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Der Erbe Dschainas

Titel: Der Erbe Dschainas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Asher Neal
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hierher zu kommen und zu sehen, wie sie sich zurechtfinden.«
    Die Zylinderwelt glitt hinter sie, und Masada selbst wurde auf dem Hauptbildschirm größer. Einige Zeit später fand Thorn Gelegenheit, Jarvellis nach ihrer Meinung über die Polis-KIs zu fragen. Sie antwortete: »Die Steinzeitmenschen zerbrachen Feuerstein und stellten fest, dass sie damit Dinge besser schneiden konnten als mit den eigenen Zähnen. Wir haben Transportmittel entwickelt, die besser funktionieren als Beine, und tun häufig Dinge, von denen wir zuvor nur träumen konnten – Fliegen beispielsweise. Ein hydraulischer Greifer hebt Lasten besser als eine Menschenhand. Alles sind Werkzeuge, und niemand erhebt Einwände gegen sie; warum also sollte sich jemand darüber beschweren, dass wir einen Verstand erzeugen, der besser denken kann als wir, und Herrscher, die ihren Job besser erledigen als Menschen, die gern an die Regierung möchten?«
    »Werkzeug?«, wiederholte Thorn.
    »Alles nur Erweiterungen unseres Körpers.« Sie zuckte die Achseln. »Und wahrscheinlich selbst das nicht mehr viel länger. Mit Verstärkern und Netzverbindungen und Ähnlichem machen wir sie unserem Wesen zu Eigen. Irgendwann wird man Menschen und KIs nicht mehr unterscheiden können. Was ist die Memoaufzeichnung eines menschlichen Bewusstseins? Ist sie, streng ausgedrückt, eine KI oder ein Mensch? Und als man damals, vor langer Zeit, dieses Experiment durchführte, eine KI in einen künstlich gezüchteten Menschenkörper herunterzuladen – was entstand daraus?«
    »Und was halten Sie dann von den Separatisten?«
    »Anachronismen, in denen frühere Entwicklungsstadien wieder durchbrechen. KIs sind nur größere und leistungsfähigere Ausgaben von uns selbst. Diese Leute kämpfen für eine Vergangenheit, die nie existiert hat – und werden verlieren.«
    »Warum transportieren Sie dann Waffen für sie?«
    »Geld«, antwortete sie kurz und bündig und brachte das Gespräch damit auf den Erdboden zurück.
    Am zweiten Tag versuchte Cormac, mehr über die Theokratie zu lernen: ihre Ziele, Lehren, Struktur und das, woran ihre Mitglieder tatsächlich glaubten. Wie es schien, existierte für sie ein Gott, dessen Regeln für das Leben seiner Kinder kaum von den Postulaten der islamischen oder der christlichen Religion abwichen. Und wie es auch für diese alten Religionen galt: je weiter oben man in der Hierarchie stand, desto mehr Freiraum für die Interpretation dieser Regeln genoss man. Letztlich hielt rohe Gewalt das Ganze zusammen, und wer in den Zylinderwelten lebte, war die meiste Zeit völlig in Machtkämpfe verstrickt. Wie es schien, verfügten sie noch über andere Methoden der Geburtenplanung, um dafür zu sorgen, ›dass die ganze Sache exklusiv‹ blieb, wie es Stanton ausgedrückt hatte, und sie waren zu den Verlierern in diesem fortwährenden Kampf oft grausamer als zu den Oberflächenbewohnern Masadas. Mut und Gelegenheit vorausgesetzt, wählten solche Verlierer häufig den Weg des Selbstmords, da die Alternativen alles andere als erfreulich waren: sie bestanden aus einem Gerät, das einem Autodok ähnelte, jedoch dazu programmiert werden konnte, den Opfern Dinge zuzufügen, auf die selbst die Inquisition nie gekommen war; außerdem im passend benannten ›Dampfkochtopf‹ in einem der Kraftwerke des Zylinders sowie einer veritablen Vielzahl von Viren und Bakterien.
    »Glauben Sie an diesen Gott?«, fragte er Stanton.
    »Nein«, erfolgte die kategorische Antwort. »Aber falls er existiert, würde ich ihm gern ein CTD-Zäpfchen verabreichen.«
    Der Austausch von Grüßen war kurz gewesen, und die drei schienen entschlossen, an der Höhlenmündung zu bleiben. Eldene hockte allein am Feuer, dessen Brennstoff aus Blöcken einer bräunlichen organischen Substanz bestand. Trotzdem war es angenehm für sie. Langsam wich die Kälte aus ihr, und ehe sie sich versah, war sie eingenickt und wieder aufgewacht. Nach einiger Zeit kam Lellan in die Höhle, hockte sich neben Eldene und stocherte mit einem Stück Flötengras in der Glut.
    »Hat er das Ajektans erhalten?«, erkundigte sie sich.
    Eldene starrte sie an. »Was ist das?«
    Lellan blickte auf. »Hat er eine Probe der Tabletten an sich gebracht, die Sie nehmen müssen, damit Ihre Skoles nicht sterben?«
    Eldene nickte.
    Lellan fuhr fort: »Dann hoffen wir, dass er gesund zurückkehrt. Andererseits: falls jemand einen Kapuzler-Angriff überleben könnte, dann er. Bislang ist mir nichts begegnet, was er nicht

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