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Der Erbe Dschainas

Titel: Der Erbe Dschainas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Asher Neal
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Ragnarök in grellem und brüchigem Detail Purzelbäume in den Gas-Ozean Kalypses schlagen. Durch die Augen schreiender Menschen sah er, wie sich Träger und riesige Gerüste in ungeheuren Farbstürmen verformten. Mit einem schwindenden Klagelaut erlosch diese Vision, und jetzt, wo er wieder allein war, spürte Loman, wie etwas von jenem entsetzlichen Schiff nach ihm griff – etwas, das in seinen Kopf einzudringen versuchte, etwas, das ihm die Zügel der Macht entreißen wollte, der absoluten Macht.
    »Du bekommst sie nicht!«
    Diese Worte klangen nach dem schwachen, kraftlosen Protest eines Kindes, das man dabei erwischt hatte, wie es mit etwas Verbotenem spielte, aber Loman streckte die Hand aus, griff stärker zu und leistete Widerstand.
    »Auf mich wartet Arbeit!«
    Während er sich mit den schwitzenden Händen seines Geistes festklammerte, mit all dem Willen, der es ihm ermöglicht hatte, so weit aufzusteigen, staunte Loman über die enorme Betonung, die dieses Wesen auf seine Arbeit legte.
    »Das gehört mir! Du hast kein Recht dazu!«
    Sonnenlicht glitzerte auf ihrem goldenen Rumpf, und gleichzeitig saugte die graue Dschaina-Architektur Sonnenlicht auf, während die Occam Razor näher heranglitt, bis sie die Scheibe Kalypses beherrschte und die silbernen und ebenholzschwarzen Türme auf ihrer Außenseite den Zylinderwelten der Theokratie zuwandte. Im Vakuum blieb der gewaltige Blitz aus Laserlicht unsichtbar, aber er wurde sichtbar, als die erste kohärente Welle vom Unteren Spiegel von Glaube abprallte, nur Mikrosekunden, bevor sich dieser Spiegel auflöste. Das ungemilderte Entsetzen spülte wie eine heiße Woge der Übelkeit durch Loman, als er sich vorbeugte und in das Öhr der Zylinderwelt blickte, während die Feuerwand durch sie nach oben stieg. Er schrie los, spürte mit jeder verstreichenden Sekunde, wie Zehntausende seiner Bürger zu Asche wurden; und als der Feuersturm im letzten Augenblick Amolorans Turm und den Oberen Spiegel auslöschte, spürte Loman, wie jeder Kontakt und jede Macht seinem Griff entrissen wurde, und er fand das wirklich grausam, ehe eine kurze weißglühende Agonie sein Leben auslöschte.
    Glaube rollte als leerer Behälter weiter durchs All, innen völlig ausgebrannt.
    Die Seitenwand des großen Landungsbootes stand zu den Zelten hin offen, wo inzwischen Trennwände aufgestellt wurden. Speelan führte seine Gefangenen um runde Stapel von Verpackungskisten herum und forderte sie schließlich mit erhobener Hand auf, vor der Rampe stehen zu bleiben, die ins Landungsboot hinaufführte. Aus der Kabine dahinter, offenkundig eine Art Steuerzentrale, trat ein Mann mit leerem Gesicht und Augen wie Kugellagern unter flachem schwarzem Haar hervor. Er schien eingehüllt in eine Atmosphäre der Leblosigkeit, wie er dort die Rampe herabkam. Vielleicht war das der Geruch des Todes, überlegte sich Apis, verwarf diese Vorstellung dann jedoch als viel zu romantisch.
    »Ich bin Aberil Dorth, Diakon und Erster Commander der Streitkräfte der Theokratie auf Masada.« Er deutete auf Speelan. »Ihr habt meinen Stellvertreter Speelan bereits kennen gelernt. Und wie lauten eure Namen?«
    Apis überlegte, ob er lieber den Mund hielt, fragte sich dann jedoch, welchen Sinn das hatte – denn ihm war klar, dass die zu erwartende Gewalttätigkeit dann nur noch früher ausbrach.
    »Ich bin Apis Coolant, M-Tech Nummer siebenundvierzig der Outlink-Station Miranda«, sagte er und freute sich insgeheim über den Klang dieses übertriebenen Titels.
    Aberil Dorth starrte ihn kurz an und wandte sich dann Eldene zu.
    »Ich heiße Eldene«, sagte sie einfach.
    Aberil trat plötzlich vor und öffnete mit einem Finger den Haftstrip ihres Hemdes, um die kleinen Brüste und den Verband darunter freizulegen.
    »Teicharbeiterin«, stellte er fest.
    Eldene antwortete nicht, sondern machte nur das Hemd wieder zu, sobald er die Hand entfernt hatte, und wartete.
    Aberil drehte sich wieder zu Apis um und deutete auf etwas, was in einem Haufen neben der Rampe lag; Apis brauchte einen Augenblick, um darin das Exoskelett zu erkennen, das er zuvor getragen hatte.
    »Diese Montur«, sagte der Diakon mit offenkundig mehr als nur flüchtigem Interesse. »Wie entfernt man die Begrenzer?«
    Da haben wir es, dachte sich Apis: die erste Frage, auf die ich keine Antwort weiß. »Ich habe keine Ahnung«, antwortete er; dann erblickte er eine Gelegenheit, die Aufmerksamkeit von sich abzulenken, und deutete mit einem Nicken auf Speelan.

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