie ein Perpetuum mobile. Allerdings würde es den Biologen schwer fallen, die Feen in ihr traditionelles Klassifizierungsschema einzuordnen. Wie sind sie in der Evolution entstanden? Weder unter den Fossilien noch unter heutigen Tieren kennt man Primaten, die mit flatternden Flügeln ausgestattet sind, und eine wirkliche Überraschung wäre es, wenn sie sich plötzlich und als Einzige zu einer uns so nahe stehenden Spezies entwickelt hätten, dass sie auch die Mode der zwanziger Jahre übernehmen konnten – wie auf einigen berühmten gefälschten Fotos, von denen der bekannt leichtgläubige Sir Arthur Conan Doyle begeistert war.
Sagenwesen wie das Ungeheuer von Loch Ness, der Yeti aus dem Himalaya und der Dinosaurier im Kongo liegen in dem Spektrum im Vergleich zu Conan Doyles Feen eher auf der wahrscheinlichen Seite. Eigentlich gibt es keinen besonderen Grund, warum nicht eine Restpopulation von Plesiosauriern im Loch Ness überlebt haben sollte. Ich kann gar nicht sagen, wie entzückt ich und alle Zoologen wären, wenn es stimmen würde oder wenn man im tiefsten Kongo einen echten Dinosaurier fände. Eine solche Entdeckung würde keine biologischen und erst recht keine physikalischen Prinzipien verletzen. Unwahrscheinlich ist sie nur aus einem einzigen Grund: Der letzte bekannte Dinosaurier lebte vor 65 Millionen Jahren, und 65 Millionen Jahre sind eine lange Zeit für eine fortpflanzungsfähige Population, die sich versteckt hält und keinerlei fossile Spuren hinterlässt. Was den Yeti angeht, wäre ich begeistert über eine noch lebende Population von Homo erectus oder Gigantopithecus – wenn ich nur daran glauben könnte. Ich würde den Gedanken liebend gern für wahrscheinlicher halten als die Hume’schen Alternativen – Halluzinationen, Lügengeschichten von Reisenden oder ehrliche Fehldeutungen einiger durch die Sonne vergrößerter Tierfährten.
Am 30. August 1938 löste das noch heute berühmte Hörspiel Der Krieg der Welten von H. G. Wells allgemeine Panik aus, und Gerüchten zufolge sollen einige Zuhörer sogar Selbstmord begangen haben, weil sie die erste Szene für eine echte Nachrichtensendung über eine Invasion der Marsbewohner hielten. Diese Geschichte wird oft als Beleg für die Leichtgläubigkeit der Amerikaner angeführt; ich habe das immer für unfair gehalten, denn eine Invasion aus dem Weltraum ist durchaus nicht unmöglich, und wenn sie sich wirklich ereignen würde, wäre eine Eilmeldung im Radio wahrscheinlich das Erste, was wir darüber hören würden.
Geschichten über fliegende Untertassen kehren alle Jahre
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