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Der Erbe der Nacht

Titel: Der Erbe der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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von einem Hammerschlag getroffen flog sie nach innen, prallte mit solcher Wucht gegen die Wand, daß sie in mehrere Teile zerbarst, und fing Feuer. Ein zweiter, blauheißer Blitz fraß sich seinen Weg durch Mauerwerk und Holz und traf das grüne Etwas in Priscillas Händen. Die Hitze wurde unerträglich. Ich bekam kaum noch Luft.
    Der dritte Blitz bohrte sich wie eine Lanze aus purem Licht durch das Dach des Hauses, brannte mannsgroße Löcher durch Decken und Wände und traf zielsicher das Siegel. Der Energiefluß verstärkte sich. Priscilla schrie jetzt nicht mehr.
    Ihr Körper war fast zur Unkenntlichkeit verbrannt, aber etwas hielt ihn noch aufrecht. In ihren Augen war noch Leben.
    Und ich wußte, was weiter geschehen würde.
    Dreizehn Große Alte.
    Ein Blitz für jeden. Dieses Wissen stand mit untrüglicher Sicherheit in mir, von einem Moment auf den anderen.
    Wenn der dreizehnte Blitz herabzuckte und das Siegel traf, dann würde es soweit sein.
    Wieder rollte der Donner, und wieder brannte sich ein arm-dicker Tentakel aus gleißendem Licht seine Bahn durch das Haus. Überall waren Flammen. Die Luft, die ich atmete, schien zu kochen. Aber ich mußte zu ihr! Ich mußte sie aufhalten! In einer letzten Kraftanspannung stemmte ich mich in die Höhe und taumelte auf Priscilla zu.
    »Nein!« keuchte ich. »Priscilla tu es nicht!«
    Ich sah den Hieb nicht einmal kommen.
    Priscilla fuhr mit einem entsetzlichen, zischelnden Laut herum, hielt den Kristall für einen Moment nur mit einer Hand und schlug mit der anderen zu. Es war wie der Tritt eines wütenden Giganten.
    Wie ein Spielzeug wurde ich durch die Luft gewirbelt, flog quer durch den verwüsteten Salon und prallte gegen einen brennenden Schrank, der unter meinem Gewicht krachend zusammenbrach. Ein unbeschreiblicher Schmerz zuckte durch meinen Rücken. Ich fiel, versuchte den Sturz abzufangen und spürte, daß ich plötzlich keine Kraft mehr in den Beinen hatte.

    Bevor mir das Bewußtsein schwand, sah ich, wie der fünfte Blitz die Wände zerfetzte und in das Ding in Priscillas Händen hämmerte …
    Es ist noch immer nicht vorbei, als ich erwache und die Augen mühsam aufschlage. Es sind jetzt neun oder zehn Blitze, die wie Fäden eines entsetzlichen Spinnennetzes aus purer Energie in Priscillas Händen zusammenlaufen. Ich weiß nicht, wie viele genau. Ich kann nicht mehr zählen.
    Selbst diese kleine Anstrengung ist zuviel für meinen Geist.
    Ich sterbe.
    Mein Leben zählt noch nach Sekunden, bestenfalls Minuten, doch ich weiß, daß es vorher geschehen wird, daß Priscilla
    das entsetzliche, unmenschliche Ding, das von ihr Besitz ergriffen hat dafür sorgen wird, daß ich es miterleben muß.
    Wieder rast ein Blitz durch das Haus und brennt sich in das Siegel, das jetzt die Form einer gewaltigen lodernden Energie-kugel angenommen hat.
    Ich muß … etwas tun.
    Ich bin nicht weit von ihr entfernt, nur ein paar Schritte, und doch könnten es ebensogut Meilen sein. Meine Beine sind taub.
    Irgend etwas in meinem Rücken ist zerbrochen.
    Unterhalb meines Bauches spüre ich nichts mehr. Meine Beine brennen, aber ich fühle den Schmerz nicht.
    Dann fällt mein Blick auf etwas, das neben mir liegt.
    Mein Stockdegen …
    Ganz kurz blitzt ein Gedanke hinter meiner Stirn auf. Ich weiß genau, daß ich ihn nicht bei mir hatte, als ich hierher kam. Jetzt ist er da.
    Und er beginnt sich zu verändern …
    Der gelbe Kristall in seinem Knauf beginnt zu glühen, er-strahlt in einem schwefeligen, unangenehmen Licht.
    Schließlich pulsiert er wie ein unheimliches, schlagendes Herz aus Energie.

    Eine letzte Chance, um das Entsetzliche doch noch zu verhindern? Oder ein weiterer böser Scherz Priscillas? Ich muß es versuchen!
    Meine Hände hinterlassen blutige Abdrücke auf dem Teppich, als ich nach dem Degen greife. Der Stahl fühlt sich kalt an, gleichzeitig geht eine fremde Kraft von ihm aus, die fast so schrecklich ist wie das grüne Ding in Priscillas Vielleicht stärker.
    Der nächste Blitz. Rings um mich brennt das Haus wie eine Fackel, aber eine unerklärliche, finstere Macht schützt Priscilla und mich vor der Hitze, die die Möbel aufflammen und den Teppich zu grauer Asche zerfallen läßt.
    Ich muß es tun.
    Aber ich kann es nicht. Meine Beine sind gebrochen, meine Hände nur mehr nutzlose verbrannte Strünke, in denen kein Gefühl ist, und der Weg zu Priscilla ist so weit, so entsetzlich weit.
    Aber ich muß. Noch Sekunden, und das Unbeschreibliche wird Wirklichkeit.

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