Der Erbe Dschainas
Seitenmonitor, wie ich es dir gezeigt habe. Polas hat uns schon beide Koordinatensets geschickt; sie müssten also dort zu sehen sein«, sagte Thorn.
Eldene schaltete den Seitenmonitor ein, bewegte den Cursor durch einen Trackball und wählte auf dem angezeigten Menü die Option Karte. Während sie das Display weiterdrehte, um die Koordinaten der Absturzstellen Draches und des Rettungsbootes aufzurufen, starrte Thorn durch die Windschutzscheibe zu fernen Blitzen und Fahnen aus Staub und Rauch hinüber. Sogar hier im luftdichten Fahrzeug hörte er den Lärm der fernen Explosionen und spürte die Bodenschwingungen. Bald hatte Eldene das Geländefahrzeug in die gewünschte Richtung gelenkt – leider mitten in die Schlacht hinein, aber nach den überall am Himmel aufleuchtenden Lichtblitzen zu urteilen, schien es keine Richtung zu geben, die davon weggeführt hätte.
Zum zweiten Mal zerrte sich Molat aus dem klebrigen Matsch, und aufs Neue wechselte er die Maske. Er drehte sich um, blickte hinter dem Panzer her, der seinen Weg fortsetzte, und stellte mit einer verrückten Logik ohne jede Überraschung fest, dass dies zweite Eintauchen in den Schlamm irgendwie sein Gehör wiederhergestellt hatte. Zu beiden Seiten bahnten sich weitere Fahrzeuge knurrend ihren Weg durchs Gras, und er stellte fest, dass es Lurns Truppen waren, die den feindlichen Panzern nachsetzten. Er überlegte, ob er sich hinter ihnen herschleppen sollte, entschied dann jedoch, dass zwei Nahtod-Erfahrungen an einem Tag vollkommen reichten, und wandte sich somit wieder der Agatha-Farm zu. Er gehörte ohnehin zur Religionspolizei – da überließ er die Kriegshetzerei lieber den Soldaten.
Während er sich durch aufgewühlten Schlamm und zerbrochene Wurzelstöcke schleppte, erblickte er tote Soldaten und Blutspritzer im Flötengras. Er empfand keinerlei Mitgefühl mit den Gefallenen – die keine Proktoren gewesen waren, sondern Militärangehörige –; schon zu den besten Zeiten fiel es ihm schwer, mit überhaupt irgendjemandem mitzufühlen. Jetzt, wo sein ganzer Körper nur aus Schmerzen bestand, sein Aerofan zerstört und die Uniform verdreckt, verbrannt und zerrissen war, musste er zur Basis zurückkehren, sich waschen und umziehen und dann wieder … Geschützfeuer voraus!
Mit inzwischen größerer Aufmerksamkeit für die Umgebung erreichte Molat den Erdwall und den Zaun – inzwischen sowohl von den feindlichen Panzern wie von Lurns Truppen niedergewalzt – und stieg vorsichtig hinauf, um sich umzusehen.
Infanterie – ganz offenkundig die des Untergrundes – griff die jetzt nur noch schwach verteidigte Farm an. Die Kämpfe rings um die Teiche und Traubenbäume waren heftig und erbarmungslos; überall lagen Leichen herum wie eine neue, grausige Ernte, und das Feuer von elektromagnetischen und Impulsgewehren verwandelte Schuppen, Bäume, Zäune, landwirtschaftliche Fahrzeuge und Menschen rasch in einen gleichmäßig durchmischten Morast aus Holzsplittern, Metall- und Kunststofffragmenten, nackter Erde und Fleischfetzen. Molat duckte sich außer Sicht und blickte den Weg zurück, den er gekommen war. Im Verstärker suchte er die direkte Adresse von Lurns Verstärker und sendete:
»Lurn, Bodentruppen sind dabei, die Farm einzunehmen!«
Der Tonfall von Lurns Antwort verriet, dass der Mann derzeit andere Sorgen hatte:
»Na, das ist mal eine wirklich überraschende Scheißnachricht.«
Molat fuhr fort:
»Sicherlich ist die Farm doch wichtiger als ein paar Panzer.«
Lurn wurde etwas nachsichtiger:
»Das gleiche Problem bei der Zypriotischen Farm, nur dass die uns jetzt näher ist. Ich habe vor, mich mit Colas zusammenzuschließen, der auch aus der Farm, heraus Panzern nachgesetzt ist, und zusammen greifen wir die Infanterie an, die dort attackiert.«
» Und die Agatha-Farm?«, fragte Molat.
»Können wir getrost abschreiben, bis neue Truppen aus Barmherzigkeit eintreffen. Mein Rat an Sie lautet: Holen Sie so viele Leute dort heraus, wie Sie können, und führen Sie sie hierher.«
Molat machte sich gar nicht die Mühe, noch einmal über den Wall zu blicken, sondern kehrte rasch ins Flötengras zurück. Ein paar hundert Meter weiter stieß er auf drei Leichen – von denen er eine vage erkannte – in Armeeuniformen, und dort konnte er ein funktionsfähiges elektromagnetisches Gewehr an sich nehmen, eine Tasche mit Magazinen, ein Rationspaket und eine Jacke, die noch nicht zu stark mit Schlamm und Blut verdreckt war. Gerade
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