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Der Erbe Dschainas

Titel: Der Erbe Dschainas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Asher Neal
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geworden. Carl schloss sich ihr an und drehte mit fast robotischer Wachsamkeit das Gesicht hin und her; die schwere Waffe trug er an einem Schulterriemen.
    Dieses plötzliche Tageslicht vermittelte Eldene ein seltsames Gefühl, als wäre sie an einen anderen Ort versetzt worden; und in dieses Licht hinauszutreten und dabei zu wissen, dass es wieder Nacht werden würde, wenn sie nur die Brille anhob, das machte es noch unheimlicher. Während sie mit ihren neuen Gefährten dahintrottete, fragte sich Eldene, wie sehr ihr Leben sich nun wohl verändern würde. Ihr war bang dabei, aber sie erlebte auch eine wachsende Erregung darüber, dass sie womöglich Anteil an bedeutsamen Ereignissen hatte. Mit einem Gefühl von Ironie wurde ihr allerdings klar, dass so ziemlich alles bedeutsam auf jemanden wirken konnte, der langweilige fünf Erntezeiten lang an Squerm-Teichen gearbeitet hatte. Eine drückende Erschöpfung – mit der sie nur zu vertraut war – erstickte jedoch bald die Erregung. Zu den wenigen Vorzügen ihrer früheren Arbeit hatte gehört, dass sie nachts ins Bett kam.
    Während der Marsch immer weiterging, ertappte sie sich dabei, wie sie in einen Dämmerzustand verfiel. Nicht mal der Anblick dreier Äser des schon bekannten Typs, die unweit von ihr auf einem Berghang mit den Schnauzen zwischen den Felsen wühlten, weckte ihre Neugier, und als später etwas über sie hinwegflog und dabei ein seltsames Wiehern von sich gab, blickte sie nicht mal auf.
    »Pass auf, wo du hintrittst!«, warnte Carl sie von hinten, und sie starrte auf ihre Stiefel, als hätten diese sich irgendwie von ihr getrennt. Nichtsdestoweniger schleppten sich ihre Füße weiter, ohne jede Einmischung ihres Gehirns.
    Wie lange das so weiterging, wusste sie nicht, bis Beckle sich zu ihr umdrehte und sagte: »Kalypse ist aufgegangen.«
    Eldene setzte die Nachtbrille ab und blinzelte im Dämmerlicht des frühen Morgens. Sie steckte die Brille in die Tasche und spürte, wie sie aus ihrer Benommenheit erwachte, als wäre es die Brille gewesen, die sie aus der Wirklichkeit gelöst hatte. Der Gasriese war über den Horizont gestiegen, und in diesem Stadium des Zyklus war die Sonne nicht weit hinter ihm.
    »Es ist nicht mehr weit«, sagte Carl in freundlicherem Ton und schlug ihr auf die Schulter, als er an ihr vorbeiging.
    »Naja, das wird 'ne tolle Geschichte für die Kinder«, fand Beckle.
    Alle schienen sich jetzt zu entspannen. Als Fethan wieder an Eldenes Seite glitt, fragte sie ihn: »Und der Kapuzler?«
    »Soweit ich weiß jagen sie nur in völliger Dunkelheit. Am besten bleiben wir jedoch wachsam – das könnte schließlich ein Irrtum sein«, antwortete er. »Wäre schon beschissen, wenn es uns so dicht vor dem Ziel noch erwischte.«
    »Vor welchem Ziel?«, fragte sie.
    »Der richtigen Unterwelt«, antwortete er.
    Bald gingen sie unter einem felsigen Überhang einher, der einer brechenden Meereswoge ähnelte. Je länger sie dem Weg folgten, desto weiter überragte dieser Überhang sie, bis er sie auch rechts völlig umschloss und sie dadurch in einen perfekt runden Tunnel gelangten. Als Eldene sah, wie sich die anderen die Visiere wieder aufsetzten, holte sie die eigene Nachtsichtbrille hervor und setzte sie auf. Hier war der Effekt noch seltsamer, denn eine Höhle war kein Ort, an dem man jemals mit Tageslicht rechnen würde. Sie fand es unheimlich, dass es ohne jede Lichtquelle hier so hell sein konnte.
    Die Höhle bog sich nach links und fiel ab. Ehe der Grund zu steil wurde, um noch bequem darauf zu gehen, traten Stufen auf. Als Eldene diese Treppe hinabstarrte, erkannte sie, dass es keine natürliche Erscheinung war, sondern offensichtlich mit Bedacht geschnitten.
    »Was, wenn Proktoren diese Stelle je finden?«, fragte sie Fethan. »Sie könnten einfach hereinmarschieren.«
    »Minikameras«, erklärte Fethan und deutete auf die gebogenen Wände. »Falls die Proktoren die Höhle tatsächlich fänden und nach unten zu gehen versuchten, sähen sie sich dort dem heißen Ende einer Impulskanone gegenüber.«
    Ehe sie noch viel tiefer gelangt waren, hob Lellan die Hand, und die Gruppe blieb stehen, während Lellan ein dünnes optisches Kabel aus ihrem Funkhelm zog und in einen getarnten Wandstecker einführte. Dann stand sie stirnrunzelnd da, die Hand an der Mikrofonseite des Helms.
    »Schon gefunden?«, fragte Carl.
    Sie löste das Kabel und schüttelte dann den Kopf. »Noch nicht. Die Schüsseln sind draußen und suchen nach Ragnarök,

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